Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 786 Künzelsau, Morsbacher Tor 1625–27

Beschreibung

Torbogen mit Nennung der Baumeister. Stadttor mit rundbogiger Durchfahrt, die fast die gesamte Gebäudebreite einnimmt, und mit zwei Fachwerkobergeschossen. Das Sandsteingewände des Bogens auf der Stadtseite (Westseite) ist breit gefast und trägt im Scheitel die eingehauene Inschrift, deren Verlauf nicht exakt dem Radius des Torbogens folgt, sondern eine engere Kurve beschreibt. Außenkanten der Bogensteine eingeputzt; Buchstabenverlust im Bereich der Fuge zwischen den zwei beschrifteten Werkstücken.

Maße: H. 380, B. 375, Bogenstärke 25, Bu. ca. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. IOHANES MV̈LLER MICHALLa) SCHMET[Z]ERb)

Kommentar

Die mit gleichbleibend schmaler Kerbe eingehauene Kapitalis hat quadratische Proportionen. Auch das M mit schräggestellten Schäften und kurzem Mittelteil ist in ein Quadrat eingepaßt. Dieselbe Breite erreicht das S durch extreme Rechtsneigung. Einziger schmaler Buchstabe ist das E, dessen Balken fast gleich lang sind. Über I ist ein Punkt gesetzt. Der engere Bogenverlauf der Inschrift deutet ebenso wie der uneinheitliche Radius der einzelnen Bogensteine des Gewändes darauf hin, daß die Durchfahrt ursprünglich etwas schmaler konzipiert war und nachträglich, nachdem die Inschrift bereits eingehauen war, verbreitert wurde. Dazu wurde die Fase des beschrifteten Bogensteins verändert, wodurch die Inschrift am Ende fast an die Innenkante des Bogens heranreicht. Diese Änderung der Konzeption erklärt zum einen den leichten Richtungswechsel der Inschrift auf dem zweiten Werkstück und zum andern, warum die Inschrift nicht genau im Bogenscheitel, sondern etwas nach links versetzt plaziert ist.

Das Morsbacher oder Hintere Tor am östlichen Ortsausgang ist das einzige erhaltene der ursprünglich drei Tore der Ortsbefestigung. Der Neubau des Tors anstelle eines bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts renovierten Vorgängerbaus1 zusammen mit dem des „hinter(en) Torhäuslein(s)“ erfolgte in den Jahren 1625 bis 16272; für den Bau wurden „30 Wägen voll Stein“ herbeigeschafft3. Hans Müller und Michael Schmetzer (Schmötzer) sind gemeinsam als die beiden „Gemeine Baumeistere“ Künzelsaus zwischen 1625 und 1627 bezeugt4. Schmetzer ist auch 1633 noch im Amt5. Hans Müller begegnet urkundlich erstmals 1616 als Bürge6. Die Ausführung der beiden Torgewände – und somit sicherlich auch der Inschrift – besorgte der Steinmetz Bernhard Müller7, vielleicht ein Verwandter des Baumeisters.

Textkritischer Apparat

  1. Sic !
  2. Buchstabenverlust durch verputzte Stoßfuge; Ergänzung nach Kdm. Künzelsau.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Künzelsau 40.
  2. Ebd.
  3. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch I, 336.
  4. Rauser, Künzelsaus stadteigene Urkunden 103 Nr. 39.
  5. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch I, 390. Möglicherweise identisch mit dem 1637 und 1658 als Schultheiß zu Künzelsau nachgewiesenen Michel Schmötzer (ebd. 449). Er war in erster Ehe mit einer Eva, in zweiter Ehe (1635) mit Maria Glock(en) aus Stetten verheiratet; vgl. Wunderlich, Familienregister Künzelsau (masch., KrAHK, FS 47.1) Nr. 2037.
  6. Rauser, Künzelsaus stadteigene Urkunden 94–98 Nr. 37. Müller ist vor 1634, dem Jahr, in dem die erhaltenen Kirchenbücher einsetzen, gestorben. Seine Frau Ursula starb 1630 im Alter von 41 Jahren. Aus der Ehe sind mindestens drei Kinder hervorgegangen: Ursula (geb. 1622), Konrad (geb. 1625) und Hans Wolfgang (geb. und † 1628). Alle Angaben nach Wunderlich, Familienregister Künzelsau (masch., KrAHK, FS 47.1) Nr. 1604.
  7. Kdm. Künzelsau 41.

Nachweise

  1. Kdm. Künzelsau 42.
  2. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch I, 336 (nach Kdm.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 786 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0078602.