Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 762 Künzelsau, Schloßplatz 9 (Anne-Sophie-Haus) 4. V. 16./1. V. 17. Jh.

Beschreibung

Wandmalereien. Im nordöstlichen Raum des Erdgeschosses1. Bei der grundlegenden Renovierung des seither als Hotel und Restaurant genutzten Gebäudes wurden vor wenigen Jahren Reste von Wandmalereien entdeckt und freigelegt, darunter zwei Inschriftenfragmente an der Nordwand zu beiden Seiten der flachbogigen Fensternische, jeweils in Augenhöhe: links (A), rechts (B). Beide Inschriften sind mit schwarzer Farbe auf den grauen Verputz aufgemalt. Die fünfzeilige Inschrift (A) weist in der linken Hälfte eine durch die Verlegung elektrischer Leitungen verursachte große Fehlstelle auf und ist rechts stark verblaßt. Von Inschrift (B) sind nur geringe Reste von zwei Zeilen erhalten. Die übrigen Malereireste bestehen aus einfachen Umrahmungen der Fensternischen und der Felder zwischen den Balkendecken sowie aus Blüten in den Deckenfeldern.

Maße: H. (Schriftfeld A) 26, B. 55, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Kursive.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    Voṇ [. . . . . . . .] fromen /ist daṣ [. . . . . . .] handwe[r]ckh / herkoṃ[men. . . .] gekạ[.]ḍ[– – –] / wein[. . . . . . . .]ḷasz V[– – –] / dṛẹiṇa)

  2. B

    dṛinc̣k[– – –]b)

Versmaß: Deutsche Reimverse (A)?

Kommentar

Inschrift (A) ist in einer flüssigen, mit gleichbleibender Strichstärke aufgemalten, leicht nach rechts geneigten und gut lesbaren Kursive ausgeführt, in welcher die der Fraktur entlehnten Elemente überwiegen. Inschrift (B) ist in deutlich gröberen, breiteren Zügen geschrieben. Eine nähere zeitliche Einordnung als die hier vorgeschlagene ist aufgrund der uncharakteristischen Schriftformen und aufgrund des fehlenden Vergleichsmaterials im inschriftlichen Bereich kaum möglich. Bei beiden Inschriften könnte es sich – richtige Lesung der spärlichen Schriftreste vorausgesetzt – um Sprüche handeln, die unter anderem das Weintrinken zum Gegenstand haben.

Das westlich des Schlosses gelegene Gebäude wurde vermutlich um 1570 von Seyfried von Leublfing, einem bayerischen Adeligen, errichtet, der jedenfalls in der frühesten Quelle, in der das Anwesen erwähnt wird, 1583 als Lehensträger des Hauses genannt wird2. Besitznachfolger waren zunächst 1593 die Witwe des Balthasar von Stetten (vgl. nr. 374) und – ab 1614 nachweisbar – der hohenlohische Amtmann Heinrich Keyso3. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts besaß die Bildhauerfamilie Sommer Anteile an dem Anwesen, das in der Folgezeit vielfach verändert wurde. Wenn die hier vorgeschlagene grobe Datierung der Inschriften stimmt, müßten sie noch von den adeligen Besitzern oder von Keyso veranlaßt worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Danach eine große Fehlstelle im Putz. Da es sich vermutlich um Reimverse handelt, dürfte die Inschrift jedoch hier enden.
  2. Rest der Zeile zerstört; am Beginn der zweiten Zeile noch Schriftreste erkennbar, die allerdings keine sinnvolle Lesung ergeben.

Anmerkungen

  1. Die Kenntnis dieser Inschriften verdanke ich dem freundlichen Hinweis von Herrn Stadtarchivar Stefan Kraut, Künzelsau. Für die Erlaubnis zu den Aufnahmearbeiten danke ich auch hier nochmals herzlich der Leitung des Hotels Anne-Sophie.
  2. Freundlicher Hinweis zur bislang unbekannten Besitzgeschichte von Herrn Stadtarchivar Stefan Kraut. Vgl. neuerdings ausführlich Kraut, Belebte Zimmer, hier bes. 15, 28f. Seyfried von Leublfing hat sich am 23. August 1582 als Gast im Willkommbuch des Jagdschlosses Hermersberg eingetragen; vgl. HZAN, Willkommbuch I (o. Sign.).
  3. Kraut, Belebte Zimmer 15, 32–34. Zu Keyso vgl. auch nr. 515.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 762 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0076202.