Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 808 Waldenburg, ev. Pfarramt 1630

Beschreibung

Abendmahlskanne mit Stiftervermerk des Friedrich Weckmann und seiner Frau. Silber teilvergoldet, getrieben, gegossen und graviert. Runder Fuß mit vergoldeten Wulst-Profilen, in der Kehle ein eingepunzter Fries aus lilienähnlichen Ornamenten; konischer Gefäßkörper mit einem in halber Höhe umlaufenden, getriebenen und vergoldeten Lorbeerkranz; der geschwungene Henkel am Rücken vergoldet, am unteren Ende mit einem gegossenen und vergoldeten Puttenkopf und am oberen Ende mit einer ebenfalls gegossenen und vergoldeten Frauenmaske als Daumenrast versehen. Der mit einer Abstufung gewölbte und an den Profilen vergoldete Deckel trägt als Bekrönung ein gegossenes Engelsfigürchen, das den gravierten und in Gold gefaßten Stein eines Siegelrings hält. Der hochrechteckige Stein mit abgeflachten Ecken zeigt in spiegelverkehrter Gravur ein winziges Vollwappen und zu beiden Seiten der Helmzier die Nameninitialen (A). Auf der Wölbung des Kannendeckels ist dreizeilig umlaufend der Stiftervermerk (B) eingraviert. Auf der Unterseite des Kannenbodens sind als Beschau ein E im Kreis (Erfurt)1 und als Meistermarke die Initialen GB in herzförmiger Umrandung (Georg Berger)2 eingepunzt.

Maße: H. 25,7, Dm. 12,1, Bu. 0,15 (A), 0,2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Humanistische Minuskel (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    F(riderich) // W(eckhman)

  2. B

    Zur Ehre Vnd Liebe Gottes , Verehrte mich in die Kirchen / Zu Waldenburg , Friderich WecKhman , Vnd sein Haus FraW , / Anna Maria geb(orne)a) Herbrandin A(nn)ob) · 1630 ·

Wappen:
Weckmann3.

Kommentar

Die Gemeinen der Minuskel sind gelegentlich ganz leicht nach rechts geneigt. Die Schäfte der Schmalbuchstaben sind auf der Grundlinie nach rechts umgebogen, ebenso die jeweils rechten Komponenten der sich aus mehreren Schäften oder Bögen zusammensetzenden Buchstaben. Das a kommt sowohl ein- als auch zweistöckig vor. Der Schaft des langen s reicht weit unter die Grundlinie und ist dort nach links umgebogen. Diese Form ist ebenso der humanistischen Kursive entlehnt wie die einmal vorkommende Form des b mit Schleife im Oberlängenbereich und einige mit geschwungenen Schrägschäften oder Balken gebildete Kapitalisversalien. Mitunter sind – besonders bei den Versalien – einzelne Buchstabenelemente in Kontur graviert.

Die Kanne wurde nach Ausweis der Meistermarke bereits im 16. Jahrhundert, vermutlich im dritten Jahrhundertviertel in Erfurt gefertigt4 und wurde demnach erst nachträglich mit dem Stiftervermerk versehen. Ob die Engelsfigur komplett erst 1630 aufgesetzt oder aber nur zur Aufnahme des Siegelsteins umgearbeitet wurde, ist unklar. Die sehr ähnliche, ebenfalls von Georg Berger in Erfurt hergestellte Abendmahlskanne in Öhringen (nr. 756) trägt jedenfalls als Bekrönung des Deckels lediglich einen runden Knauf.

Der Stifter der Kanne ist vermutlich identisch mit dem Waldenburger Stadtvogt Friedrich Weckhmann, dessen (erste?) Frau dem Waldenburger Kirchenbuch zufolge 1613 verstorben ist5.

Textkritischer Apparat

  1. Suspensionskürzung durch eine unter die Grundlinie gezogene Kürzungsschleife sowie einen anschließenden Punkt auf halber Zeilenhöhe.
  2. Der lange Kürzungsstrich durchschneidet die beiden Schrägschäfte des A.

Anmerkungen

  1. Rosenberg3 2 Nr. 1948.
  2. Nicht bei Rosenberg3 verzeichnet; ebd. 2 Nr. 1957 die Marke des Erfurter Goldschmieds Georg (Jörg) Berger, bei der die Initialen GB aber in einer andersförmigen Umrandung stehen. Berger ist seit 1547 nachweisbar, von 1560 bis 1575 als Obermeister belegt und 1577 letztmals urkundlich greifbar. Von ihm stammt auch die mit seiner Signatur versehene große vergoldete Waldenburger Hostiendose mit graviertem Deckel (nr. 538).
  3. Über einem Dreiberg ein wachsender bärtiger (?) Mann mit gestulpter Zipfelmütze, in beiden Händen ein Lindenblatt (?) haltend; Helmzier: die Schildfigur ohne den Dreiberg.
  4. Vgl. Anm. 2.
  5. Max Cramer, Auszüge aus dem Waldenburger Kirchenbuch 1, Heilbronn 1919, masch. (LKA, Film KB 748), Totenregister zu 1613 VI 16.

Nachweise

  1. LKA, A 29 Nr. 4956, Pfarrbeschreibung für die Pfarrei Waldenburg 1905, p. 225.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 808 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0080803.