Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 336 Sindringen (Stadt Forchtenberg), Stadtmühle 1569

Beschreibung

Zwei Wappentafeln. Außen an der Südseite und an der Ostseite, jeweils im ersten Obergeschoß eingemauert.

I. Wappentafel des Grafen Eberhard von Hohenlohe-Waldenburg und seiner Frau Agatha. An der Südseite, unter dem mittleren Fenster. Querrechteckige Sandsteintafel. Im mit Kehle eingetieften Feld zwei reliefierte Wappenschilde nebeneinander. Die Beischrift (A) zum heraldisch rechten Wappen beginnt auf der oberen Rahmenleiste und ist im Feld über den beiden Schilden fortgesetzt. Die Beischrift (B) zum heraldisch linken Wappen läuft, links oben beginnend, auf den drei übrigen Seiten des Rahmens gegen den Uhrzeigersinn um. Im Feld sind außerdem unten seitlich und zwischen den Schilden die Ziffern der Jahreszahl (C) eingehauen. Die Tafel ist unten und seitlich eingeputzt, so daß dort – vor allem am rechten Rand – stellenweise die unteren Buchstabenabschnitte verdeckt sind.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

Maße: H. ca. 60, B. ca. 85, Bu. ca. 3,8 (A, B), ca. 5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    EBART · GRAFFa) · VON · HOHENLO(HE)b) · (ETCETERA)c) // · VNDT · HER · ZV · LANGNBER(G)

  2. B

    · AGATA · GREFIN · VO(N) · HOENLO(HE)b) (ETCETERA)c) / C(ETERA)d) · ERAWe) · ZVf) · LANGE(N) · BERG · EIN · GE:/BORNE · GREFI(N) · VO(N) · DIBINGE(N)g)

  3. C

    1//56//9

 
Wappen:
Hohenlohe-Langenburg, Tübingen.

II. Wappentafel des hohenlohischen Amtmanns Jörg Christoph vom Holtz und der Stadt Sindringen. An der Ostseite über dem Eingang. Querrechteckige Sandsteintafel. Im mit Kehle eingetieften Feld heraldisch rechts ein linksgewendetes Vollwappen, links ein von einem Schrifttäfelchen überhöhter Wappenschild. Die Beischrift (D) zum heraldisch rechten Wappen läuft auf der oberen und der rechten Rahmenleiste um und ist auf der Fußleiste gegen den Uhrzeigersinn fortgesetzt; die linke Rahmenleiste ist freigeblieben. Die Beischrift (E) zum linken Wappen ist in dem darüber angebrachten Täfelchen zweizeilig eingehauen und mit einer Ritzlinie eingerahmt. Die untere Rahmenleiste mit Inschrift (D) zur Hälfte durch Verputz verdeckt1.

Maße: H. (sichtbar) 71, B. 95, Bu. ca. 6,0 (D), ca. 4,5 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. D

    IORG · CRISTOFFELa) · VOM · HOLTZ · / DER · ZEIT · AMPTMANh) // · ZV · SINDRING(EN) · 15 · 69̣i)

  2. E

    DIE · STADT · / SINDRING(EN)

 
Wappen:
vom Holtz2, Stadt Sindringen3.

Kommentar

Beide Wappentafeln wurden vom selben Steinmetzen geschaffen. Er verfremdet die Kapitalis dekorativ, vorwiegend durch Anleihen aus dem Formenschatz der Frühhumanistischen Kapitalis. Die Buchstaben sind mit fast gleichbleibend geringer Strichstärke eingehauen. Die meisten Buchstaben sind schmal proportioniert (etwa 2:1), lediglich G, H und N sind annähernd in ein Quadrat eingeschrieben, und M und W sind mit ihren durchgebogenen Schrägschäften besonders breit. A ist trapezförmig mit senkrechtem rechten Schaft und mit nach links überstehendem Deckbalken, der linke Schrägschaft ist gelegentlich nach rechts durchgebogen. Der Bogen des D ist am oberen Ende weit nach links über den Schaft hinaus verlängert. E hat annähernd gleich lange Balken. Der obere Bogenabschnitt des G greift weit über den unteren hinaus, und die senkrechte Cauda ist nach links eingerückt. Nicht nur über I, sondern auch über V und W ist regelmäßig ein Punkt gesetzt. Der Balken des H und der Schrägschaft des N weisen eine auffällig große Ausbuchtung nach oben auf. Der Schrägschaft des N ist zudem häufig über den rechten Schaft hinaus verlängert und nach oben umgebogen. O ist oval oder spitzoval. Für Z ist die zweistöckige Form verwendet. Bemerkenswert ist außerdem das im inschriftlichen Bereich seltene @-förmige Kürzungszeichen für etcetera.

