Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 519 Niedernhall, Schmiedsgasse 2 (Morstein-Apotheke) 1599

Beschreibung

Rundbogenportal. Außen an der Nordseite; von dem 1973 abgebrochenen Vorgängerbau (Fachwerkhaus mit gemauertem Erdgeschoß) übernommen1. Portalgewände aus grauem Sandstein. Über zwei seitlichen Sitznischen mit Muschelkonsolen der reich profilierte, aus drei Werkstücken zusammengesetzte Bogen. Auf seiner Stirn ist in zwei, jeweils von breiten mit Zahnschnitt besetzten Rahmenleisten eingefaßten Zeilen ein Bibelspruch (A) eingehauen, darunter auf der unteren Rahmenleiste Inschrift (B). Auf der Rahmenleiste zwischen den beiden Schriftzeilen der Inschrift (A) etwas rechts von der Mitte Stz. nr. 38. Witterungs- und Stoßschäden, 1974 restauriert. Geringfügiger Schriftverlust in Inschrift (B) an den Fugen zwischen den Werkstücken.

Maße: H. (nur Bogen) 91, B. 191, Bogenstärke 38, T. 17, Bu. 4,2–4,5 (A), 2,4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    DER · 67a) · PSAMb) GOT · SEI VNS GNEDIG · VND · SEGENE VNS · ER LAS VNS sEINc) ANTLIZ LEICHTEN · DAsd) WIR AVF ERDEN ERKENEN SEIN/E WEG · VNTER ALEN HEIDEN SEIN HAIL · ES DANCKEN DIR GOT DIE VELCKER · ES DANCKEN DIRe)2)

  2. B

    IACOB DE NOMAIR HA[I]Sf) ICH · WANg) GOT WIL SO IST MEI[N ZIE]Lh)3) · ANNO · DVMINIb) · 1 · 5 · 9 · 9 ·

Kommentar

Worttrenner in Form von Quadrangeln sind nur sporadisch gesetzt, der größte Teil der Inschrift (A) ist in Scriptura continua ausgeführt. Auch sonst zeigen sich Unsicherheiten in der Schriftgestaltung. Die Formen der Kapitalis verraten dieselbe Hand, die auch die Grabplatte der 1598 verstorbenen Brigitta Karlin (nr. 510) gefertigt hat. Das S ist in der vorliegenden Inschrift allerdings jetzt durchweg fast lotrecht ausgerichtet. Bemerkenswert ist die zweimalige Verwendung des langen Fraktur-s inmitten der Majuskelschrift. In Inschrift (B) fungieren die Punkte auf halber Zeilenhöhe als Interpunktionszeichen, nicht als Worttrenner.

Der in der Inschrift genannte Bauherr war dem Namen zufolge offenbar französischer Herkunft.

Textkritischer Apparat

  1. Die 6 spiegelverkehrt, wie eine gebogene 1 mit Schlinge am unteren Schaftende.
  2. Sic!
  3. Langes Fraktur-s mit waagerecht umgebrochener Fahne. Der Schaft ist nur leicht geschwungen und weist keine Schwellung auf. Der Buchstabe wurde bei der Restaurierung falsch als Kapitalis-S nachgehauen, der ursprüngliche Befund (vgl. Anm. 1) ist aber noch erkennbar.
  4. Langes Fraktur-s mit waagerecht umgebrochener Fahne.
  5. Der Text bricht hier ab.
  6. Das zerstörte I an der Fuge der beiden Werkstücke wurde bei der Restaurierung zu weit rechts nachgehauen. Auch das S ist nicht korrekt nachgearbeitet.
  7. Steinmetzfehler: überzähliger Linksschrägschaft zwischen W und A, der den zweiten Rechtsschrägschaft des aus zwei verschränkten V gebildeten W durchkreuzt und zum unteren Ende des linken Schrägschafts des A geführt ist; dadurch Pseudo-Nexus litterarum. Der Fehler wurde bei der Restaurierung durch Beseitigung des überzähligen Schrägschafts „korrigiert“.
  8. Jetziger Befund nach Restaurierung: MEIN ZIL. Die viel zu großen Buchstabenabstände zeigen jedoch, daß ursprünglich ein zusätzliches E vorhanden gewesen sein muß.

Anmerkungen

  1. Fotoaufnahme von 1957 im LDA Esslingen, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 13527; Fotos der ausgebauten und provisorisch gelagerten Werkstücke (1974) in der Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Diese Fotos wurden zur Rekonstruktion des ursprünglichen Schriftbefunds herangezogen. Der Abbruch des Gebäudes fand nicht, wie Knoblauch II/1, 52 Anm. 2 angibt, 1978 statt.
  2. Ps 67,2–4.
  3. Devise auch anderweitig inschriftlich belegt, vgl. z. B. DI 41 (Göppingen) nr. 388 (1607?).

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 728 (nur B).
  2. Kdm. Künzelsau 258f. (m. Abb.).
  3. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 148 (nach Kdm.), 143 u. 392 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 519 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0051908.