Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)
Nr. 174 Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1546
Beschreibung
Sterbeinschrift auf dem Wandgrabmal des Leonhard Waldeisen und seiner Familie. Innen, Südseite, fünfte Kapelle von Westen an der Südwand. Ehemals außen an der Südwand (Kdm). Hochrechteckige Platte, im unteren Teil Wappenschild in Kreismedaillon mit Initialen (II), darüber Schrifttafel mit Inschrift in sieben Zeilen (I) im Rollwerkrahmen. Darüber von einer Leiste mit Inschrift (III) abgetrennt, in einer Segmentbogennische Brustbild des Verstorbenen mit Barett, in den gefalteten Händen den Rosenkranz (zur Zeit von Kdm farbig gefasst). In den oberen Ecken Rosen. Kalkstein.
Maße: H. 136 cm, B. 67 cm, Bu. 3 cm (I), 7,5 cm (II), 2 cm (III).
Schriftart(en): Gotische Minuskel (I), Kapitalis (II, III).
- I.
Anno d(omi)ni M . D . XLVI . an sant Niclas / tag zv nacht starb der Erbar vnd khunst/reich Maister Leonhart Waldeysen / Organist dises Wurdigen Gotzhausz / auch daruor sein hausfraw unda) kinder / Gott well in allen gnedig vnnd / Barmherczig seinb) ·
- II.
L(eonhard) // W(aldeisen)c)
- III.
FRATERd) GERMANVS EX TESTAME(N)TO HAERES PO(SVIT)
Übersetzung:
Der leibliche Bruder, der Erbe, setzte (dieses Grabdenkmal) gemäß dem Testament. (III)
Datum: 1546 Dezember 6.
Waldeisen1). |
Textkritischer Apparat
- u mit Anstrich wie für v aber mit rechts nach unten verlängerter Haste wie u ausgeführt.
- Zeile zentriert.
- Links und rechts neben dem Wappen.
- Vergrößerter Anfangsbuchstabe.
Anmerkungen
- Siebmacher Bg1 18. Abweichend nur eine Schmiedezange, so auch auf dem Denkmal für den Bruder Weihbischof Georg Waldeisen im Regensburger Domkreuzgang vgl. DI 95 (Stadt Regensburg III, Dom 2) Nr. 523.
- Mader, Loy Hering 99; Riehl, Donautal 277.
- Vgl. Reindl, Loy Hering D 12, 450.
- Freundliche Auskunft von Franz Bornschlegel, Epigraphisches Forschungszentrum der Ludwig-Maximilians-Universität, München.
- Pölnitz, Matrikel 1523, 467,7.
- Götz, ULF 171; Hofmann, Organisten 84.
- Gemminger, Ingolstadt 237.
- Vgl. Gatz, Bischöfe 2, 731. Ein Grabdenkmal für Georg befindet sich im Regensburger Domkreuzgang. Vgl. DI 95 (Stadt Regensburg III, Dom 2) Nr. 523.
Nachweise
- Clm 2105 fol. 77v, Nr. 229; Cgm 3368 fol. 30r, 32v (nur Leonhard); Cgm 3017 fol. 25r; Mederer, Annales I, 202 (Erwähnung); Ostermair, Stadtpfarrkirche 59; Kdm OBB I (Ingolstadt) 40; Mader, Loy Hering 99, 111 (Abb.); Götz, ULF 170f.; Wagner, Stadtpfarrkirche 29; Schädler, Epitaphe 68; Koller, Grabsteine 82, 83 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 174 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0017400.
Kommentar
Die Schrift zeigt einen relativ starren, fast gitterförmigen Gesamtduktus. Bei einzelnen Gemeinen zeigen sich jedoch bereits Ansätze einer Weiterentwicklung. Auffällig ist die durchgängige Verwendung von Bogen-r, sogar in Kombination mit Versalien, wie z. B. bei Organist. Doppelstöckiges a zeigt durchwegs einen geschlossenen oberen Bogen, der häufig auf dem senkrechten Teil des unteren gebrochenen Bogens aufliegt. Der untere Bogenabschnitt des e wird durch einen senkrechten, unten durch ein kleines Quadrangel abgeschlossenen Schaft wiedergegeben. o hingegen wird als Parallelogramm gebildet. Die Versale zeigen durchwegs äußerst bewegte, stark an den buchschriftlichen Bereich erinnernde Formen. Bei den Initialen (II) wird auf streng kapitale Formen zurückgegriffen. Die in Kapitalis gehaltene Stifterinschrift (III) zeigt eine auffällige R-Form mit stachelförmiger Kauda und nur gering oder gar nicht ausgeführtem unteren Bogenabschnitt. E zeigt durchwegs verlängerten unteren Balken mit einem abschließenden Sporn am Balkenende. Die Deckbalken der T-Formen sind ausgesprochen lang und zeigen ebenfalls Serifen an den Enden. Das Epitaph wird von Mader der Hering-Werkstatt, von Riehl Hering selbst zugeschrieben2), Reindl ordnet es dem Martin Hering zu3). Der schriftkundliche Befund lässt nur eine Zuweisung an die Hering-Werkstatt zu, da die Schriftformen Martin Herings zur Entstehungszeit noch nicht von denen des Vaters abweichen4).
Leonhard Waldeisen immatrikulierte sich am 12. Oktober 1523 an der Universität5). Götz meint, er sei bereits um 1480 Organist am Münster gewesen, dem widerspricht wohl zu Recht Hofmann6). Seine Ausbildung zum Organisten erhielt er in den Klöstern Weltenburg und Scheyern. Er war mit einer Ingolstädter Bürgerstochter, Katharina Vollhart, verheiratet7). Nachweisbar sind außerdem zwei Töchter, von denen eine Nonne im Kloster Gnadenthal wurde. Der Stifter des Grabdenkmals, sein Bruder Georg, studierte in Ingolstadt und feierte am Münster seine Primiz, er war 1552 bis 1560 Auxiliarbischof in Regensburg mit dem Titularbistum Hierapolis8).