Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 635 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche) 1609–10

Beschreibung

Tumba des Georg Grafen zu Erbach. Im südlichen Schiff der Krypta, drittes Joch von Westen. Sandstein und Alabaster. Auf der Deckplatte die aus Alabaster gefertigte, auf einem Kissen ruhende Liegefigur des kleinen Grafen, der mit einem engen Wams und Pluderhosen bekleidet ist, in der Rechten einen Blumenstrauß hält und mit der Linken den Griff seines Degens umfaßt (Degenspitze abgebrochen); an den Ecken der Deckplatte vier kniende geflügelte Putti aus Alabaster (Flügel teilweise verstümmelt), die jeweils einen Wappenschild halten. Auf den Längsseiten der Tumba zwischen breiten Volutenkonsolen jeweils eine querovale, von einem Beschlag- und Knorpelwerkrahmen umgebene Alabastertafel mit aufgemalter Inschrift: auf der linken Seite (A), rechts (B); die ursprünglich vermutlich goldene Farbe ist jetzt völlig verblaßt und nur mehr teilweise in Konturen zu erkennen; die Bogenzwickel unter den beiden Schrifttafeln mit Fruchtbündeln gefüllt. An den Schmalseiten jeweils eine Rollwerkkartusche mit hochovaler, schmuckloser1 Alabastertafel. Profilierte Sockelplatte.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 131, L. 155,5, B. 88, Bu. 2,3 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/8]

  1. A

    [– – – Ge]ọṛg̣ G̣raue Zue / [– – – B]reuberga) staṛḅ / [– – – / – – –]erg [. . . . / – – – / – – –]b)

  2. B

    [– – – / – – –] werde ịc̣ḥ / [– – – / – – – / – – – / – – –]

Wappen:
Erbach2 Oettingen
Solms-Münzenberg3 Hohenlohe-Langenburg.

Kommentar

Soweit dies die spärlichen Schriftreste noch erkennen lassen, handelt es sich um eine sehr sorgfältig und regelmäßig gemalte Fraktur mit kräftigen Schattenstrichen. Inschrift (A) enthielt offensichtlich den Sterbevermerk, vielleicht auch eine Grabbezeugung. Inschrift (B) bestand möglicherweise – richtige Lesung des letzten Worts der zweiten Zeile vorausgesetzt – aus einem Bibelzitat.

Georg war der jüngste Sohn des Grafen Friedrich Magnus von Erbach († 1618)4 aus dessen zweiter Ehe mit Johanna geb. Gräfin zu Oettingen († 1619)5. Er ist am 24. März 1605 geboren und am 23. August 1609 in Pfedelbach gestorben6. Seine Mutter war eine Tochter des Grafen Gottfried von Oettingen und der Johanna Gräfin von Hohenlohe-Waldenburg († 1585)7. Das Kind erkrankte während eines Besuchs der Gräfin bei den hohenlohischen Verwandten anläßlich einer Familienfeier und starb bald darauf8. Das wohl 1610 fertiggestellte Grabmal ist ein Werk des Forchtenberger Bildhauers Michael Kern III, der 1620 auch das Epitaph für den Vater des kleinen Grafen in Michelstadt schuf9.

Textkritischer Apparat

  1. Zu ergänzen: Graue Zue / [Erpach vnd Herr Zue B]reuberg. Zur zeitgenössischen Schreibweise des Namens vgl. die zahlreichen inschriftlichen Beispiele in DI 63 (Odenwaldkreis) passim.
  2. In der 3., 4. und 5. Zeile noch zahlreiche Buchstabenreste sichtbar, die jedoch keine sinnvolle Lesung mehr ergeben.

Anmerkungen

  1. Von etwaigen ehedem vorhandenen Inschriften sind jedenfalls keinerlei Spuren erhalten.
  2. Quadriert von Erbach und Breuberg.
  3. Quadriert von Solms und Münzenberg.
  4. Vgl. Europ. Stammtaf. NF V, Taf. 3; Europ. Stammtaf. NF XVI, Taf. 100. Zu Friedrich Magnus vgl. DI 63 (Odenwaldkreis) nrr. 261, 267.
  5. Begraben in Michelstadt, vgl. DI 63 (Odenwaldkreis) nr. 262.
  6. Europ. Stammtaf. NF V, Taf. 3, mit falscher Angabe des Sterbeorts (Neuenstein); zum Sterbeort Pfedelbach vgl. Schneider, Michael Kern 65.
  7. Europ. Stammtaf. NF XVI, Taf. 100.
  8. Schneider, Michael Kern 65. Bei der Familienfeier dürfte es sich um die Feierlichkeiten anläßlich der Beisetzung der am 28. Juni 1609 verstorbenen Gräfinwitwe Agatha von Hohenlohe (vgl. nr. 613), der Großmutter der Gräfin Johanna von Erbach, gehandelt haben.
  9. DI 63 (Odenwaldkreis) nr. 267. Zu dem Auftrag an Kern und zu seiner Entlohnung 1610 vgl. Gradmann, Monumentalwerke 17–19; Schneider, Michael Kern 65, 249 Anm. 407.

Nachweise

  1. OAB Öhringen 110 (nur erwähnt).
  2. Boger, Stiftskirche Öhringen 93 (nur erwähnt).
  3. Gradmann, Monumentalwerke 17–19 (nur erwähnt).
  4. Der Lkr. Öhringen 2, 24 (nur erwähnt).
  5. Knoblauch II/1, 298f. (nur erwähnt).
  6. Erdmann, Stiftskirche Öhringen 17 (nur erwähnt).
  7. Schneider, Michael Kern 64–67 Kat. A4 (nur erwähnt, Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 635 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0063500.