Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 440 Kocherstetten (Stadt Künzelsau), ev. Pfarrkirche 1585–88, 1589

Beschreibung

Epitaph des Eberhard von Stetten und seiner Frau Margaretha geb. von Leyen. Innen an der Nordwand des Chors; im 19. Jahrhundert noch an der Südwand des Langhauses1. Große Ädikula aus Sandstein und Alabaster. Als Bekrönung ein von Roll- und Beschlagwerk gerahmtes querovales Medaillon mit zwei reliefierten Vollwappen, das seitlich von zwei auf Voluten sitzenden Putti gestützt wird; unten in der Mitte eine Maske. Die vorkragende Gebälkzone ohne Ornament und Inschrift. Die Hauptzone ist seitlich von Pilastern gerahmt und zeigt vor einer breiten Kleeblattbogennische die vollplastisch gearbeiteten Figuren des Ehepaars in Anbetung unter dem Kruzifixus kniend; über dem Kreuz Gottvater in den Wolken, oben am Kreuzstamm ein eingerolltes Schriftblatt mit erhaben ausgehauenem Titulus (A). Eberhard von Stetten ist in vollem Harnisch dargestellt, der federgeschmückte Visierhelm ist am Fuß des Kreuzes abgestellt. Der Kleeblattbogen wird seitlich von kräftigen, das vorkragende Mittelteil des Gebälks stützenden und oben mit Engelsköpfchen belegten Konsolen eingerahmt; in den Bogenzwickeln Adam und Eva in hohem Relief. Der weit vorspringende Mittelteil des Sockels wird von den kauernden Figuren der vier Evangelistensymbole getragen und zeigt auf der Stirnseite eine längsrechteckige, in der Mitte senkrecht geteilte Tafel mit Beschlagwerkrahmen, darin links Sterbevermerk (B), rechts (C). Zeilenbegrenzungslinien der Inschriften vorgeritzt. Ränder und Rahmenornamente stellenweise bestoßen; Oberflächenschäden im Bereich der Inschriften (B) und (C), Schriftkerben stellenweise mit gipsähnlicher Masse zugesetzt.

Maße: H. 331, B. 177, Bu. 2,9 (A), 1,8 (B), 1,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    INRI

  2. B

    AN(N)Oa) D(OMI)NI 1583 DEN · 11 · SEPTEMB(RIS)b)c) IST AVS / DISEM IAMERTHAL VERSCHIEDEN DER / EDEL VND EHRNVEST EBERHARTTa) VO(N) / STETTENa) ZV KOCHENSTETTE(N) DEM GOT / EIN FROLICHE VRSTENT VERLEIHE · A(MEN)c)

  3. C

    AN(N)O D(OMI)NI 1〈589〉 DEN 〈5 NOVEMBRIS〉 IST AVS DISEM IAMERTHAL VERSCHIDEN DIE EDEL VND / THVGENTSAME FRAW MARGARETAa) WEILANDT / EBERHARTSa) VON STETTENa) SELIGEN HINDER/LASSENE WITTWE GEBORNE VON LAYEN DER / GOT EIN FROLICHE VRSTENT VERLEIHE A(MEN)

Datum: 21. September 1583 n. St., 15. November 1589 n. St.

Wappen:
Stetten, Leyen.

Kommentar

Das Grabmal wurde von dem aus Hall stammenden Bildhauer Erhard Barg im Oktober 1585 begonnen, dann aber 1588 von Sem Schlör in Hall fertiggestellt, nachdem die Auftraggeber mit Bargs Arbeit nicht zufrieden waren2. Die Kapitalis zeigt zwar viele der für Schlörs Werkstatt typischen Merkmale, ist allerdings wenig sorgfältig ausgeführt und weicht auch in einigen Details deutlich ab. So ist die linksschräge Schattenachse der Bögen nicht konsequent beibehalten, der rechte Sporn des T-Balkens ist mitunter linksschräg gestellt, Schrägschaft und rechter Schaft des N treffen unten spitz zusammen, und vor allem sind die Schäfte des M leicht schräggestellt, und der Mittelteil endet deutlich über der Grundlinie. Möglicherweise geht die Schriftgestaltung bereits auf Barg zurück. Der Todestag in Inschrift (C) ist durch die ungleichmäßigen Schriftformen eindeutig als Nachtrag zu erkennen. Ansonsten scheint der Anteil Bargs an dem Grabmal im wesentlichen in der architektonischen Rahmung zu bestehen, während die Figuren sicherlich von Schlör ausgeführt wurden4.

Eberhard von Stetten ist 1527 als Sohn des Wolfgang von Stetten († 1547) und der Anna von Rosenberg (vgl. nr. 324) geboren5. Seine Frau Margaretha war eine Tochter Peters von Leyen († 1551) und der 1568 verstorbenen und ebenfalls in Kocherstetten begrabenen Anna von Dienheim6.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. 2. September OAB Künzelsau.
  3. Kürzung durch Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Vgl. OAB Künzelsau 631.
  2. Nach Auszügen aus AFS Akten Bü 45 (vgl. Rückert/Ziegler, Archiv Stetten, Nr. 45), veröffentlicht von Gustav Bossert, in: Schwäbische Chronik 1882, 141 u. 224; vgl. auch Demmler 196; Bruhns, Bildhauer 169. Demnach wurde Barg als „ehrloser, verlogener und versoffener Bösewicht und Hudler“ von den Herren von Stetten fortgejagt.
  3. Demmler 196.
  4. Ebd. 225; Fleischhauer, Renaissance 141 Anm. 2.
  5. Vgl. Biedermann, Ottenwald, tab. XXXVIIf. Zu Eberhard vgl. zuletzt Helmut Neumaier, „Exules Christi“ in Franken – die Herren von Stetten und der Flacianismus, in: Bll. f. württ. Kirchengeschichte 101 (2001) 13–48, hier: 16. Zur Leichpredigt auf Eberhard ebd. 21; zu flacianischen Elementen des vorliegenden Epitaphs ebd. 22f.
  6. Die Angabe von Margarethas Eltern bei Biedermann, Ottenwald, tab. XXXVIII ist falsch.

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 631f.
  2. Der Dt. Herold 23 (1892), Beil. S. 19 (nur erwähnt).
  3. Demmler 182, 196, 225 (nur erwähnt), Taf. 22 (Abb.).
  4. Kdm. Künzelsau 200 (Abb.), 202 (nur erwähnt).
  5. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch II, 285 (nach Kdm.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 440 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0044001.