Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 249 Neuenstein, Oberer Torturm (sog. Bürgerturm) 1543?

Beschreibung

Wappentafel des Grafen Albrecht III. von Hohenlohe und seiner Frau Wandelbar von Zollern. Außen an der Ostseite des Rundturms in etwa 7 m Höhe eingemauert. Quadratische Tafel aus rotem Sandstein mit weit vorkragendem, als eigenes Werkstück gearbeitetem „Schutzdach“. Die Tafel ist oben und an den Längsseiten von an den Ecken überstabten Rundleisten gerahmt. In der unteren Hälfte des Feldes zwei gegeneinandergelehnte Wappenschilde, von denen der heraldisch rechte nur noch in Umrissen erkennbar, ansonsten aber völlig abgewittert ist; die obere Hälfte des Feldes jetzt leer. Hier dürfte sich ursprünglich eine Inschrift befunden haben, von der jedoch wegen der großflächigen Abwitterung der Oberfläche keinerlei Spuren mehr erhalten sind. Auf der gekehlten Unterseite des Dachs ist eine Datierung eingehauen, deren Lesung durch die fortgeschrittene Verwitterung stark beeinträchtigt wird. Insgesamt sehr schlechter Erhaltungszustand.

Maße: H. ca. 120, B. ca. 100, Bu. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno · d(omi)ni · 154̣3̣a)

Wappen:
[Hohenlohe], Zollern1.

Kommentar

Die Gotische Minuskel ist, soweit dies noch erkennbar ist, sehr regelmäßig und mit gleichbleibenden Schaftabständen eingehauen. Der A-Versal hat einen geschwungenen linken Schrägschaft mit spitz ausgezogener Bogenschwellung. Gegenüber den Gemeinen sind die Linien des Versals mit schmalerer Kerbe eingehauen. Als Trennzeichen dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe. Trotz der unsicheren Lesung läßt sich die Wappentafel aus der Kombination von Schriftresten und Form und Inhalt der dargestellten Wappen einigermaßen zuverlässig in das fünfte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts datieren. Als Bauherr gibt sich Graf Albrecht III. von Hohenlohe zu erkennen, der seit 1507 mit Gräfin Wandelbar von Zollern verheiratet war und der 1551 starb2. Die bisher völlig unbeachtete Wappentafel dokumentiert Baumaßnahmen an der Neuensteiner Stadtbefestigung um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Der bislang aufgrund einer zweiten Bauinschrift von 1620 (nr. 709) fast durchweg ins 17. Jahrhundert datierte Obere Torturm, der die Nordostecke der Stadtmauer markiert, ist somit in seinen unteren Geschossen eindeutig etwa 75 Jahre älter3. 1620 wurde er dann auf seine heutige Höhe aufgemauert und vermutlich verstärkt. Die daran erinnernde Bauinschrift wurde im obersten Geschoß genau in der Achse über der älteren Wappentafel angebracht. In der Folgezeit wurde das Bauwerk unter anderem als Nachtwächterwohnung genutzt. Seit 1982 ist hier ein Wanderheim und das Vereinslokal der Neuensteiner Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins untergebracht4.

Textkritischer Apparat

  1. Von der 5 ist nur noch der obere, gebogene Abschnitt deutlich zu erkennen. Die dritte Ziffer ist fast völlig zerstört, schwach zu erkennen ist aber noch ein etwas rechtsschräg gestellter Schaft, der – auch angesichts des relativ großen Abstands zu der 5 – eher zu einer aufgerichteten 4 als zu einer 1 gehört. Die letzte Ziffer dürfte eine spitze 3 mit kurzem, linksschrägem Balken sein. Hinter der Zahl vielleicht noch ein Trennzeichen.

Anmerkungen

  1. Das gevierte Stammwappen.
  2. Vgl. zu ihm nr. 271.
  3. Die zwei Bauphasen erkannte bereits – ohne Bezugnahme auf die vorliegende Inschrift – Knoblauch II/1, 45: „Auf eine ältere runde Bastei setzte man das oberste Geschoß … und markierte die Nahtstelle durch ein umlaufendes Gesims“.
  4. Vgl. Lamm, Im alten Neuenstein 107.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 249 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0024901.