Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 227 Niedernhall, Friedhof 1535

Beschreibung

Grabplatte des Frühmessers Ulrich Bröcklin. Ursprünglich vermutlich in der Friedhofskapelle im Boden. 1960 bei Straßenbauarbeiten im Bereich des Friedhofs aufgefunden und an der Friedhofsmauer aufgestellt. 1988 Restaurierung und Neuaufstellung innen an der westlichen Friedhofsmauer, im Eingangsbereich gegenüber der Leichenhalle unter einem Schutzdach. Als vierter Stein von links im rechten Winkel zur Wand an einem Holzgerüst verankert, so daß Vorder- und Rückseite sichtbar sind. Auf der nach Süden weisenden Vorderseite der Sandsteinplatte Sterbevermerk und Wappen der 1494 verstorbenen Margaretha Brockler (nr. 116). Die Platte wurde bereits nach einer Generation für eine Zweitverwendung genutzt. Dafür wurde sie gewendet. Auf der Rückseite der umlaufend zwischen Linien eingehauene Sterbevermerk; im Feld ein großer reliefierter Tartschenschild, darüber ein Kelch mit Hostie, der im Bogen von einem eingeritzten Schriftband umgeben ist, in dem die Umschrift mit einer Fürbitte fortgesetzt ist. Rechte obere Ecke abgebrochen. Die Inschrift wurde 1988 mit grauer Farbe unsachgemäß nachgezogen1.

Maße: L. 156, B. 83, Bu. 7,2–10,2 bzw. 5,3–7,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno domini · / M cccccxxxV · feria secvndaa) post egidij / obijtb) dominivsc) · / vdalricvs Bröckli(n) primiszari(us) jn nidr(n)hall // cui(us) anima in · Christo req(ui)escat amen

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1435 am Montag nach Ägidii (6. September) starb Herr Ulrich Bröcklin, Frühmesser zu Niedernhall. Seine Seele ruhe in Christus. Amen.

Wappen:
Bröcklin2.

Kommentar

Die Inschrift ist sehr unbeholfen ausgeführt und weit vom Idealbild der Textura entfernt. Ober- und Unterlängen sind völlig in den Mittellängenbereich eingefügt. Auffälligster Buchstabe ist das als Fremdkörper wirkende spitzovale o. Der obere Bogen des a ist mitunter völlig ausgerundet. Der Bogen von c und d ist oben rechtwinklig gebrochen und verläuft dann waagerecht. Worttrennung ist nur sporadisch beachtet. Die Jahreszahl ist von zwei paragraphzeichenförmig verzierten Quadrangeln eingefaßt. Die Versalien entstammen dem Formenschatz der Frühhumanistischen Kapitalis, charakteristisch sind die nach innen durchgebogenen Schrägschäfte, die in breiten, senkrecht geschnittenen Keilen enden. C hat einen eingestellten Zierstrich.

Ulrich Bröcklin war vermutlich ein Sohn der 1494 verstorbenen Margaretha Brockler (vgl. nr. 116). Bei seiner Beisetzung im selben Grab wurde die Grabplatte wiederverwendet. Da die Vorderseite für eine Nachbestattungsinschrift keinen Platz bot, wurde hierfür die Rückseite genutzt.

Textkritischer Apparat

  1. d spiegelverkehrt.
  2. Der senkrechte Teil des gebrochenen Bogens des b fälschlich unten nach rechts umgebrochen.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Fotos, die den früheren Zustand festhalten, in der Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
  2. Dreiblättriger Lindenzweig.

Nachweise

  1. Kdm. Künzelsau 253 (erwähnt, dat. 1435!).
  2. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 120 (nach Kdm.).
  3. Niedernhaller Grabmale.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 227 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0022708.