Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 73: Hohenlohekreis (2008)
Nr. 251 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche), Kreuzgang 1544
Beschreibung
Grabplatte des Stiftsherrn Christoph Boxberg. Im Westflügel des Kreuzgangs an der Innenseite zwischen den beiden mittleren Fenstern aufgerichtet. Sandstein. Umschrift (A) zwischen Linien; im Feld oben ein Kelch in Flachrelief, flankiert von der Jahreszahl (B); darunter drei 2:1 gestellte reliefierte Wappenschilde. Die Zeilenbegrenzung der Inschriften ist mit Hilfslinien vorgeritzt. Oberfläche absandelnd, vor allem im unteren Drittel der Platte.
Siehe Lageplan.
Maße: L. 188, B. 100, Bu. 8,2–9,0 cm (A, B).
Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.
- A
VENERABILIS · DOMINVS · / CHRISTOPHERVS · BOXPERG · HVIVS · COLLEGII · CANONICVS / · QVINTO · NONAS · MARCIAS · / DEFVNCTVS · FRATRIBVSa) · SVIS · HIC · APPOSITVS · IACET ·
- B
AN(NO) · DO(MINI) · // 1544 ·
Übersetzung:
Der ehrwürdige Herr Christoph Boxberg, Kanoniker dieses Stifts, der am 5. vor den Nonen des März (3. März) gestorben ist, liegt hier, seinen Brüdern beigesellt.
Boxberg1, Rosenbach (?)2; Mettelbach (?)3. |
Textkritischer Apparat
- Das A verkleinert und unter die stark verkürzte Cauda des ersten R gestellt.
Anmerkungen
- Linksgewendet. Auf einem Hügel stehender Steinbock.
- Geteilt, oben ein wachsender gekrönter Löwe. Zu den von Rosenbach vgl. Alberti 652.
- Drei (2:1) Schildchen, dazwischen ein sechsstrahliger Stern. Die Mettelbach waren ein Haller Patriziergeschlecht, das im 15. Jahrhundert auch in Heilbronn verbürgert war; vgl. Alberti 505. Das Wappen erscheint auch auf dem Epitaph des 1589 verstorbenen, einem Heilbronner Patriziergeschlecht entstammenden Konrad Hünder in der Stadtkirche in Wertheim (Main-Tauber-Kreis), dort innerhalb der Ahnenprobe als das mütterliche Wappen; vgl. DI 1 (Bad. Main- u. Taubergrund) nr. 270.
- Vgl. Fischer, Beiträge 166: Johannes Boxberger d. Ä., Heinrich Boxberger.
- Späterer Zusatz im Kurienverzeichnis des Obleybuchs des Stifts; vgl. Fischer, Beiträge 166. Ebd. 167 Überlegungen zur Lage des Gebäudes. Nach Knoblauch I/1, 459 befand sich das Gebäude vermutlich auf dem Gelände Marktplatz 1/2. Zu der Problematik der Lokalisierungsversuche der Kurien vgl. Knoblauch, Bauliche Entwicklung 74.
Nachweise
- Esenwein, Grabsteine, Nr. A17 (nur A teilw.).
Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 251 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0025104.
Kommentar
Die Buchstaben der Frühhumanistischen Kapitalis sind mit gleichbleibend schmaler Kerbe eingehauen und haben kräftige Dreiecksporen. Die Ausrichtung der Schäfte schwankt, häufig sind sie nach links gelehnt. Auch die Breite der Bögen differiert erheblich. Die Buchstaben sind selbst für diese Schriftart, für die schmale Proportionen typisch sind, ungewöhnlich langgestreckt. Der Schaft des durchweg mit einem I-Punkt versehenen I ist ebenso wie der Schrägschaft des N stets nach rechts ausgebuchtet. Beim H ist die Ausbuchtung des Balkens bisweilen erst nachträglich an die durchgezogene Linie angefügt worden. E kommt in kapitaler wie in doppelbogiger Form vor, O ist spitzoval. Das D zeigt verschiedene Zwischenformen zwischen einem offenen kapitalen D mit verkürztem Balken und der unzialen Form. Bemerkenswert sind außerdem die unterschiedlichen Ausformungen des A. Die Worttrenner-Quadrangel sind paragraphzeichenförmig verziert. Vom selben Steinmetzen stammen vermutlich die Öhringer Grabplatten nrr. 256–259.
Die Familie Boxberg(er) stellte im 15. und 16. Jahrhundert mehrere Stiftsherren in Öhringen4. Christoph bewohnte die der Allerheiligenvikarie gegenüber gelegene Stiftsherrenkurie, die sog. „Curia atialis“, die zuvor seinem Verwandten Heinrich Boxberger gehört hatte5. Eigenartig ist die Dreizahl der Wappen. Das linke und das untere beziehen sich möglicherweise auf die in der Inschrift angesprochenen Stiftsherren (fratres), die vermutlich im selben Grab oder jedenfalls unmittelbar daneben bestattet waren.