Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 606 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1608

Beschreibung

Epitaph für Hans Waltmann und seine Frau Margarethe. Innen an der Südwand des Chors. Große hölzerne Ädikula, geschnitzt und bemalt. Als Aufsatz eine von zwei Urnen flankierte und von einem Rollwerkgiebel bekrönte Tafel mit in schwarzer und roter Farbe aufgemalten Bibelsprüchen (A); im Giebel Totenschädel, gekreuzte Knochen und Stundenglas; im von Pilastern und schmalen Seitenteilen gerahmten Hauptfeld großes Ölgemälde: auf hohem Felsen Darstellung der Verklärung Christi mit von links oben auf den Heiland zulaufender dreizeiliger, in schwarzer und roter Farbe aufgemalter Inschrift (B); im Vordergrund am Fuß des Felsens Christus mit den drei Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes; zu Füßen des Johannes links auf einem kleinen behauenen Stein Malersignatur (C); rechts im Hintergrund Berglandschaft und Stadt, im Mittelgrund zwei Steinmetzen bei der Arbeit und ein die Arbeit kontrollierender Aufseher, davor ein über einen Bach führender Holzsteg; am unteren Bildrand rollwerkgerahmte Schrifttafel mit Bibelspruch (D), zu beiden Seiten die in Anbetung des Gekreuzigten knienden Eheleute, jeweils mit einem gegen die Schrifttafel gelehnten Wappenschild, darin Nameninitialen (E, F). Auf den Pilastern geschnitzte Masken, Früchte und Todessymbole; im Sockel nebeneinander und durch eine schmale Leiste getrennt die beiden mit schwarzer Farbe aufgemalten Sterbevermerke (G, H); auf den seitlichen Pilasterpostamenten zwei geschnitzte Fratzen; im Unterhang in der Mitte eine große, mit einer Frauenmaske belegte Kartusche, seitlich unter den Pilasterkonsolen zwei Engelsköpfchen; zu beiden Seiten der zentralen Kartusche ein mit weißer Farbe auf blauem Grund aufgemalter Bibelspruch (I). Restauriert; Inschrift (I) bis auf wenige Reste an Anfang und Ende der Zeilen fast völlig vergangen.

Siehe Lageplan.

Maße: H. ca. 240, B. ca. 150, Bu. ca. 1,0 (A), ca. 0,6 (B), ca. 0,4 (C), ca. 0,7 (D, E, F), 0,8 cm (G, H, I).

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis (A, B, D, I), Kapitalis (C, E, F), Fraktur (G, H).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    Herr , hie ist Gutt sein , Wiltu So wöllen / wir drei hütten machen . Dir eine , Mose / Eine Vnd Elias eine1) ·a) MATTH : 17b) / Vnser Bürgerschaft ist im Himmel von / Dannen wir auch Wartten des Heilands / Jesu Christic) des Heren , Welcher vnsern / Nichtigenleib ver kleren würdt , Das er gleich / Werde seinem Verklerten Leib2) ·a) PHIL :d) 3 ·

  2. B

    Das ist mein Lieber Sohn an Welchem / Jch ein wolgefallen Hab Den solt ir hören3) / MATTH : · 17 ·b)

  3. C

    I(ohann) M(arckquart)e)

  4. D

    Warlich , Warlich , sage ich eüch , wer mein / wort horet , vnd Glaubet Dem , der mich / Gesandt hatt , Der hatt das ewige Leben , / Vnd kommet nicht in Das gerichte , Sond=/ern er ist Vom Todt Zum Leben hin / Durch Getrungen4) IOHANNIS 5 ·b)

  5. E

    H(ans) W(altman)

  6. F

    M(argarete) Wf)

  7. G

    Anno , 1601 den 24 Nouembr(is) Zu nacht / Zwischen . 11 Vnd , 12 . Jst in Gott ver schied(en) / Der Ernhafft vnd Firneme Her . Hans / Waltmarg) Bürger vnd Des Rhats / Alhie Zu Oringen , deme Gott ein Fröliche / Vhrstendt Verleihen wölle . Amen ·a)

  8. H

    Anno 1608 den Ersten Februarius Zu / morgens zwisch(en) . 5 . vnd . 6 . Jst in Gott ver / Schieden Die Erbar vnd Dugensamme / Frau Margarete Waltmenin , deren Gott / Ein Fröliche Vhrstendt Verleihen wolle / Amen ·a)

  9. I

    Nach dịṛh)5)[– – –]ạ= / M[– – – / – – –]e / [– – – P]ṢALM 2̣5̣

Datum: 4. Dezember 1601 n. St., 11. Februar 1608 n. St.

