Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 541 Oberkessach (Gde. Schöntal), an der Landstraße nach Osterburken 2. H. 16. Jh.?

Beschreibung

Sühnekreuz. Etwa 3 km nördlich vom Ortsausgang, an der Kreisgrenze zum Neckar-Odenwald-Kreis, rechter Hand an der Straßenböschung. Sandstein. Auf der Vorderseite des Querbalkens eine dreizeilig eingehauene, zeilenweise gerahmte Inschrift. Über der ersten Zeile eine waagerechte Ritzlinie. Die dritte Zeile endet noch vor der Mitte des Kreuzstamms, dahinter – etwas nach unten versetzt – Stz. nr. 49. Stark verwittert und vermoost; der Kreuzstamm ist oben durch Beschädigung abgerundet, die Oberseiten der Querbalkenhälften sind, nach außen hin zunehmend, abgeschlagen, dadurch erheblicher Schriftverlust.

Maße: H. (über dem Boden) 146, B. 90, T. 25,5, Bu. 3,2–5,0 cm.

Schriftart(en): Unbeholfene frakturähnliche Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. [– – –]ṛtzeṛa) Voṇb) Ober K[– – –c) / – – –] Woṭd Ṃarttd) A  ̣ne) Faṣ[– – – / – – –] iorsf) :g)

Kommentar

Die äußerst undiszipliniert und ungelenk ausgeführte, dünnstrichig eingerillte Inschrift zeigt in den Formen der Gemeinen wie auch einzelner Versalien (O, M) eine Orientierung an der Fraktur, daneben werden Kapitalisversalien verwendet. Da sich nicht abschätzen läßt, wie weit die Querbalkenarme des Kreuzes seitlich abgearbeitet sind, ist auch der Umfang des zerstörten Textes nicht exakt zu bestimmen. Der Überlieferung nach soll es sich um die Gedenkinschrift für einen Peter Knörzer aus Heidelberg handeln, der „auf Vorfasten 1548 (1565?)“ an dieser Stelle ermordet worden sei1. Dies läßt sich so mit dem noch ermittelbaren Schriftbefund kaum vereinbaren. Immerhin könnte der Name richtig überliefert sein – dann müßte der Inschriftbeginn ergänzt werden zu: [Peter Knö]rtzer. Die Herkunftsbezeichnung lautet allerdings m. E. eindeutig von Ober K[essach] und nicht von Heidelberg. Träger des Namens Knörtzer/Knertzer sind seit dem Einsetzen der Oberkessacher Kirchenbücher 1598 im Ort zahlreich bezeugt2. Die Angabe in der zweiten Zeile ist vielleicht als „wurde ermordet“ zu deuten, gefolgt von dem Tagesdatum – wohl nach dem Festkalender – und der Jahresangabe in der letzten Zeile. Als Ergänzung für die Tagesbezeichnung bietet sich einzig An Fas[tnacht] an. A. Nägele will 1913 die Jahreszahl 1548 über der ersten Zeile gelesen haben3, doch sind dort keine Schriftzeichen zu erkennen, und von der Abfolge des Formulars müßte die Jahreszahl, wie gezeigt, in der dritten Zeile auf dem linken Kreuzbalkenarm gestanden haben, der jedoch an dieser Stelle völlig abgearbeitet ist. Die bisherigen Datierungen der Inschrift sind somit hinfällig, die zeitliche Einordnung muß von den Schriftformen als einzig sicherem Anhaltspunkt ausgehen. Die unbeholfene Ausführung ermöglicht freilich lediglich eine grobe Fixierung in die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Textkritischer Apparat

  1. Vom ersten sichtbaren Buchstaben ist nur eine lange Linksschräge zu erkennen, vielleicht der untere, gebrochene Teil des Schafts eines r.
  2. Letzter Buchstabe fast wie ein kapitales R, vermutlich ist aber ein n gemeint, dessen Bogen zu stark gekrümmt und dann nach rechts gebrochen ist; VOR Nägele.
  3. Zu ergänzen wahrscheinlich Ober K[essach].
  4. Am Wortanfang wahrscheinlich ein Frakturversal-M; Nägele deutete das Schriftzeichen als „Herz oder Pflugschar“.
  5. Form des n wie bei Anm. b, aber mit etwas schwächerer Einschnürung des Bogens.
  6. IOCS Nägele.
  7. Nach dem Doppelpunkt ein langer Haken als Schlußzeichen.

Anmerkungen

  1. So Losch, Sühne u. Gedenken 68.
  2. Rauser, Schöntaler Heimatbuch 539f.
  3. Nägele, Über Kreuzsteine 420.

Nachweise

  1. Nägele, Über Kreuzsteine 420 (ungenau).
  2. Wilhelm Mattes, Steinkreuze berichten, in: Klänge aus der Heimat. Für Heimatkunde und Brauchtum im Kreis Künzelsau. Beilage zum Kocher- und Jagstboten 1950, Nr. 16, 2 (nicht eingesehen).
  3. Kdm. Künzelsau 269 (nur erwähnt; Fehldeutung als „Wegweiser“).
  4. Rauser, Schöntaler Heimatbuch 513 (Abb.).
  5. … und erschlugen sich um ein Stücklein Brot 158 (nach Losch; m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 541 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0054103.