Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 214 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche), Kreuzgang 1523

Beschreibung

Grabplatte des Buchhändlers und Verlegers Hans Rynmann. Im Ostflügel des Kreuzgangs an der Innenseite zwischen den beiden nördlichen Fenstern aufgerichtet. Sandstein mit Messingauflage. Umschrift zwischen Ritzlinien; im Feld etwas unterhalb der Mitte eine vierpaßförmige Metallauflage mit dem Relief eines Vollwappens. Steinoberfläche stark verwittert und schichtweise absandelnd; großflächige Ausflickungen mit Zementmörtel; in der linken Hälfte restlose Zerstörung der Inschrift. Über der Wappenauflage könnte sich ursprünglich eine weitere querrechteckige Metallauflage befunden haben; die Stelle ist jetzt mit Mörtel überstrichen.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 190, B. 101,5, Bu. 7,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/3]

  1. [. . . .] d(omi)ṇi [·] 1523a) [. . .] / d[e]n [·] palmtagb) · Am · 29 tag · Martij · [s]tạṛḅ · derc) / [e]rsam · vnḍ · [. . . . . .d) – – – / – – –]

Wappen:
Rynmann1.

Kommentar

Die schmale Gotische Minuskel weist sehr regelmäßige Schaftbreiten und ‑abstände auf. Trotzdem entsteht kein geschlossenes Schriftbild aufgrund der ungewöhnlich großen und ungleichmäßigen Wortabstände sowie aufgrund der Verwendung unproportionierter arabischer Ziffern. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmig verzierte Quadrangel, deren Zierlinien die gesamte Höhe des Mittellängenbereichs einnehmen. Die Schrift weist große Ähnlichkeiten auf mit der auf der Öhringer Grabplatte der 1516 (?) verstorbenen Apollonia Hoffmann (nr. 193).

Dem Wappen nach gehörte der Verstorbene der Öhringer Familie Rynmann an. Aufgrund der falschen Lesung der Jahreszahl auf der vorliegenden Grabplatte – soweit diese überhaupt Beachtung gefunden hat –wurde bislang nicht erkannt, daß das Grabmal dem berühmten Buchhändler und Verleger Hans Rynmann zuzuordnen ist, der im Frühjahr 1523 verstorben ist2, dessen genauer Todestag offenbar aber bis jetzt nicht bekannt war. Rynmann ist um 1460 in Öhringen geboren3. Er war bis 1490 als umherziehender Buchhändler tätig, bevor er in Augsburg ansässig wurde und dort 1497 zusätzlich zu dem Buchhandel auch den Verlag von Büchern begann. Bis zu seinem Tode verlegte er insgesamt annähernd 200 Bücher vorwiegend theologischen Inhalts und wurde so zu einem der bedeutendsten Verleger seiner Zeit. Im Jahr vor seinem Tod kehrte er von Augsburg nach Öhringen zurück. Sein auf Gewölbeschlußsteinen im Langhaus der Stiftskirche sowie im nördlichen Kreuzgangflügel wiederholt vorkommendes Wappen deutet auf offenbar umfangreiche Stiftungen Rynmanns für den Kirchenbau hin (vgl. nr. 122).

Textkritischer Apparat

  1. 1525 Esenwein. Von der vierten Ziffer ist nur der untere Bogen erhalten, so daß vom Befund her keine eindeutige Entscheidung zwischen den Lesungen als 3 oder als 5 möglich ist. Allerdings fiel nur im Jahr 1523 der Palmsonntag auf den 29. März, 1525 dagegen auf den 9. April.
  2. Obere Hälfte der Buchstaben zerstört; paulitag Esenwein.
  3. Obere Abschnitte der Buchstaben zerstört, die Lesung aber durch die Schaftabstände gesichert.
  4. Die Schäfte des aus sechs oder sieben Buchstaben bestehenden Wortes sind noch sichtbar, eine sinnvolle Lesung ist aber nicht mehr möglich. Dahinter sind keinerlei Schriftreste mehr erhalten.

Anmerkungen

  1. Zwei Schräglinksbalken; vgl. nr. 184. Helmzier: über Helmwulst ein wachsender bärtiger Mann mit Stirnbinde, in der erhobenen Rechten einen Säbel schwingend, die Linke in die Hüfte gestützt. Dasselbe Vollwappen ist auch im Ostflügel des Kreuzgangs auf dem südlichen Schlußstein des Sterngewölbes sowie auf einem Gewölbeschlußstein im nördlichen Seitenschiff der Kirche dargestellt.
  2. Vgl. Künast/Schürmann 24.
  3. Zu Rynmann vgl. ausführlich German, Rynmann passim und zuletzt Künast/Schürmann 23–29; ferner: Gunther Franz, Johannes Rynmann (1460–1522), in: Öhringen. Stadt u. Stift 530–532.

Nachweise

  1. Esenwein, Grabsteine, Nr. B3 (teilw.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 214 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0021401.