Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 791 Neuenstein, ev. Stadtkirche 1628

Beschreibung

Grabplatte des Pfarrers und Superintendenten Georg Hartmann. Außen an der Südostwand des Chors. Roter Sandstein. Umschrift (A) in eingetiefter Leiste; im Feld zentral ein von einem Abendmahlskelch bekrönter Wappenschild in eingetieftem Ovalmedaillon, in den Zwickeln die erhaben ausgehauenen Ziffern des Herstellungsjahrs (C); der Rest des Feldes ober- und unterhalb des Wappens gefüllt mit dem langen Sterbevermerk (B). Starke Witterungsschäden, vor allem im unteren Drittel durch aufsteigende Nässe; Fußleiste der Inschrift (A) restlos zerstört; am oberen Rand dreieckiger Ausbruch (Schriftverlust) und Moosbewuchs.

Maße: L. 191,5, B. 82, Bu. 4,0 (A), 3,7 (B, oben), 2,6–2,9 (B, unten), Zi. 5,2–7,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Kapitalis mit einem Wort in Humanistischer Minuskel (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    SCHL[EC]ḤTa) · VND RECHT · BEW/AHRE · MICH1)ALLEIN · GOTT · ERGEB ICH · MICH ·KEIN · GESCHÖP̣F̣ [·] ṢOḶḶb) [. . / – – – /. . . .]ADT Oc) GOTT [·] LEBE ICH ·AMEN ·d)

  2. B

    GẸỌ[RG] HARTMAN · WARD ZV / OERINGEN · ANNO · 1550 · GEBO/HREN · HAT · DER · PFARR · ELPERSH/EIM · VON · ANNO 1571 · X · IAHR · / MICHELBACHISCHER · 1581 · XV · / SO · DAN · AVF · ABSTERBEN · GALLI / HARTMANS · 1596 · HIESIGER · NEV=/ENSTEINISCHER · SAMPT · DER SV/PERINTENDENTZ · BENACHBAR=/TERe) · KIRCHEN · XXXI · // BIS AN SEIN · SELIGES · ENDT [. . .]ER=/IG · ABGEWARTET · DVRCH · WELCHES · / ER · 1627 · DEN · 16 · APRILIS · SEINES · AL=/TERS · LXXVII · DES · PREDIGAMP[T]S · LVI · VO(N) · / GOTT DER SEELEN · NACH · Ạ[B]G[E]F̣ỌR=/DERT · SEIN · LEICHNAM · ABER IN DIE=/SE KIRCHEN · ALHIERO GELEGT · WOR=/DEN · DEN GOTT MIT · FR[E]IḌENf) · ERW/ECKEN · VND VNS EIN SEELIGES · / [E]ṆDT [·] BESCHEHREN · WOLLE · / am[e]ṇg)

  3. C

    1//6/2//8

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Datum: 26. April 1627 n. St.

Wappen:
Hartmann2.

Kommentar

Die Kapitalis ist mit gleichbleibend schmaler Strichstärke eingehauen, die Sporen sind als kräftige Dreiecke ausgeführt. A hat in den ersten Zeilen der Inschrift (B) mitunter einen geknickten Mittelbalken, und für E findet sich dreimal die zweibogige Form. G kommt sowohl mit senkrechter als auch mit nach rechts abgespreizter gebogener Cauda vor und überragt gelegentlich die übrigen Buchstaben. M ist relativ schmal, hat senkrechte Schäfte und einen kurzen Mittelteil, die Cauda des R ist markant umgekehrt-s-förmig geschwungen und – außer am Wortende – in der Regel sehr steil gestellt. Der dreieckige I-Punkt ist nur unregelmäßig gesetzt; als – ebenfalls nicht konsequent gesetzte – Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Die umfangreichen biographischen Angaben auf der Grabplatte sind in einigen Einzelheiten ungenau. Georg Hartmann, Sohn eines Öhringer Bürgers, studierte in Tübingen (imm. 1569)3, wurde dann 1572 zunächst Pfarrer in Elpersheim (Stadt Weikersheim, Main-Tauber-Kreis) und wechselte 1581 nach Michelbach am Wald. Daß er dem angeblich 1596 verstorbenen Gallus Hartmann als Stadtpfarrer und Superintendent in Neuenstein gefolgt sein soll, wie dies die Inschrift behauptet, stimmt freilich nicht: Gallus Hartmann ist bereits 1585 (bzw. nach neuem Stil 1586) gestorben4, und sein Nachfolger als Stadtpfarrer und Superintendent war der von 1585 bis zu seinem Rücktritt 1608 amtierende Martin Bach5. Georg Hartmann übte dagegen 1596 nach seiner Berufung nach Neuenstein zunächst nur das Amt des Hofpredigers und des Diaconus aus6, bevor er 1608 Stadtpfarrer und erst 1610 auch Superintendent wurde. Von 1620 bis 1624 fungierte er erneut zusätzlich als Hofprediger. Fast scheint es, als hätte man mit der Verlängerung der Amtszeiten von Gallus und Georg Hartmann in der Inschrift die Erinnerung an die immerhin 22jährige Amtszeit des Martin Bach tilgen wollen.

Textkritischer Apparat

  1. Vom zweiten H nur der rechte Schaft erhalten.
  2. Von den letzten beiden Buchstaben nur die Balken auf der Grundlinie erhalten.
  3. Über dem O eine Wellenlinie, hier vermutlich als Betonungszeichen.
  4. Danach eine lange Zierranke, das anschließende letzte Drittel der linken Leiste blieb unbeschriftet.
  5. Die letzte Zeile oberhalb der Textunterbrechung durch das Wappen steht zentriert.
  6. Von dem I ist nur der Punkt erhalten.
  7. Das letzte Wort steht annähernd zentriert und ist abweichend vom übrigen Text in Minuskelschrift ausgeführt. Vom n ist nur der obere Bogenabschnitt erhalten.

Anmerkungen

  1. Vielleicht in Anlehnung an Ps 25,21.
  2. Persönliches Wappen, das auf den geistlichen Beruf des Wappenführers hinweist: Herz, mit einem Hochkreuz besetzt und unten begleitet von einem quergelegten geschlossenen Buch. Das Wappenbild wurde vermutlich in Anlehnung an das Wappen des Amtsvorgängers Gallus Hartmann gewählt; vgl. nr. 423 Anm. 4. Eine Verwandtschaft zwischen den beiden Pfarrern, die die Ähnlichkeit ihrer Wappenbilder erklären könnte, läßt sich jedenfalls nicht nachweisen.
  3. Alle Angaben nach Pfarrerbuch Württ. Franken 2, 150 Nr. 875.
  4. Auf dessen Grabplatte allerdings merkwürdigerweise auch das falsche Todesjahr 1595 (= 1596 n. St.); vgl. nr. 423.
  5. Vgl. Pfarrerbuch Württ. Franken 1, 79; ebd. 2, 13 Nr. 73.
  6. Ebd. 1, 80.

Nachweise

  1. Hesler/Taddey, Stadtkirche 10 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 791 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0079107.