Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)
Nr. 139 Pfk. St. Moritz 1532
Beschreibung
Stifterinschrift auf dem Wandgrabmal des Georg Hauer. Innen, Nordseite, zweite Kapelle von Westen, Nordwand. Ursprünglich im Chor, dann an der Südwand unter der Orgelempore, seit 1922 am heutigen Platz (Götz); innen rechts des Nordportals (Kdm). Hochrechteckige Platte mit halbkreisförmigem Aufsatz, im Aufsatz auf einer Muschellünette aufgebrachtes rundes Medaillon, durch zwei vegetabile Ornamente gehalten, auf dem Medaillon erhabene Inschrift (I). Unten Relief: der Verstorbene auf einem genuteten Sockel vor einem Rundbogen stehend, im Messgewand, die Hände gefaltet, zu seinen Füßen ein Wappen, über seinem Haupt zwei Schriftbänder mit eingehauener Inschrift (II). Rotmarmor.
Maße: H. 294 cm, B. 117 cm, Bu. 3,6 cm (I), 3,4 cm (II).
Schriftart(en): Kapitalis.
- I.
GEORGIVS . / HAVER . VIATORI . / ORAa) PRO ME . QVI / HAC TRANSIS . OB / ID ENI(M) . SVCCESSORV(M) / OBLIVIONEM VERIT(VS) . / VIVENS ADHVC . / IPSE MIHI HOC / POSVI . 1532 .
- II. Linkes Schriftband:
MISERERE MEI DEVS / MISERERE MEI Q(VONIA)M IN TE / CO(N)FIDIT A(N)I(M)A MEA.
- Rechtes Schriftband:
S. MARIA . S. MAVRICI CV(M) / SOCIIS TVIS ET O(MN)ES / S(AN)CTI ORATE PRO ME
Übersetzung:
Georg Hauer zum Wanderer: bete für mich, der Du hier vorübergehst. Deshalb nämlich, die Vergesslichkeit der Nachfolger fürchtend, habe ich zu Lebzeiten mir dieses (Denkmal) selbst gesetzt 1532. (I) Erbarme Dich meiner, Gott, erbarme dich meiner, denn auf Dich vertraut meine Seele. Heilige Maria, heiliger Mauritius mit Deinen Gefährten, alle Heiligen, bittet für mich. (II)
Bibel- und Schriftstellerzitat(e):
- Ps 57(56), 2. (II)
Hauer1). |
Textkritischer Apparat
- O vergrößert.
Anmerkungen
- Gekreuzte Hacken.
- Vgl. Hofmann, Zu einer Gruppe 39f.
- Erler, Matrikel Leipzig 434,54 (Matrikel), Erler, Promotionen Leipzig 387,17 (Baccalaureus) 442,9 (Magister).
- Pölnitz, Matrikel 1514, 369, 23, hier als Magister bezeichnet.
- Gerstner, St. Moritz 6.
- Zur Person Biographisches Lexikon 168f.
Nachweise
- Dengler, Baugeschichte 81; Kdm OBB I (Ingolstadt) 56; Götz, Moritzkirche 33-35; Buchheit, Bildnis 11 (m. Abb.); Schädler, Epitaphe 56; Liedke, Rottaler 175f.; Koller, Grabsteine 70-72 (m. Abb.); DiB I.1 (Ingolstadt) CLVII, CLVIII (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 139 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0013900.
Kommentar
Halm versuchte eine Zuschreibung des Hauerepitaphs an Stephan Rottaler, die Götz und auch Schädler, der das Denkmal für das letzte Werk Rottalers hält, übernahmen. Bestritten wird diese Zuschreibung von Liedke und Hofmann. Hofmann möchte das Denkmal einer Gruppe von Bildhauerarbeiten zuweisen, die um die Zeit von 1530 in Ingolstadt selbst entstanden sind und zu denen unter anderem das große Vesperbild von Katharinenberg (heute Großmehring, Lkr. Eichstätt) gehört, er schlägt Lienhard Sittinger als Schöpfer dieser Werke vor, ihm wäre auch das Epitaph für Conrad Trost (vgl. Nr. 146) zuzuweisen2). Das Denkmal zeigt eine erhabene Kapitalis (I) und eine vertiefte Kapitalis (II). Beide Schriftausprägungen zeigen Linksschrägenverstärkung, stachelförmige Cauda beim R, und konisches M mit nicht bis zur Grundlinie geführtem Mittelteil. Der untere Balken des E ist verlängert. Bei der erhabenen Inschrift tragen alle Buchstaben Serifen. Auffällig ist hier der auf der Zeilenmitte stehende Worttrenner in Form eines Häkchens. Die Inschrift I wirkt insgesamt flächiger und ornamentaler. Im Gegensatz dazu ist die eingetiefte Kapitalis sehr viel linearer ausgeführt, auch hier sind die Gestaltungsmerkmale der klassischen Kapitalis vorhanden, insgesamt wirkt die Inschrift aber gestreckter und einfacher.
Hauers Memoria in der Moritzkirche bestand nicht nur aus dem Epitaph, das er sich selbst setzte, sondern ebenso aus einem Marmorplättchen direkt über seinem Bestattungsort (vgl. Nr. 153†) und einer diesem Täfelchen zugeordneten Grabtafel in der Nähe an der Wand (vgl. Nr. 152†). Unklar ist der Standort einer dritten Inschrift; sie befand sich entweder ebenfalls auf der Gedenktafel, einer eigenen Tafel in St. Moritz oder auf einer Tafel in der Hohen Schule (vgl. Nr. 154†).
Georg Hauer stammte aus Tirschenreuth/OPf. Im Sommersemester 1500 immatrikulierte er sich an der Universität Leipzig, erwarb im Sommersemester 1502 das Bakkalaureat und im Wintersemester 1508 den Magistergrad3). Anschließend ging er nach Passau und wirkte dort als Priester und Lateinlehrer, von 1513 bis 1518 ist er als Pfarrer in Plattling nachweisbar. Er immatrikulierte sich am 15. Mai 1514 an der Hohen Schule4). Vermutlich erwarb er hier den Doktorgrad im Kanonischen Recht. 1518 erhielt Hauer die Pfarrstelle an der Ingolstädter Münsterkirche und wurde gleichzeitig Professor für Kanonistik. 1525 tauschte er mit Johann Eck (vgl. Nr. 166) die Münsterpfarrei gegen St. Moritz. Dort ließ er das Pfarrhaus, den Chor und das Gestühl der Kirche erneuern5). Sein bedeutendstes Werk sind die Puerilia Grammatices, der sogenannte Hauerius, eine lateinische Grammatik6). Von ihm sind auch mindestens zwei Portraits bekannt, eines, das sich im Pfarrhaus von St. Moritz befand, und ein anderes (vgl. Nr. 135), dessen ursprünglicher Standort unbekannt ist.