Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 289 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1556

Beschreibung

Grabplatte der Dorothea Hartmann geb. Meir und ihrer vier Kinder Abraham, Dorothea, Magdalena und Maria. Im Chor im Boden, zweite Reihe von Westen, sechste Platte von Norden. Roter Sandstein. Schmale Rahmenleiste; im eingetieften Feld in der oberen Hälfte eine querrechteckige, oben und unten von Blattvoluten umrahmte Tafel mit Sterbevermerk; darunter ein linksgewendetes Vollwappen in Flachrelief. Die Zeilen sind mit Hilfslinien vorgeritzt. Ränder ausgebrochen und ergänzt; zwei geflickte Risse im unteren Bereich der Inschrift.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 185, B. 104, Bu. 3,3–3,7 cm.

Schriftart(en): Verfremdete Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. ANNOa) 1556 AM · ABENT · DER · GEBVRT / CHRIstIb) · STARB · DI · ERNHAFT · VND · TVGEN(D)/SAM · DOROTHEA · MEIRIN · DES · WIRDIG · VND / WOLGELERT · HER HANSE · HARTMANS BRED(IGERS) / HAVSFRAW · VN(D) · MIT · SAMBT · JREN · KINDERN / NEMLICH ABRAHA(M)c) · DOROTHEA · MAGDALENA / VN(D) · MARIA · WELCHEN · ALEN · DER · HER · / EIN · SELIGE · AVFFERSTEHVNGd) · MITe) / [A]LLENf) · HEILGE(N) · GOTES · VERLEIE(N) · WELE · AME(N)g)

Datum: 24. Dezember 1556.

Wappen:
Meir1.

Kommentar

Die Schrift zeigt noch etliche Anklänge an die Frühhumanistische Kapitalis, so die schmalen Proportionen und einige Einzelformen: Der rechte Schaft des flachgedeckten A (mit einseitig nach links überstehendem Deckbalken) ist stets senkrecht gestellt, der linke Schrägschaft ist meist leicht durchgebogen und deutlich unter die Grundlinie verlängert. Neben offenem kapitalem D kommt eine spitzovale unziale Doppelform vor. E ist durchweg kapital, nur einmal am Wortanfang zweibogig. I ist zumeist mit einer kurzen rechtsschrägen Unterlänge versehen, der als Kreis gestaltete I-Punkt ist nur unregelmäßig gesetzt. Die geschwungene Cauda des R setzt deutlich unter dem Bogen am Schaft an und reicht häufig weit unter die Grundlinie. O ist spitzoval, über V ist zumeist ein kleiner nach unten offener Bogen als diakritisches Zeichen gesetzt. Als Doppelformen, die nur am Wortanfang begegnen, sind J mit geschwungenem Deckbalken und V mit gebogenen Schrägschäften zu nennen. Als Worttrenner wechseln einfacher Kreis und zwei übereinandergesetzte Kreise unregelmäßig ab. Die Schriftformen stimmen völlig mit denen auf dem Schöntaler Epitaph des Götz von Berlichingen mit der Eisernen Hand (nr. 299) überein, das eindeutig vom selben Steinmetz gefertigt wurde.

Dorothea Meir war der Inschrift zufolge die Frau des Johann Hartmann, der gerade erst 1556 die Prädikatur und die Stelle des Generalsuperintendenten in Öhringen übernommen hatte2. Zwar ist die Formulierung des Sterbevermerks nicht ganz eindeutig, doch scheinen die vier genannten Kinder am selben Tag wie die Mutter, also an Heiligabend, verstorben zu sein, was auf einen Unglücksfall (Brand?) hindeutet.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe etwas vergrößert und durch eine geschwungene Zierlinie über dem Deckbalken zusätzlich ausgezeichnet.
  2. Ligatur aus langem, unter die Grundlinie reichendem Minuskel-s und t, dessen Schaft nicht bis auf die Grundlinie herabreicht.
  3. Die Cauda des R und der linke Schrägschaft des zweiten A, die beide unter die Grundlinie ragen, überschneiden sich.
  4. Das zweite E zunächst vergessen und dann nachträglich winzig unter der rechten Balkenhälfte des T nachgetragen.
  5. Danach eine Zierranke als Zeilenfüller.
  6. Von den beiden L nur die oberen Schaftenden erhalten.
  7. Die in Nexus litterarum verbundenen A und M weitgehend zerstört, aber noch eindeutig zu identifizieren.

Anmerkungen

  1. Da das Wappen Hartmanns auf seinem Epitaph (nr. 365) von dem vorliegenden abweicht, muß es sich hier um das Meirsche Wappen handeln. Linksgewendet. Hahn auf gestulptem Turnierhut; Helmzier: Schildfigur.
  2. Zu ihm vgl. nr. 365. Laut Pfarrerbuch Württ. Franken 2, 151 Nr. 878 war Hartmann seit spätestens 1527 mit einer Magdalene (Familie unbekannt) verheiratet; Dorothea Meir wird dort nicht aufgeführt. Aus welcher Ehe die vier dort genannten Kinder – Isaias, Sara, Anna und eine weitere namentlich nicht bekannte Tochter – stammen, ist unklar.

Nachweise

  1. Birkenstock 18 Nr. 15.
  2. Erdmann, Diareihe St. Anna-Kapelle 8 (ungenau).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 289 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0028905.