Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 270 Waldenburg, ev. Stadtkirche 1551

Beschreibung

Metallauflagen der Grabplatte Georgs I. Grafen von Hohenlohe-Waldenburg. Innen auf der Empore, an der Westwand des Turms. Zuvor bis zur Kirchenrenovierung von 1972/73 rechts vom südlichen Hauptportal an der Wand1; ursprünglich vermutlich im Chor im Boden. Messing. Aus vier Stücken zusammengesetzter Rahmen mit erhaben gegossener Inschrift (A) zwischen profilierten Randleisten; Schriftgrund punktpunziert2. Die linke Schriftleiste (B) gehört eigentlich zur Grabplatte des Grafen Albrecht von Hohenlohe in Neuenstein (nr. 271), wurde aber offenbar bereits bei der Herstellung in der Werkstatt oder beim Transport vertauscht3. Im Feld ein großes linksgewendetes Vollwappen, in den Ecken vier kleine Schilde. Leichte Abtretungsspuren.

Maße: L. 195, B. 107, Bu. 5,0–5,6 (A), 7,0–7,3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    Anno Do(mi)nj · 1551 am montag nach dem Sontag / Judica der da was der · 16 · tag des monats Marcij starb der Wolgeborne Herr / Herr Jorig graff von Hohenloe · (et)c(etera)a) · des sele der /b)

  2. B

    /c) Sele der Almechtig ewig Gott gnedig vnd Barmhertzig sein Wöll ;

Wappen:
Hohenlohe;
Württemberg4 Oettingen
SavoyenMünsterberg5.

Kommentar

Für die Inschrift auf den ersten drei Randleisten ist eine im Verhältnis zur Rahmenbreite kleinformatige, gelegentlich leicht nach rechts geneigte Gotische Minuskel mit deutlich ausgeprägten Ober- und Unterlängen gewählt. Der obere Bogenabschnitt des c ist waagerecht umgebrochen. Die Oberschäfte sind durchweg rechtsschräg geschnitten. In der Kopfleiste sind Textura-Versalien, danach Frakturversalien mit Kontraschleifen im Unterlängenbereich verwendet. Worttrennung durch größere Buchstabenabstände ist durchgängig beachtet. Deutlich anders ist dagegen die Schriftgestaltung auf der linken Randleiste. Das Mittelband nimmt fast die gesamte Höhe der Schriftleiste ein und läßt für Ober- und Unterlängen kaum Platz. Die Wörter sind bisweilen ohne Trennung eng aneinandergerückt. Die spitz ausgezogenen Oberlängen sind nach rechts umgebogen. Der Unterbogen des g ist völlig ausgerundet, auch der dritte Schaft des w ist rund geschwungen. Die Frakturversalien unterscheiden sich in ihren Formen von denen der Inschrift (A). Nach alldem kann kein Zweifel bestehen, daß die beiden Inschriftenteile (A) und (B) ursprünglich nicht zusammengehörten. Tatsächlich handelt es sich bei Inschriftfragment (B) um den Teil eines in derselben Nürnberger Werkstatt gefertigten Grabmals für einen weiteren, im selben Jahr verstorbenen und in Neuenstein begrabenen Angehörigen des hohenlohischen Grafenhauses (nr. 271). Eine Verwechslung war umso leichter möglich, als beide Grabplatten dieselbe Gestaltung einschließlich derselben Ahnenwappen aufweisen.

Georg I. ist ein Sohn des Grafen Kraft VI. von Hohenlohe aus der Neuensteiner Linie († 1503) und der Gräfin Helena von Württemberg6. Er ist 1488 geboren und war in erster Ehe (1514) mit Praxedis Gräfin von Sulz († 1521) und in zweiter Ehe (1529) mit Helena Truchsessin von Waldburg († 1567) verheiratet. Bei der Landesteilung von 1511 mit seinem älteren Bruder Albrecht erhielt Georg Waldenburg, Pfedelbach, Adolzfurt und Bartenstein7. 1545 fielen ihm zudem nach dem Tod des Grafen Wolfgang Weikersheim und Schillingsfürst zu. Unter seinen Söhnen Ludwig Kasimir aus erster Ehe und Eberhard aus zweiter Ehe, den Begründern der Hauptlinien Neuenstein und Waldenburg, wurde der so vereinte Besitz 1553 wieder aufgeteilt.

Textkritischer Apparat

  1. Tironisches et-Kürzel, danach ein rundes c in Humanistischer Minuskel, dessen oberes Bogenende mit dem langen, geschwungenen Kürzungsstrich über dem Wort durch eine Schleife verbunden ist.
  2. Zur Fortsetzung der Inschrift vgl. nr. 271.B.
  3. Zum Beginn der Inschrift vgl. nr. 271.A.

Anmerkungen

  1. Rauser, Waldenburger Heimatbuch 88.
  2. Die Punkte sind nicht einzeln, sondern unter Verwendung einer Punktrasterpunze eingeschlagen.
  3. Vgl. den Kommentar.
  4. Quadriert, 1. Württemberg, 2. Teck (hier schräglinksgerautet), 3. Reichssturmfahne, 4. Mömpelgard.
  5. Linksgewendet. Gespalten, darin ein gespaltener Adler in verwechselten Tinkturen, belegt mit einer dreimal gespaltenen Brustspange. Der Verzicht auf eine Wiederholung des hohenlohischen Stammwappens für die Ahnenprobe ermöglichte die Anfügung eines (fünften) Wappens der Urgroßelterngeneration an letzter Stelle links unten. Hierfür wurde das Wappen der vornehmsten Ahnin, der Mutter der väterlichen Großmutter aus dem Fürstenhaus der Piasten, ausgewählt. Zu dieser „verschobenen Ahnenprobe“ vgl. Drös, Zur Heraldik 72.
  6. Vgl. Europ. Stammtaf. NF XVII, Taf. 4.
  7. Vgl. Fischer 1, 148.

Nachweise

  1. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Ref.-Historie I, 327.
  2. Der Lkr. Öhringen 2, 615 (erwähnt).
  3. Taddey, Hermersberg 14 (Abb.).
  4. Englert, Waldenburg 461 (erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 270 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0027009.