Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 839 Niedernhall, ev. Pfarrkirche 1635

Beschreibung

Epitaph für Georg Christoph, Albrecht Konrad und Veronika vom Holtz. Ursprünglich außen an der Südwand aufgestellt1; 1954 dort liegend2; wenig später am jetzigen Standort innen an der Südwand aufgerichtet3. Hohe, schmale Ädikula aus grauem Sandstein. Als Bekrönung ein Rundmedaillon mit Vollwappen. Im Gebälk zweizeilige Versinschrift (A), in der Mitte unterbrochen durch einen Totenschädel über gekreuzten Knochen. In der Hauptzone, gerahmt von Lisenen und von schmalen Seitenteilen mit Engelsköpfen im Profil, drei untereinander angeordnete querovale Schriftkartuschen (drei Werkstücke) mit Sterbevermerken, oben (B), in der Mitte (C), unten (D). Die Kartuschen haben unterschiedliche Rahmen aus Knorpel- und Ohrmuschelwerk, die beiden unteren sind zudem mit je drei Engelsköpfchen verziert. Auf den beiden Lisenen je acht Wappen mit Beischriften in darübergesetzten Schriftbändern (E). Der Sockel ist in zwei Felder geteilt, darin jeweils ein Bibelspruch: links (F), rechts (H). Bei der rechten Inschrift ist aus Platzmangel die Bibelstellenangabe (G) in den oberen Rahmen eingehauen. Bei allen Inschriften außer den Wappenbeischriften wurde das Mittelband mit Hilfslinien vorgeritzt. Witterungs- und Stoßschäden; oberes Sims des Gebälks unvollständig.

Maße: H. 275, B. 133, Bu. 2,1 (A), 3,4–4,0 (B), 3,7–4,0 (C), 3,4–3,7 (D), 1,5 (E), 3,5 (F), 1,8 (G), 3,5 bzw. 2,04 cm (H).

Schriftart(en): Fraktur (A, E, H), Fraktur und Kapitalis (B–D), Fraktur und Humanistische Minuskel (F), schrägliegende Humanistische Minuskel (G).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

  1. A

    Schaw mich an vn(d) thu mich lesen //der du bist bin ich gewesen · /der ich bin der wirst du werden //da(nn) wir sein al gemacht au(s) Erden

  2. B

    Den 2 · OCTOBRIS AN(N)Oa) / 1635 abents Zwische(n) 9 · vnd · 10 · / Vhr . Verschiedt im Herrn der Wohl / Edle vnd Gestreng Georg Christoff / Vom Holtz Seines Alters / 46 · Jahr .

  3. C

    Den 8 · OCTOBRIS AN(N)Oa) / 1635 . Nach Mittag Zwische(n) / 12 · vnd 1 · Vhr Starb der Wohl Edel . / vnd Gestreng , Albrecht Conradt / Vom Holtz Seines Alters / 43 · Jahr .

  4. D

    Den 4 OCTOBR(IS) AN(N)Oa) / 1635 . Jst im Herrn sanfft Ent=/schlaffen Die Wohl Edle vnd Viel / Tugendtreiche Jungfraw Veronica / Vom Holtz . Jhres Alters / 35 · Jahr .

  5. E

    Holtz Keckh 
    Böckhingen Schletz 
    Veningen Bochenstein 
    Noth(aft) v(on) Hochber(g) Merstattb) 
    [.]hruchshause(n) Rinderbach 
    Neningen Vahenstein 
    Rau v(on) wenind(en) Riex̣ingen 
    Ehrer Böckhingen 

  6. F

    Dasz machet dein Zoren / Dasz Wir so Vergehen / Vnd dein Grim das Wir / so Plötzlich dahin müssen5) . / Psalmc) · 90 ·

  7. G

    Job · 19

  8. H

    Jch weisz das Mein Erlöser lebt / vnd Er wird mich hernach ausz der / Erden Aufferwecken vnd werde / darnach mit diser meiner haut v(m)b/gebend) werden . vnd werde in meinem / Fleisch Gott sehen Denselbe(n) werde ich mir sehe(n) / vnd meine augen werde(n) Jn schawe(n) vnd kein fremd[er]6)

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Datum: 12. Oktober 1635 n. St., 18. Oktober 1635 n. St., 14. Oktober 1635 n. St.

Wappen:
vom Holtz;
vom HoltzKeck7
Böckingen8 Schletz9
VenningenBachenstein10
Nothaft von Hohenberg11 Meerstatt12
(.)ruchshausen13 Rinderbach14
Nenninger15 Vohenstein
Rau von Winnenden16 [Riexingen]17
Erer18 Böckingen8.

