Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 122† Hohe Schule 15251)

Beschreibung

Gedenkinschrift für Johann Pettendorfer. Ehemals in der Aula der Theologischen Fakultät. Holztafel (?)2). Laut Angabe Mederers ein Denkmal, das das gestürzte Wappen Pettendorfers zeigte.

Text nach Rotmar, Almae.

  1. desertor fidei mendax è praesule factusex pastore lupus atque lutosus apervltricem tulit hanc inuerso stemmate poenamfumida Plutonis quod modo taeda cremat

Übersetzung:

Ein Verräter des Glaubens, ein Lügner, ist aus dem Bischof geworden, aus dem Hirten ein Wolf und ein kotiges Wildschwein. Es zeigt durch das umgekehrte Schild die rächende Strafe, was eben die rauchende Fackel des Pluto verbrennt.

Versmaß: Distichen.

Kommentar

Johann Pettendorfer immatrikulierte sich am 16. Juni 1490 an der Hohen Schule, laut Matrikel stammte er aus Regensburg. 1494 erwarb er den Magistertitel der Artisten. 1506 wurde er zum Bibelkurs zugelassen. Ab 1508 wurde er Pfarrer des Liebfrauenmünsters und las in der Theologischen Fakultät, obwohl er noch keinen Abschluss hatte. 1509 war er Rektor der Universität, verließ sie aber, um in Ferrara seinen Doktor zu machen. 1512 resignierte er den Lehrstuhl, um Suffraganbischof des Bischofs von Würzburg zu werden. 1520 errichtete er eine Stiftung von Freiplätzen am Georgianum3). Er wandte sich um 1523 der lutherischen Lehre zu, worauf ihm die Fakultät die bis dahin bezahlte Pension strich. 1525 schloss er sich den aufständischen Bauern an und floh aus Würzburg, 1526 erwarb er laut Gatz das Nürnberger Bürgerrecht. 1533 soll er die Stadt wieder verlassen haben oder dort gestorben sein4).

Eine weitere „Fluchtafel“ hing in der Aula der Theologischen Fakultät auch für den ehemaligen Professor der Theologie und Weihbischof von Regensburg Balthasar Huebmair, der sich später ebenfalls zunächst der lutherischen Lehre zuwandte, dann aber zum Haupt von Wiedertäufern wurde. Er wurde schließlich mit seiner Frau in Wien verbrannt. Vom Text seiner Tafel überliefert Rotmar jedoch nur einen Satz: „DEVS tradat eum in interitum carnis ut spiritus salvus fiat, Amen”5).

Anmerkungen

  1. Einordnung nach der Angabe bei Mederer, Annales I, 87.
  2. Nach Ostermair befand sich die Gedenktafel „in der Stuba Academica bei einem Gemälde, Luthers Orgien darstellend“.
  3. Vgl. Real, Stipendienstiftungen 44-46.
  4. Zur Person vgl. Biographisches Lexikon 307; Gatz, Bischöfe 2, 526. Zur Matrikel vgl. Pölnitz, Matrikel 1490, 203,27.
  5. Rotmar, Almae fol. 99v; Annales fol. 81v.

Nachweise

  1. Rotmar, Annales fol. 75v; Rotmar, Almae fol. 98v-99r; Mederer, Annales I, 87; Ostermair, II. Stadtviertel 13.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 122† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0012202.