Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85 Anhang 1: Stadtgottesacker (2012)

A1, Nr. 47 Bogen 47 1566, vor 1620

Beschreibung

An der linken Frieshälfte ursprünglich wohl zwei Textblöcke (AA, AB), an der rechten nur einer (AC); die Aufteilung der Friesfläche nach Erlöschen des linken Drittels allerdings verunklärt. Allesamt Bibelzitate. In der Mitte des Frieses ein verwitterter Wappenschild mit Initialen (AD). Am Bogen ein Stiftervermerk mit Widmung und Glaubensbekenntnis (C), im Bogenscheitel ein stark verwittertes Medaillon mit Vollwappen. Der Anbringungsort des heute verlorenen Wappens der Familie Hoffmann („am Ende dieses Bogens“)1) mit Besitzvermerk (E) unbekannt. Steinmetzzeichen an Pilaster und Bogensegmenten.2)

  1. AA (†)

    Psalm. 143. HErr geh nicht ins Gerichte etc.3)

  2. AB

    [– – –] [L]EIDT / [– – –]KEIT NICH WERD SEI / [– – –]ENBAR WE[R]DE ROM 84)

  3. AC

    CHRISTVS IST [VHM VNSER S]VN[D]Ea) WILLEN ZVRSCHLAGE(N) VND VHM VNSER / MISEDAT VERWVN[..]b) DI ST[R]AFF LIGT AVF IM DAS WIER FRIDE HETEN / VND DVRCH SEIN[E] WVND[E]N SINT WIER GEHEILET ESAIA 535)

  4. AD

    W // [.]c)

  5. C (†)

    Im Jahr nach CHristi unsers Seligmachers Geburth, 1566. hat der Erbar Wolff Holtzwirth, zu Ehren und Bekäntnüß der frölichen Aufferstehung der Todten, und zum Gedächtnüs seines Geschlechts, diesen 36. Bogen erbauet.

  6. E (†)

    Dieser halbe Bogen gehört H(err)n D(octori) Laurentio Hoffmann.

Wappen:
Ritterorden vom Heiligen Grab6) (AD)
Holzwirth (?)7) (C)

Kommentar

In Schriftform und Ausführung entsprach Inschrift AA sicherlich AB und AC.

Als Subjekt ist in AC Christus eingesetzt anstelle jenes namenlosen Gottesknechts, der nach der alttestamentlichen Prophezeiung des Jesaja die Sünden der Menschen auf sich nehmen wird. Auf diese Stelle nehmen die Schriften des Neuen Testaments mehrfach Bezug.

Der Erbauer des Bogens, Wolfgang (oder Wolf) Holzwirth, war 1546 in Jerusalem zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen worden (vgl. Nr. 196) und hat sich offenkundig trotz der eindeutig altkirchlichen Ausrichtung des Ritterordens durch Anbringung des Ordenszeichens, des sogenannten Jerusalemkreuzes,6) zur Ritterwürde bekannt.

Laurentius Hoffmann (s. Nr. 431) hat seinen Anteil an der Bogenkammer von seiner Mutter Elisabeth, einer Tochter Wolfgang Holzwirths (s. Nr. 196), geerbt. Als er hier 1620 sein einziges Kind bestatten ließ (s. Nr. 413), wird er die Grablege schon in Besitz gehabt und beschriftet haben. 1639 erscheint Laurentius’ Bruder Andreas Hoffmann (1592–1665) als Besitzer des halben Bogens.8)

Textkritischer Apparat

  1. VHM VNSER SVNDE] Ergänzung nach vergleichbarer Stelle in demselben Zitat.
  2. VERWVN[..] Ergänzung unklar.
  3. W [.] Der linke Buchstabe stark beschädigt; der rechte, wahrscheinlich H für Holzwirth, fast gänzlich erloschen. Zwischen beiden der Wappenschild.

Anmerkungen

  1. Olearius 1674, S. 49.
  2. Siehe Anhang 2, Nr. 41, 60.
  3. Ps 143,2.
  4. Rö 8,18; Olearius 1674: Rom. 8. Ich halt es dafür etc.
  5. Jes 53,5.
  6. Krückenkreuz, vier kleine Kreuze in den Winkeln der Kreuzarme; vgl. Cramer 1983, S. 54–56 sowie Abb. 23–29.
  7. Drei Kugeln (?) 2 : 1; Hz.: Rumpf? Nach MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 47) das Wappen Hoffmann; bei Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, Taf. XXVII jedoch ein anderes.
  8. StAH A 1.1.7 Kap. XVII, Abt. E, Nr. 3, fol. 10v (Nr. 47). Zu A. Hoffmann s. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 65 („Geschlechts-Register der Hoffmanne“).

Zitierhinweis:
DI 85 Anhang 1, Stadtgottesacker, A1, Nr. 47 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004a1004708.