Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 564 Forchtenberg, Hafenmarktgasse 29 (Heimatmuseum Haus Kern) 1603

Beschreibung

Epitaph für Michael Kern d. Ä. und seine Frau Magdalena geb. Berler. Seit 1989 im Heimatmuseum (ohne Inv.-Nr.); ursprünglich in die nördliche Friedhofsmauer eingelassen und diese überragend1. Ädikula aus Sandstein; Teile aus Alabaster. Als Aufsatz eine quadratische Tafel mit üppigem Roll- und Beschlagwerkrahmen, darin der eingehauene Bibelspruch (A). Weit vorkragendes, seitlich verkröpftes Gebälk. Hauptzone von zwei Tugendpersonifikationen gerahmt, die auf mit Engelsköpfen belegten Podesten stehen und als Karyatiden für das Gebälk fungieren: links Fides, rechts Spes. Im Mittelfeld Kruzifixus, darunter die in Alabaster ausgeführten in Anbetung knienden Figuren der Eheleute sowie zu Häupten je eine rollwerkgerahmte Alabastertafel mit eingehauenem Sterbevermerk (B, C). Unter schmalem Sims der breite Unterhang mit querovaler Schriftkartusche und Inschrift (D). Stark verwittert, vor allem die figürlichen Darstellungen erheblich beschädigt und verstümmelt. Die Figur des Gekreuzigten (aus Alabaster?) fehlt ganz.

Maße: H. 238, B. 151,5, Bu. 3,0 (A), 1,8 (B, C), 3,0 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis (A, D), Fraktur (B–D).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    DENa) DER TOTD / IST DER SVNDE(N) SO=/LDTb) ABER DIE GABE / GOTTES IST DAS EW/IGE LEBE(N) IN CHRISTOc) / IESV VNSERM / HERRN2) ·d) ROM 6

  2. B

    An(n)oe) · 1603 · de(n) 1 Martij ist / in gott Entschlaffen · der / Ersam · Michel Kern · der / alt · seines Allters · 74 · / Jar · dem gott Genad / Amen ·f)

  3. C

    An(n)oe) · 15 · 87 · de(n) 28 Ma/=rtij ist in Christo Entsch/=laffen die Tugentsame / Frauw · Magdalena Ber/lerin · Jres Alters 57 · / Jar · der Gott gnad A(men)g)

  4. D

    Namen Obgemelter Beeder Eheleüdt kin[der] / MICHAELh) K(ern)i) IOANNES K(ern)i) EḶ[. . . .]k) / ANDRAEAS K(ern)i) PETRVS K(ern)i)l) / MARGARETHA SVSANNA ANNA / ELISABETH HILARŸ MADALENA / MA[R]IA BARBARAl)

Datum: 11. März 1603 n. St., 7. April 1587 n. St.

Kommentar

Von der kunsthistorischen Forschung wird das Grabmal dem Enkel von Michael und Magdalena Kern, dem Bildhauer Michael Kern III, zugeschrieben3. Die Schriftmerkmale von Kapitalis und Fraktur bestätigen dies nur bedingt. Von den – freilich erheblich späteren – Kapitalisschriften, die man einigermaßen sicher der Hand Kerns zuweisen kann, unterscheiden sich vor allem das M mit schräggestellten Schäften, das N mit Sporn am oberen Ende des linken Schafts und das R mit gestreckter Cauda (allerdings nur als Doppelform neben der geschwungenen Cauda). Die genannten Merkmale der Kapitalis stimmen jedoch mit denen von Inschriften überein, die mit großer Wahrscheinlichkeit von Michael Kern II eigenhändig ausgeführt worden sind (vgl. nrr. 523, 576, 585, 586), so daß man wohl dem Sohn, nicht dem Enkel des verstorbenen Paares die Ausführung der vorliegenden Inschriften zuschreiben darf. Die Kapitalis in Inschrift (A) ist zwar in etwas schmaleren Proportionen und deutlich nachlässiger ausgeführt als die in Inschrift (D), dürfte aber trotzdem von derselben Hand stammen.

Michael Kern der Alte, Maurer und Steinmetz, war der Begründer der Forchtenberger Bildhauerdynastie. Der Inschrift (B) zufolge ist er um 1529 geboren. Der Todestag ist in der Inschrift vermutlich falsch angegeben. In den Forchtenberger Sterberegistern ist als Sterbedatum jedenfalls ausdrücklich der 2. März verzeichnet mit dem Hinweis „accepta prius sacra communione“4. Kerns Frau entstammt einer Familie, die sich mehrfach in den Forchtenberger Kirchenbüchern des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts nachweisen läßt5. Näheres zu Magdalena ist nicht bekannt. Auch ihr Todestag ist in den Sterberegistern abweichend einen Tag später als in der Inschrift angegeben6.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe deutlich vergrößert.
  2. Trennstriche auf dem Rahmen.
  3. O verkleinert unter den Balken des T gestellt.
  4. Als Interpunktionszeichen zwei schräg versetzte waagerechte Striche in mittlerer Zeilenhöhe.
  5. Ohne Kürzungszeichen.
  6. Wort in der letzten Zeile zentriert.
  7. Kürzung durch Doppelpunkt.
  8. Die Anfangsbuchstaben sämtlicher Namen vergrößert.
  9. Kürzung durch Punkt auf Mitte.
  10. Das E noch ziemlich deutlich zu erkennen, danach ein Schaft, vielleicht mit angesetztem Balken an der Grundlinie (L?), danach vielleicht ein weiterer Schaft (I ?). Die starke Abnutzung der betreffenden Stelle könnte das Ergebnis einer Tilgung des Namens sein.
  11. Rest der Zeile leer gelassen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Öhringer Heimatbuch 452; Gradmann, Forchtenberg, Sp. 204. Von der Friedhofsmauer wurde das Grabmal offenbar zunächst an die Außenwand der Friedhofskapelle versetzt, dort befand es sich jedenfalls 1968: Der Lkr. Öhringen 2, 184; ebenso Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 81: „unter einer schlanken Fichte verborgen“.
  2. Rö 6,23.
  3. So zuerst Klemm, Baumeister 163; Gradmann, Monumentalwerke 97f., Bruhns, Würzburger Bildhauer 385. Vera Schneider, Michael Kern 12 u. 54, schreibt die beiden knienden Figuren Michael Kern II zu.
  4. Ev. PfarrA Forchtenberg, Kirchenbuch 1 (1577–1628) (LKA, KB Film 1338).
  5. Ev. PfarrA Forchtenberg, Kirchenbuch 1 (1577–1628) und Kirchenbuch 2 (1577–1630) (LKA, KB Film 1338).
  6. Wie Anm. 4.

Nachweise

  1. Gradmann, Monumentalwerke 97f. (erwähnt).
  2. Gradmann, Forchtenberg, Sp. 204 (erwähnt).
  3. Der Lkr. Öhringen 2, 184 (erwähnt).
  4. Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 81 (nur D teilw.), 127 (Abb.).
  5. Rößler, Michael Kern I, 27 (Abb.).
  6. Schneider, Michael Kern 53 (Abb.), 248 Anm. 345, 347, 350, 352.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 564 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0056406.