Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 266 Forchtenberg, Friedhofkapelle 1. H. 16. Jh.?

Beschreibung

Kritzelinschriften. Innen an der Nordwand des Langhauses; bei der Innenrenovierung der Kapelle 1955 entdeckt und von Restaurator Eckert (Bad Mergentheim) freigelegt1. Die Einträge sind mit spitzem Rötelstift regellos und in unterschiedlicher Größe unter- und nebeneinander in Brust- bis Augenhöhe auf den glatten Verputz der Wandfläche geschrieben. Die flüchtig ausgeführten Inschriften sind teilweise verblaßt oder verwischt. Wiedergabe von links nach rechts; berücksichtigt sind nur die noch einigermaßen lesbaren Einträge.

Schriftart(en): Gotische Kursive.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    Hic fuit jorịụs feṇịg̣a) De aụ[.]ạṇb) / ṣtuḍens Haị[. . .]ḅẹṛge(n)s[i]sc)

  2. B

    Hic fuit Jorịṇg Hallis

  3. C

    bast[. . . .]sd)

  4. D2

    Jọṛ feṇịg̣e) de aụ[.]anb) / Jorịụṣ sẹf) / Jṇ ẹ[.]a[. . .]ṇb)

  5. E

    Hic fuit Jorịṇg gọc̣z dẹ Hallis / st[u]d[en]s [. . . . . . .]ṇụṣg)

Kommentar

Bei den Kritzeleien handelt es sich um spontan angebrachte Verewigungen von Kirchenbesuchern, die überwiegend mit dem für derlei Inschriften üblichen hic fuit („war hier“) eingeleitet sind. Die Einträge (A) und (D) stammen von derselben Hand, eine andere führte die Inschriften (B) und (E) aus. Beide Personen könnten Studenten gewesen sein, die sich allerdings – richtige Lesung der Namen vorausgesetzt – in den Matrikeln der einschlägigen Universitäten nicht nachweisen lassen. Möglicherweise haben sich auch Schüler der Niedernhaller Lateinschule als studentes verewigt3. Mit Hallis wird jedenfalls Niedernhall oder Schwäbisch Hall, nicht Halle an der Saale, gemeint sein. Die Vornamen Jorius und Joring (?) sind Varianten des Namens Georg.

Den Schriftformen der zügig und mit geübter Hand geschriebenen Einträge zufolge dürften die Kritzeleien in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts und somit wohl noch vor Einführung der Reformation (ab 1541), angebracht worden sein. Die Wülfinger einstige Pfarrkirche diente zu dieser Zeit bereits nur mehr als Friedhofskapelle für die Pfarrei Forchtenberg4.

Textkritischer Apparat

  1. Statt g vielleicht auch cz.
  2. Letzter Buchstabe mit sehr weit unter die Grundlinie gezogenem zweiten Schaft.
  3. Vermutlich Haidelbergensis; ein Student des Namens ist allerdings in den Heidelberger Matrikeln nicht nachzuweisen. Ein Georg Friedrich Wenig aus Sinsheim, der sich 1609 in die Heidelberger Matrikel eingeschrieben hat (Matrikel Heidelberg 2, 244), kommt wegen der Namensform und wohl auch wegen der in frühere Zeit verweisenden Schriftformen hier nicht in Frage.
  4. Eintrag nur noch schwach erkennbar; vermutlich bast[ianu]s.
  5. Lesung ganz unsicher; vgl. aber Eintrag (A).
  6. Das Wort scheint nicht zu Ende geführt zu sein. Möglicherweise ist die Stelle aber auch nachträglich verwischt worden. Es sind jedenfalls keine Schriftreste mehr zu erkennen.
  7. Erster Buchstabe vielleicht e; dritter oder vierter Buchstabe mit Unterlänge.

Anmerkungen

  1. Vgl. Georg Sigmund Graf Adelmann, Denkmalpflege im Hohenloher Land, in: Hohenloher Chronik 3 (1956) Nr. 12, 1–3, hier: 2.
  2. Drei Zeilen mit großem Abstand, jeweils gegenüber der vorangehenden Zeile deutlich nach rechts versetzt. Durch die einheitliche Schrift jedoch als zusammengehörig erkennbar.
  3. So Graf Adelmann (wie Anm. 1): „… Namenseintragungen von Schülern der Niedernhaller Lateinschule, die hier wohl bei Beerdigungen singen mußten“.
  4. Zur Kapelle vgl. nr. 192.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 266 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0026605.