Die Stadt Sindringen, seit dem frühen 14. Jahrhundert als weinsbergische Erbschaft im Besitz der Herren, dann Grafen von Hohenlohe, fiel bei der hohenlohischen Landesteilung von 1553 dem Grafen Eberhard zu4, der die Linie zu Waldenburg begründete und 1570 starb. Seine Frau Agatha († 1609) war eine Tochter des Grafen Konrad IV. von Tübingen zu Lichteneck († 1569) aus dessen erster Ehe mit Johanna Gräfin von Zweibrücken5. Ein Sindringer Amtmann als Vertreter der Obrigkeit vor Ort wird bereits 1328 genannt6. Amtmann Jörg Christoph vom Holtz gehört einem schwäbischen Niederadelsgeschlecht an, das auch im fränkischen Ritterkanton Odenwald eingeschrieben war. 1558 wurde er zum gräflich hohenlohischen Rat von Haus aus bestellt7. Er fungierte noch im November 1573 als Amtmann zu Sindringen, war allerdings aufgrund eines verrenkten Schenkels nur noch bedingt amtstauglich und konnte seinen Reiseverpflichtungen nicht mehr nachkommen8.

Bereits 1422 sind im Gültbuch der Grafschaft Hohenlohe zwei Mühlen in Sindringen erwähnt9. Die 1569 nach Zeugnis der beiden Wappentafeln offenbar neu errichtete oder grundlegend renovierte Mühle befand sich zu dieser Zeit im Besitz der Stadt, die sie für jeweils drei Jahre an einen Bestandmüller verpachtete und die Gülten an die Herrschaft abführte10.

Textkritischer Apparat

  1. Mittelbalken des ersten F bis zum Mittelbalken des zweiten F durchgezogen; die beiden oberen Balken unverbunden.
  2. Kürzung durch einfachen Kürzungsstrich über O.
  3. @-förmiges Zeichen in voller Zeilenhöhe.
  4. C mit Kürzungsstrich; hier im Anschluß an das etc.-Kürzel eigentlich überflüssig.
  5. So statt FRAW.
  6. V versehentlich mit Mittelbalken.
  7. Untere Hälfte des Worts unter Putz verdeckt.
  8. Jorg Christoffel vom Holt der Amptmüller Rauser (!).
  9. Letzte Ziffer in der unteren Hälfte zerstört bzw. verdeckt; Lesung als 0 zwar möglich, durch die Datierung der Wappentafel I. in Inschrift (C) aber wohl auszuschließen.

Anmerkungen

  1. Vor der letzten Außenrenovierung war die Schrift hier noch fast vollständig zu sehen, allerdings durch Ausbrüche am Rand bereits stellenweise beschädigt. Aufnahmen vom Februar 1990 (Fotoinventarisierung) in der Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
  2. Linksgewendet. Truhe auf vier abgewinkelten Füßen; Helmzier: bekleideter bärtiger Mannsrumpf mit langem Zopf; vgl. Alberti 343f.
  3. Auf einem Dreiberg ein Hochkreuz mit drei Nagellöchern, beseitet von zwei achtstrahligen Sternen. Wappenbild abgeleitet aus dem Hl.-Kreuz-Patrozinium der Sindringer Kirche; vgl. Der Lkr. Öhringen 2, 546.
  4. Ebd. 542f.
  5. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XII, Taf. 49.
  6. Der Lkr. Öhringen 2, 542.
  7. HZAN Wa 25 Bü 348; ebd. Bü 391.
  8. HZAN Wa 25 Bü 360. Unklar ist, ob der Amtmann identisch ist mit dem noch 1590 und 1600 bezeugten Georg Christoph vom Holtz zu „Röckingen“ (wohl Röckingen, Lkr. Ansbach), einem Sohn des Hans Georg vom Holtz und der Felizitas Rau von Winnenden, der mit Elisabeth Ehrer (nach Biedermann: „Röhrer“) von Sanzenbach verheiratet war. Vgl. Biedermann, Ottenwald, tab. CCLXII (mit ungenauen Angaben); Hattstein, Hoheit d. Teutschen Reichs-Adels II, 148f. Angaben zur Familie zuletzt in Rahrbach, Reichsritter 126f.
  9. Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 225.
  10. Ebd. 226.

Nachweise

  1. Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 225f. (nach W. Hirschberg, hs. Chronik von Sindringen, 1949; sehr fehlerhaft), 255 (Abb. von I.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 336 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0033602.