Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85 Anhang 1: Stadtgottesacker (2012)

A1, Nr. 55 Bogen 55 1566–1568

Beschreibung

Ein Bibelzitat (AA) einzeilig über die ganze Breite des Bogens, ein Literaturzitat (AB) und eine religiöse Spruchdichtung (AC) dreizeilig blockweise nebeneinander gesetzt; vor allem AA und AC zu einem erheblichen Teil verwittert. Der letzte Quader des Frieses mit dem Abschluß der Inschriften AA und AC beim Wiederaufbau des Bogens versehentlich über den Pfeiler verschoben.1) Vollwappen am rechten Bogenzwickel; das Wappenbild weitgehend abgeschlagen. Ein zweites Wappen im Bogenscheitel ebenfalls beseitigt. Steinmetzzeichen am linken Bogensegment2) und am Gebälk über dem Pfeiler.3)

  1. AA (†)

    ESAI [35] DIE ERL[OSTEN] DE[S] HERRN W[ERDE]N WIDERKOMEN VND GEN [– – –]T I[– – –] EWIG FREVD[– – –] [W]ERDE[N] [– – –] WEG MVSSEN4)

  2. AB

    PELL[IT]E CORDE [M]E[T]VM MEA MEMBRA ET CREDITE VOSMET. CVM CHRISTO R[E]DITVRAa) DEO: NAM VOS GERIT [ILL]E / ET SE[C]VM [REVOCA]T MORBOS RIDETE MINACES. INFLICTOS CASVS CON[T]EMNITE ET ATRAb) SEPVLCHR[A] / DESP[V]IT[E EX]VRGENS QVO CHRISTVS PROVOCAT ITE.5) PRVDENTIV[S]

  3. AC (†)

    [I]CH FVRCHT [NICHT DEN TEVFFEL VND TODTDENN CHRISTVS IST MEI]N HERR VND GOT /DER MICH VO[N SVNDEN HAT ERLOSTDESSEN ZVKVNFFT ICH W]ARTE GETROSTc) /SEIN HIMMEL[REICH ICH SOLL ERERBENOB ICH GLEICH EINMAHL] MVS STERBEN. G(EORG) . W(ALTHER) . M(AGISTER)[ . ]d)

Übersetzung:

AB Vertreibet die Furcht aus dem Herzen und glaubt. Mein Leib wird euch mit Christus von Gott zurückgegeben werden, denn jener holt euch heraus und ruft euch zu sich. Verlacht drohende Krankheiten, verachtet den plötzlichen Tod und schmäht das abscheuliche Grab. Sich erhebend, ruft Christus (euch) heraus. Nun geht. Prudentius.

Versmaß: Fünf Hexameter (AB), sechs Reimverse (AC).

Wappen:
verloren6)

Kommentar

Die Initialen der Hexameter sind überhöht. Die Inschriften versichern den Leser nachdrücklich der Auferstehung und des ewigen Lebens.

Magister Georg Walther wurde in Wittenberg ordiniert, wirkte seit 1552 als Diakon an St. Ulrich und starb 1580.7) Den Bogen hatte er bereits zwischen 1566 und 1568 errichten lassen.8)

Textkritischer Apparat

  1. REDITVRA] Der letzte Buchstabe durch ein Spatium abgesetzt.
  2. ET ATRA] Sic! Für TAETRA.
  3. GETROST] Davor kein Wortabstand.
  4. GEORG WALTHER MAGISTER] Auflösung unsicher.

Anmerkungen

  1. Die Friesinschriften bedecken sonst nicht den verkröpften Abschnitt des Frieses über den Pfeilern. Eine Ausnahme ist Anhang 1, Nr. 74AB. Der Zeitpunkt dieser Veränderung ist nicht bekannt. Als 1980 der Dachstuhl des Bogens einstürzte, scheint der Bogen selbst unversehrt geblieben zu sein; vgl. Tietz 2004, S. 65.
  2. Siehe Anhang 2, Nr. 58, 65.
  3. Ebd., Nr. 58, 60.
  4. Jes 35,10 nach Luther; vgl. Volz 1972, S. 1221.
  5. Prudenz, Apotheosis, 1080–1084.
  6. Hz.: offener Flug.
  7. Röber 1618a, S. 163; Dreyhaupt 1, 1749, S. 1051; Delius 1953, S. 117, 136–138.
  8. G. Walther wird noch um 1590 als Bogenbesitzer genannt; Olearius 1667, fol. Sssiiijr (Nr. 46).

Zitierhinweis:
DI 85 Anhang 1, Stadtgottesacker, A1, Nr. 55 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004a1005500.