Wappen:
Waltmann6, unbekannt7.

Kommentar

Der Grad der Überformung der Fraktur durch spätere Restaurierungen ist nicht mehr feststellbar, doch scheinen ganze Passagen neu gefaßt worden zu sein. Der Schriftvergleich kann daher auch nichts zu der Frage beitragen, ob alle Inschriften gleichzeitig und von derselben Hand ausgeführt wurden oder ob die Sterbedaten der Ehefrau erst nachträglich eingefügt wurden, das gesamte Epitaph mithin eventuell bereits einige Jahre früher nach Waltmanns Tod entstanden ist. Maltechnik und Bildkomposition lassen keinen Zweifel daran, daß die Signatur (C) dem Maler Hans Marquardt zuzuordnen ist, der 1601 das stilistisch sehr ähnliche Epitaph für Balthasar Fleck in der St. Annakapelle (nr. 557) geschaffen hat.

Die im Mittelgrund des Gemäldes dargestellte Person, die die beiden Steinmetzen beaufsichtigt, trägt dieselben Gesichtszüge, Barttracht und Kleidung wie der im Vordergrund kniende Hans Waltmann. Dieser dürfte demnach zumindest einige Jahre Baumeister der Stadt Öhringen gewesen sein8. Darauf könnte auch der auffällig detailliert abgebildete Steg hindeuten, da auch der Brücken- und Wegebau in den Aufgabenbereich des Baumeisters fiel. Weiterhin spielt das für Grabmäler sehr ungewöhnliche Bibelzitat Mt 17, 4 offensichtlich auf diese Funktion an. Von Beruf war Waltmann, wie auch sein Wappenbild nahelegt, Rotgerber9. Sein Rufname war den Kirchenbüchern zufolge „Gerstenhans“. Zusammen mit seiner Frau richtete er eine Schulstiftung für die Öhringer Schule auf, die nach dem Tod Margarethes 1608 ausgezahlt wurde10.

Textkritischer Apparat

  1. Zierranke als Schlußzeichen.
  2. Die gesamte Bibelstellenangabe rot ausgezeichnet.
  3. Jesu Christi rot ausgezeichnet.
  4. PHIL : rot ausgezeichnet.
  5. Darunter ein weiteres Zeichen, bei dem allerdings nicht sicher ist, ob es sich um einen Buchstaben handelt: zwei voneinander abgewandte, sich berührende Bögen (der rechte oben gebrochen) mit kurzem Mittelbalken; vielleicht ein X, vielleicht aber auch – als Folge einer Restaurierung? – verschrieben aus F(ecit) mit anschließendem Punkt auf der Grundlinie.
  6. Da die Initialen in den Wappenschild eingeschrieben sind, handelt es sich bei dem zweiten Buchstaben sicherlich um den Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens der Frau, und er ist nicht als W(altmennin) zu lesen.
  7. So sicherlich verrestauriert aus Waltman.
  8. Aufgrund der weitgehenden Zerstörung der Inschrift ist nicht zu entscheiden, ob sie spaltenweise erst links, dann rechts von der Kartusche zu lesen ist oder zeilenweise durchgehend. Die spärlichen erkennbaren Reste von Versalien helfen hier nicht weiter.

Anmerkungen

  1. Mt 17,4.
  2. Phl 3,20–21.
  3. Mt 17,5.
  4. Jh 5,24.
  5. Beginn von Ps 25,1: „Nach Dir Herr verlanget mich…“.
  6. In Gelb drei (1:2) weiße Rauten über einem quergelegten schwarz gegrifften Schabeisen; oben im Schild die Initialen H W.
  7. In Gelb ein schwebender schwarzer waagschnittiger Sparren, einen schwebenden schwarzen Pfahl umschließend und überhöht von einem quergelegten schwarz gegrifften Schabeisen; zu beiden Seiten des Sparrens die Initialen M W.
  8. So vermutet bereits Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 35.
  9. Vgl. ebd. 36.
  10. Ebd. 37.

Nachweise

  1. Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 34–37.
  2. Ders., St. Anna-Kirche.
  3. Birkenstock 72–74 Nr. 68.
  4. Erdmann, Diareihe St. Anna-Kapelle 18 (nur teilw.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 606 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0060609.