Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 125 Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1526

Beschreibung

Stifterinschrift der Margarete Burckhard und Sterbeinschrift auf dem Epitaph des Peter Burckhard und seiner Ehefrau Ursula, geb. Hohenetl. Außen beim Nordostportal, in der Ostwand. Hochrechteckige Platte. Unten auf einem als Pergamentrolle mit vegetabiler Rahmung gestalteten Feld Inschrift (I) in neun Zeilen, darüber Flachrelief Kruzifix mit Stifterfamilie: Unter einer Renaissanceaedikula in der Mitte ein Kruzifixus mit Titulus (II), davor kniend die Familie: links Vater und Sohn, rechts die Mutter mit vier Töchtern, Rosenkränze in den Händen, die beiden älteren in Nonnentracht, Wappenschilde zu Füßen von Mann, Frau und der verheirateten Töchter. Über dem Kopf des Vaters zum Kreuz hin verlaufend ein Spruchband mit erhabener Inschrift (III). Unterhalb des Wappens der jüngsten Tochter Künstlersignatur (IV). Im Hintergrund stilisierte Stadtlandschaft (Jerusalem), auf dem Giebelfeld zwei Medaillons, links ein Schädel, rechts eine Sanduhr, darunter je eine Rose. Rotmarmor.

Maße: H. 177 cm, B. 87 cm, Bu. 3,9 cm (I).

Schriftart(en): Fraktur (I), Kapitalis (II).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. I.

    Clarissimo Viro D(omino) Petro burckhardo / Medicine Doctori eiusq(ue) hic publico / professori Et Vrsulae hohennetlin castis=/simea) Eius co(n)iugi parentibus suis / piissimis Margaretha filia supers=/tes · P(IE) · E(RGO) · F(IERI) · F(ECIT)b) · / Decessit In Die Sancto parascenes / Anno D(omi)ni · M · D · XXVI · / Cui(us) Ani(m)a Deo viuat.

  2. II.

    INRI

  3. III.

    salva // nos // Do(m)i(n)e

  4. IV.

    G Vc)

Übersetzung:

Dem sehr berühmten Mann, Herrn Peter Burckhard, Doktor der Medizin und dieser hier öffentlicher Lehrer, und der Ursula Hohenetl, seiner allerkeuschesten Gattin, ihren allerfrömmsten Eltern hat Margaretha, die überlebende Tochter (dieses Denkmal) fromm errichten lassen. Er starb am Heiligen Karfreitag im Jahre des Herrn 1526, seine Seele lebe bei Gott. (I)

Rette uns, o Herr. (II)1)

Datum: 1526 März 30.

Wappen:
Burckhart2), Hohenetl3), unbekannt4), Oefele (?)5).

Kommentar

Die Inschrift ist in einer Schrift abgefasst, die stark stilisiert ist. Sie ist eindeutig eine Schrift der Übergangszeit, die Elemente aus dem Schreiben der Bastarda zeigt (a, f, s); sie enthält bereits die Leitbuchstaben der Fraktur wie z. B. das einstöckige a, die unter die Zeile ragenden Schäfte bei langem s, die Schwellschäfte und den mandelförmig gestalteten oberen e-Bogen. In ihren Proportionen erinnert die Schrift jedoch noch an die Gotische Minuskel. Charakteristisch sind auch die stark gerundeten Formen - z. B. bei o und a, das Fehlen der Brechungen, auch das u aus zwei Schäften und mit einem diakritischen Zeichen und die e-caudata sollen erwähnt werden.

Als Schöpfer des Epitaphs kann ein Meister GV gelten, den Volker Liedke6) in vier über ganz Altbayern verteilten, aber stets mit dem Eichstätter Raum in Verbindung stehenden Denkmälern fassen konnte7). Eine schriftkundliche Einordnung kann hier jedoch nicht gelingen, da die vier Denkmäler drei verschiedene Schriftarten – Gotische Minuskel, Kapitalis und im Denkmal des Peter Burckhard die oben angesprochene stark stilisierte Fraktur zeigen.