Kommentar

Die Schriftmerkmale – so unter anderem die charakteristisch nach rechts versetzten i-Punkte – und die Schmuckformen der Kartuschen weisen das Grabmal als Werk des Michael Kern III aus. Die gemeinsame 16-Ahnenprobe, deren Wappen auf enge verwandtschaftliche Beziehungen der vom Holtz zum Haller Patriziat hindeuten, zeigt, daß die drei innerhalb einer Woche Verstorbenen Geschwister waren. Sie fielen der Pest zum Opfer, die 1635 in Niedernhall insgesamt 127 Tote forderte19. Auf den unvorhergesehenen, raschen Tod spielt der ansonsten für Grabinschriften unübliche Bibelspruch (F) an. Die vom Holtz besaßen seit 1533 ein Haus in Niedernhall (Schulstraße 13)20, das zusammen mit weiteren Gütern in der Stadt nach dem Tod Georg Christophs und Albrecht Konrads an deren Vetter, den nachmaligen Obristen und Generalquartiermeister Georg Friedrich vom Holtz († 1666), fiel21.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Beim ersten t fehlt der Balken.
  3. Wort in Humanistischer Minuskel; die Bibelstellenangabe steht in der Zeile zentriert.
  4. Die letzten drei Zeilen in verkleinertem Schriftgrad.

Anmerkungen

  1. OAB Künzelsau 731; LKA A 29 Nr. 3203, Pfarrbeschreibung für die Stadtpfarrei Niedernhall 1905, p. 39.
  2. Grünenwald, Laurentius-Kirche 4.
  3. Kdm. Künzelsau 253.
  4. Die letzten drei Zeilen in kleinerem Schriftgrad.
  5. Ps 90,7.
  6. Hi 19,25–27.
  7. Schrägbalken, der Figur nach belegt mit drei liegenden Mondsicheln; vgl. Alberti 391.
  8. Drei (2:1) Ringe; vgl. ebd. 71.
  9. Hier nur der eingebogene Sparren, die Spaltungslinie fehlt. Vgl. ebd. 691.
  10. Schrägbalken; vgl. ebd. 32 Abb. 112.
  11. Flug.
  12. Springender Bock; vgl. Alberti 496.
  13. Durch eine Zinne geteilt. Identifizierung nicht gelungen.
  14. An den Ecken und unten mit Kleeblättern besetzter Innenbord; vgl. Alberti 642 Abb. 2377.
  15. Linksgewendet. Oberhalber Hirsch; vgl. ebd. 545 Abb. 2018.
  16. Schrägbalken, belegt mit drei Rosen; vgl. ebd. 1069.
  17. Wappenbild völlig zerstört. Zum Wappen (schräggelegtes Armbrustjoch) vgl. Alberti 641.
  18. Stark beschädigt; linksgewendet. Oberhalber Bär; vgl. Alberti 172.
  19. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 29. Schon zuvor waren am 17. September Maria Magdalena Keck (so nach Ausweis der Ahnenprobe auf dem Niedernhaller Epitaph richtig statt „Greck“!), Witwe des Georg Eberhard vom Holtz und Mutter Albrecht Konrads, sowie des Letzteren Sohn Hans Philipp gestorben, wenig später zwei Mägde des Hauses; vgl. OAB Künzelsau 742. Ebd. wird abweichend von Inschrift (C) als Albrecht Konrads Todestag der 18. Oktober genannt.
  20. Vgl. OAB Künzelsau 741; Kdm. Künzelsau 259. Das dreigeschossige Fachwerkhaus wurde vor 1962 abgebrochen.
  21. Dieser und seine Nachkommen erhielten für Haus und Güter 1645 von den Grafen von Hohenlohe Lasten- und Abgabenbefreiung; vgl. Rauser, Niedernhaller stadteigene Urkunden 65 Nr. 24; ferner FS 600-Jahr-Feier Niedernhall 53.

Nachweise

  1. Bach, Stadtkirche 538 (nur B, C, D, verkürzt).
  2. OAB Künzelsau 731 (nur B, C, D, verkürzt).
  3. Grünenwald, Laurentius-Kirche 4 (nur B, C, D, verkürzt).
  4. Kdm. Künzelsau 253 (erwähnt).
  5. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 369 (nur A, B, C, D), 119 (Abb.).
  6. Niedernhaller Grabmale.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 839 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0083905.