Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 711 Ingelfingen, Friedhof 1620?

Beschreibung

Epitaph für die Kinder Wilhelm Sebastian, Wolf Friedrich und Hans Konrad Morstein. Am Durchgang durch die nördliche Friedhofmauer vom alten zum neuen Friedhof, an der Ostseite des Treppenaufgangs eingemauert. Annähernd quadratische Sandsteintafel mit schmalem gekehlten Rahmen; im Feld oben zwei Wappenschilde, darunter drei eingehauene Bestattungsvermerke, denen eine durch die beiden Wappen unterbrochene Überschrift vorangestellt ist. Stark verwittert, Ausbrüche an den Rändern, absandelnde Oberfläche (Schriftverlust). Schräger, von rechts oben nach links unten durchlaufender Bruch, der mit Zementmörtel gekittet ist, wobei die beiden Bruchstücke mit zu großem Abstand zusammengefügt wurden; ein weiterer schräg verlaufender Bruch rechts oben.

Maße: H. 73, B. 77, Bu. 2,1–2,6 cm. Kapitalis,

Schriftart(en): Fraktur, Humanistische Minuskel mit Frakturelementen.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. DER // KINDẸ[R] // NAMENa) · /AN(N)Ob) : 1606 : d[en] : 18c) : Septembris : s(tilo) : v(etere)d) : / Jst wilhelm Seb[a]stian begraben : worden /AN(N)Oe) : 1608 : d[en] : 12 : octobris : s(tilo) : v(etere)d) : Jst / [w]olff : Fridtrich : Marstein : begraben / wordtenf) /AN(N)Oe) : 16̣09 : den : 12g) : Februari : s(tilo) : v(etere)d) : ist : hansz / Conrạdth) Marstein begraben wordten ·i)

Datum: 28. September 1606 n. St.; 22. Oktober 1608 n. St.; 22. Februar 1609 n. St.

Wappen:
Morstein1, Berlin2.

Kommentar

Die Schrift ist in den Formen der Kapitalis, der Fraktur und der Humanistischen Minuskel weitgehend identisch mit der auf dem 1620 entstandenen Epitaph für den 1611 verstorbenen Sebastian von Morstein (nr. 705). Die wichtigsten Abweichungen betreffen die vollständige Ausrundung der Bögen von einstöckigem a und von o in der Fraktur der vorliegenden Inschrift.

Ihr Wortlaut macht deutlich, daß das Grabmal in seiner jetzigen Form nicht vollständig bzw. eigenständig sein kann. Die Überschrift DER KINDER NAMEN ohne jede weitere Einführung verlangt nach einer vorausgehenden Inschrift, in der die Eltern oder zumindest ein Elternteil der drei Geschwister namentlich genannt waren. Zwar paßt die erwähnte Tafel mit der Grabinschrift des Vaters der drei Knaben in ihrer Breite zu der der vorliegenden Platte, doch läßt sich aus den beiden Fragmenten kein plausibler Gesamtaufbau rekonstruieren. Die vermutlich gleichzeitige Ausführung von der Hand desselben Steinmetzen deutet aber doch auf die Konzeption als Grabmalensemble hin. Die vorliegende Tafel für die Kinder hätte dabei ihren sinnvollsten Platz zwischen oder unter den beiden Epitaphien der Eltern, von denen das für die Mutter freilich nicht erhalten ist. Die Inschrift ließe sich dann als Fortsetzung der beiden Sterbevermerke der Eltern lesen. Die Frau Sebastians von Morstein war Ursula „Berlerin“ (Berlin), die erst am 29. Oktober 1632 im Alter von 64 Jahren verstorben ist3. Sie hat demnach vermutlich um 1620 lange vor ihrem Tod ein Grabmal für sich selbst herstellen lassen, was dann den Anlaß zur nachträglichen Anfertigung der Grabmäler auch für Ehemann und Kinder gegeben haben könnte. Merkwürdig ist, daß die Söhne nicht mit dem Adelsprädikat „von“ bezeichnet sind. Aus den Ingelfinger Taufregistern lassen sich die ungefähren Geburtsdaten der drei jung verstorbenen Knaben ermitteln4: Wilhelm Sebastian wurde am 27. Januar 1604 getauft, seine Paten waren Ludwig von Morstein mit seiner Frau, der Forstmeister zum Kochenstein Ludwig Casimir Senft, Albrecht Senft mit Frau sowie Anna Maria von Mühlen. Wolf Friedrich wurde am 26. März 1606 getauft (ohne Namenseintrag im Taufregister), die Paten waren Graf Wolfgang von Hohenlohe, dessen Sohn Georg Friedrich, Junker Wolfgang von Kocherstetten und sein Bruder Kaspar, Martin Konrad von Eyb sowie Wolfgang Georg Mülin. Hans Konrad schließlich wurde zwischen dem 14. Juli und dem 8. September 1607 getauft (genauer Termin nicht eingetragen), als Paten fungierten Hans Konrad von Wollmershausen, Wolf von Crailsheim und Johann von Dölen. Demnach sind alle drei Knaben im Alter von anderthalb bis zwei Jahren verstorben.

Textkritischer Apparat

  1. Über ME ein überflüssiger Kürzungsstrich.
  2. Anfangsbuchstabe deutlich vergrößert, der linke Schrägschaft unten in eine auf der Grundlinie liegende Kontraschleife ausgezogen.
  3. Die Zahl durch einen darübergesetzten Strich hervorgehoben; 13 Ehrmann.
  4. Monatsname und s : v : in Humanistischer Minuskel.
  5. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  6. Das Wort in der Zeile zentriert.
  7. 17 Ehrmann.
  8. Lonhardt Ehrmann.
  9. Das Quadrangel unten mit einem nach rechts gebogenen halbrunden Zierhaken versehen, dem drei kontinuierlich kleiner werdende Bögen als Zeilenfüller folgen.

Anmerkungen

  1. Linksgewendet.
  2. Steigender Bär. Der Bruch der Steinplatte geht durch den Kopf des Tieres, so daß eine eindeutige Identifizierung nicht möglich ist. Der Stummelschwanz läßt allerdings am ehesten auf einen Bären schließen. Als Wappenführer kommen unter den in der weiteren Umgebung ansässigen fränkischen Niederadelsgeschlechtern allein die Dinkelsbühler Berlin von Wäldershub in Frage (Alberti 49). Die Zuweisung läßt sich durch einen Kirchenbucheintrag von 1632 (vgl. Anm. 3) sichern.
  3. Ev. PfA Ingelfingen, Kirchenbuch 2, Totenregister, p. 23; vgl. Ehrmann, Grabmäler, Nr. 9.
  4. Ev. PfA Ingelfingen, Kirchenbuch 1 (1556–1624) u. Kirchenbuch 2 (1557–1624) (LKA, KB Film 1269).

Nachweise

  1. Ehrmann, Grabmäler, Nr. 8 (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 711 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0071105.