Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 573 Öhringen, Altes Rathaus (1603)

Beschreibung

Wandvertäfelung. Ostwand der hinteren Ratsstube in der Südwestecke des zweiten Obergeschosses. Aus sechs breiten, längs verlegten Dielen gebildete Holzvertäfelung mit Ölmalerei. In der unteren Zone ein Wandteppich mit abwechselnd weißen und roten Feldern und Brokatmusterung; darüber zwei durch einen Holzpfosten getrennte bildliche Darstellungen: Links in einem schmalen Bildfeld zwischen Pilastern Gemälde der stehenden, im Halbprofil nach rechts gewandten Justitia mit Schwert in der Linken und Waage in der Rechten, über der Gestalt eine Kartusche mit Inschriften (A) und (B), Überschrift (A) rot, Versinschrift (B) schwarz mit roter Auszeichnung auf weißem Grund. Das rechte Bildfeld ist etwa dreimal so breit und zeigt innerhalb eines breiten, wuchtigen Roll- und Beschlagwerkrahmens die figurenreiche Szene des Salomonischen Urteils; im Rahmen über dem Bild eine querovale Kartusche mit Inschrift (C), wiederum mit schwarzer und rot ausgezeichneter Schrift auf weißem Grund. Zu beiden Seiten des Bildrahmens je ein Engel. Malerei stellenweise verblaßt, außerdem durch eine spätere, größtenteils wieder entfernte Übermalung (drei Arkaden) beeinträchtigt. Inschrift (C) bis auf wenige Reste am linken Rand zerstört.

Maße: H. 234, B. (linkes Bild) 129, B. (rechtes Bild) 378, Bu. 2,4 (A), 1,4 (B), 2,0 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B, C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

  1. A

    AD IVDICESa)

  2. B

    Durchb) Mich Die Wahr GerechtigkeitRegirtb) Die Hoch Dreyvaltigkeit .Darumbb) Die Wag Jn Meiner Handt .Machtb) Einem Jedn Sein Sach bekandt .Demb) Gesetz Nach Recht Vnnd Gebür .Dannb) Hasz Vnd Neÿd Jst nit Beymirc)

  3. C

    Saloṃo[– – –]d) / Mitb)e) [– – –] / Ḳoṃ[– – –]b) / Wob) [– – –] / Allesb) W[.]ṛt [– – –]

Übersetzung:

An die Richter.

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Kommentar

Die Kapitalis der kurzen Überschrift (A) ist unter Beachtung der Linksschrägenverstärkung und der linksschrägen Schattenachse aller Bogenlinien sehr regelmäßig ausgeführt. Das A am Beginn der Inschrift hat einen geknickten Mittelbalken. Auffälligstes Merkmal der Fraktur sind die sehr weit nach links ausholenden, zumeist flachen Anschwünge der Versalien. Als Maler ist Hans Marquardt bezeugt, der 1603 für die Arbeit 25 Gulden erhielt1. Die Neugestaltung der hinteren Ratsstube erfolgte demnach gleichzeitig mit der Renovierung des großen Ratssaals (vgl. nr. 572). Zu Marquardt vgl. auch nr. 557.

Thema der weitgehend zerstörten Inschrift (C) war sicherlich – in Anspielung an die dargestellte Szene des Salomonischen Urteils – eine Ermahnung zur gerechten Rechtsprechung. Die gleiche Absicht verfolgen die Inschriften (A) und (B), mit denen sich die im linken Bild dargestellte Wahr Gerechtigkeit unmittelbar an die in der Stube zur Urteilsfindung versammelten Richter wendet.

Textkritischer Apparat

  1. Zeile zentriert; beide Anfangsbuchstaben vergrößert.
  2. Anfangsbuchstabe rot ausgezeichnet.
  3. Fehlende Worttrennung.
  4. Salomo[.] und vermutlich auch der Rest der Zeile als Überschrift rot ausgezeichnet.
  5. Die Tatsache, daß jeweils nur der Anfangsbuchstabe der vier folgenden Zeilen ausgezeichnet zu sein scheint, könnte auf eine Versinschrift hindeuten.

Anmerkungen

  1. Grünenwald, Oehringen und sein Rathaus 3; Knoblauch II/1, 257.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 573 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0057305.