Peter Burckhard war ein gebürtiger Ingolstädter und ein Schüler Wolfgang Peyssers8). Sein Bruder war der Jurist Franz Burckhard9). Peter immatrikulierte sich am 15. Juli 1479 an der Hohen Schule. Von 1497 bis 1504 hatte er eine medizinische Lektur an der Ingolstädter Universität inne. Anschließend praktizierte er als Leibarzt des Bischofs von Eichstätt und als Physicus in Nürnberg, Ulm und Regensburg. 1518 erhielt er eine Professur in Wittenberg und führte die erste medizinische Promotion an dieser Universität durch. 1520 wurde er Rektor der dortigen Universität. 1521 kehrte er, vermutlich wegen zunehmender Schwierigkeiten in Wittenberg auf Grund seiner Beziehungen zu Eck, nach Ingolstadt zurück, wo er sofort gegen die grassierende Pest zu wirken begann. Er war danach mehrfach Dekan der Medizinischen Fakultät. Er verstarb 1526 auf Grund einer von Erstickungsanfällen begleiteten Bronchitis. Vermutlich behandelte ihn während seiner letzten Krankheit auch Paracelsus10).

Die Stifterin des Grabdenkmals, seine Tochter Margarethe, war die Ehefrau des Arztes und Historikers Wolfgang Ofelin (Oefele) aus Wembding11), nach dessen Tod des Kanzlers Wolfgang Boschius aus Landshut12). Neben ihr hatte er nach der Darstellung auf dem Denkmal zu schließen noch einen frühverstorbenen Sohn und vier weitere Töchter, von denen zwei ins Kloster gingen; eine gehörte dem Konvent von St. Johann im Gnadenthal an13).

Textkritischer Apparat

  1. e caudata.
  2. Auflösungsvorschlag.
  3. Die beiden Initialen ineinander verschränkt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Beginn der Antiphon des Nunc dimittis der Komplet, hier aber vermutlich nur Fürbitte.
  2. Siebmacher Bg3 42: im geteilten Schild oben ein halber Wolf. Abweichend dazu auf dem Grabdenkmal geteilt, oben ein wachsendes Pferd nach links.
  3. Geteilt, oben eine wachsende Ente nach links.
  4. Ein wachsender Bär (Löwe?) nach links, Ehewappen der älteren Tochter.
  5. Ein Balken mit einer laufenden Katze belegt, Ehewappen der jüngeren Tochter, vermutlich Margarethes. Die Familie Oefele, aus der auch der Historiker Felix von Oefele († 1780) hervorging, führt in Feld 2 und 3 des Freiherrenwappens den Balken mit einer Katze, vielleicht handelt es sich bei dem auf dem Grabstein abgebildeten Wappen um eine frühere ungebesserte Form des Wappens der gleichen Familie (vgl. Siebmacher Bay 49).
  6. Liedke, Rottaler 215-224.
  7. Marklkofen, Lkr. Dingolfing-Landau, Tumba der Gebrüder von Fraunberg; Grassau, Lkr. Traunstein, Grabdenkmal des Eberhard von Hiernheim; Passau, Domkreuzgang, für den Ingolstädter Bürger Hans Esterreicher (vgl. DI 67 (Passau) Nr. 449). Zu Hans Esterreicher vgl. auch sein Grabdenkmal in der Franziskanerklosterkirche (vgl. Nr. 114).
  8. Vgl. Biographisches Lexikon 307f.
  9. Vgl. Biographisches Lexikon 55.
  10. Zur Person vgl. Biographisches Lexikon 55. Zur Matrikel vgl. Pölnitz, Matrikel 1479, 90,20.
  11. Diese Angaben aus Oefeles Elenchus quorundam bavariae medicorum (Clm Oefeleana 2, vol. 5 p. 59). Nach Ziener, Ärztebiographien 8. Zu Oefelin vgl. Biographisches Lexikon 297.
  12. Vgl. Lanzinner, Fürst 306.
  13. Vgl. Schickel, Festschrift 45.

Nachweise

  1. Clm 2105 fol. 86r, Nr. 256; Cgm 3017 fol. 27v; Oefeleana 2, fasc. 5 p. 59; Mederer Annales I, 130; Ostermair, Stadtpfarrkirche 58; Götz, ULF 37f.; Liedke, Rottaler 215-217; Hofmann Porträts 22, 25; Koller, Grabsteine 62f. (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 125 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0012509.