Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 660 Berlichingen (Gde. Schöntal), an der Jagstbrücke 1613

Beschreibung

Bildstock mit Gedenkinschrift. Am westlichen Brückenkopf; vom Weinberg „Storchen“ 1806 hierher versetzt. Tabernakelpfeiler aus Sandstein. Basis und Sockel bei der Neuaufstellung neu angefertigt. Der Vierkantschaft wurde auf der Vorderseite, rechts und links neu behauen, die Rückseite ist noch im ursprünglichen Zustand. Auf den drei überarbeiteten Seiten im oberen Bereich eingehauene Inschrift von 18061. Tabernakel noch original, alle Seitenflächen rundbogig abgeschlossen. Die breiten, profilierten Bögen werden von mit Beschlagwerk belegten Pilastern getragen. Die Rundbogennischen der Schmalseiten leer; auf der Vorderseite im Rundbogenfeld Ecce-homo-Relief, darunter die eingehauene Bildbeischrift (A). Das Rundbogenfeld der (jetzt dem Fluß zugewandten) Rückseite ist mit Inschrift (B) ausgefüllt. Stark verwittert, Schrift mit schwarzer Farbe nachgezogen.

Maße: H. (nur Aufsatz) 78, B. 49, T. 28, Bu. 7,5 (A), 2,0 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    ECCE HOMO

  2. B

    ANNO · 1613 / HATT · DER WV̈R/DIGa) · IN · GOTT · ANDECH=/TICHb) · VNDT · GEISTLICHc) / HERR H(ERR) · THEOBALDVS / ABT · ZV · SCHÖNTHAL / DISEM WEINBERG DER / STORCH · GENANT AVF / DIE · 19 MORGEN · ZVE/GETHAN2) · DIE FRVCHTd) / GOTTe) BEHV̈TE AMEN

Kommentar

Die recht grob ausgeführte, durch die Bemalung zudem verfälschte Kapitalis weist kräftige Dreiecksporen auf. O ist durchweg spitzoval, Z hat einen Mittelbalken. Nexus litterarum, Enklaven und Buchstabenverschränkungen kommen ausschließlich am Zeilenende vor, was von einer ungenügenden Platzaufteilung des Steinmetzen zeugt. Worttrenner sind nur sporadisch gesetzt.

Der „Storch“ liegt nordöstlich der Jagstschlinge, die den Ort Berlichingen einschließt, auf der rechten Flußseite3. Bereits 1517 hatte hier Abt Erhard Öser von Schöntal einen 10 Morgen großen Weinberg anlegen lassen, der den Namen „Storch“ trug4. Das in der Inschrift genannte Landstück liegt oberhalb, es war bewaldet und trug den Namen „Storchenwald“ (Sylva ciconiana). Es wurde auf Veranlassung des Abts Theobald Fuchs (1611–1626) 1613 dem Weinberg zugeschlagen und gerodet5 und hieß seither der „Neue Storch“ (Nova Ciconia)6. Der verbliebene Wald oberhalb des Neuen Storchen, der 60 Morgen umfaßte, wurde 1620 von der Gemeinde Berlichingen gekauft7.

Textkritischer Apparat

  1. W und V verschränkt.
  2. Erstes H am Zeilenende klein in das C eingestellt.
  3. H am Zeilenende in verkleinertem Schriftgrad.
  4. H verkleinert in das C eingestellt.
  5. Ungewöhnlicher TT-Nexus: T mit auf halber Zeilenhöhe waagerecht durchstrichenem Schaft.

Anmerkungen

  1. B · SP / 1806 · / SPM .
  2. D. h. hinzugefügt.
  3. Unterhalb der Ruine des Storchenturms.
  4. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 50r: (zu 1517) „Dominus Erhardus Abbas plantavit vineam ad 10. jugera im Storch, das Mittelgewendt“.
  5. Nach Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 50r wurde das Waldstück erst 1614 gerodet und umfaßte 20 Morgen. Die Abweichungen gegenüber der Inschrift lassen sich vermutlich so erklären, daß zwischen dem Entschluß zur Erweiterung des Weinbergs und der tatsächlichen Durchführung noch einige Monate vergingen.
  6. Vgl. ebd.
  7. Ebd.

Nachweise

  1. Kdm. Künzelsau 95.
  2. Rauser, Schöntaler Heimatbuch 118, 117 (Abb. von A).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 660 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0066003.