Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85 Anhang 1: Stadtgottesacker (2012)

A1, Nr. 25 Bogen 25 1562–1563

Beschreibung

Bibelzitate (AA–AC), Stiftervermerk mit Widmung und Glaubensbekenntnis (C). Am Bogen Medaillon mit Wappen und umlaufender Wappenbeischrift (E),1) heute verloren. Am Pfeiler Steinmetzzeichen.2)

  1. AA †

    Esai. 55.a) Die Gerechten werden weggerafft etc.3)

  2. AB †

    Rom. 4. Christus traditus (et)c.4)

  3. AC †

    Coloss. 3. Wenn aber CHristus euer Leben etc.5)

  4. C (†)

    ANNO . D(OMI)NI . M[DLXIII DEN 1. APRIL HABEN DIESEN 15. BOGEN DIE ERBARN VND WEISEN HERRN WOLFF LVDWIGER RATHSMEISTER SELIGER VND HERR ERASMVS VND DAVID LUDWIGER GEBRVDERE HERRN CASPAR LVDWIGERS DES ELTERN RATHSMEISTERS] / SELI[GEN SOHNE ZVM BEKENTNVS DER FROLICHEN AVFFERSTEHVNG VND ZV GEDECHTNVSZ IHRES GESCHLECHTS BAVEN LASSEN.]b)

  5. E †

    WOLFc) ER[ASMV]S DAVI[D LVDWIGER G]EBRVDERd)

Übersetzung:

AB (...) Christus ist dahingegeben worden. (...)

Wappen:
Ludwiger6)

Kommentar

Als Worttrenner stehen in C auf der Grundlinie Dreiecke.

Die Familie Ludwiger war im 16. Jh. eine der einflußreichsten in der Stadt Halle. Kaspar Ludwiger wurde 1520 in den Rat aufgenommen und wirkte von 1523 an als Worthalter des Rates, bis er 1530 zum Ratsmeister gewählt wurde. Außerdem war er Kirchvater der Moritzkirche. Er wird wohl bald nach seiner einzigen Amtszeit als Ratsmeister gestorben sein.7) Im Gegensatz zu dem 1564 gestorbenen Sohn David folgten die anderen Söhne der Ämterlaufbahn des Vaters. Wolfgang (Wolf) gehörte seit 1544 dem Rat an und stand diesem seit 1557 als Ratsmeister vor. Sein Tod im Jahr 1562 gab vermutlich Anlaß für den Bau des Schwibbogens.8) Erasmus wurde 1552 in den Rat gewählt und amtierte seit 1564 als Ratskämmerer und seit 1572 als Ratsmeister, bevor er 1579 das Zeitliche segnete.9) Beide wirkten auch als Kirchenvorsteher ihrer Gemeinde St. Moritz, Wolfgang seit 1557 bzw. 1559 und Erasmus seit 1566 bzw. 1568.10) Wolfgang Ludwiger und seine Erben führten als Eigentümer der (später so genannten) „Ratsapotheke“ einen Jahrzehnte währenden und letztlich erfolglosen Rechtsstreit gegen den Apotheker Wolfgang Holzwirth, der aufgrund eines eigenen Apothekenprivilegs von 1555 die Geschäftstätigkeit der „Ratsapotheke“ beeinträchtigte.11)

Textkritischer Apparat

  1. 55.] Sic!
  2. Die Umlaute wurden nicht nach Olearius, der die ganze Inschrift in Kleinbuchstaben wiedergibt, sondern nach den Gepflogenheiten zeitnaher und original erhaltener Inschriften des Stadtgottesackers ediert; vgl. Anhang 1, Nr. 41C, 46C.
  3. WOLF] Danach ein nicht identifizierbares Zeichen.
  4. GEBRVDER] Danach eine Zierschleife. Die von Olearius 1674, S. 29 und MBH Ms 319,2, o. S. (Nr. 25) angefügte Jahreszahl 1563 bzw. MDLXIII hat jedoch keinen Platz gehabt.

Anmerkungen

  1. Nach Tietz 2004, S. 100; ergänzt nach MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 25).
  2. Siehe Anhang 2, Nr. 15, 35.
  3. Nach Jes 57,1.
  4. Nach Rm 4,25.
  5. Kol 3,4.
  6. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, Taf. XXVIII.
  7. StAH H B 2, S. 62 f., 65, 67; Dreyhaupt 2, 1750, S. 343 und Beylage B, S. 88 („Geschlechts-Register derer von Ludwiger“).
  8. StAH H B 2, S. 74 f., 77, 79 f., 82; Dreyhaupt 2, 1750, S. 343; Hünicken 14, 1938, S. 276.
  9. StAH H B 2, S. 78 f., 81 f., 84 f., 87–89, 91; Dreyhaupt 2, 1750, S. 343; Hünicken 14, 1938, S. 276.
  10. Schubart 1662, fol. E4v; Olearius 1667, S. 71: 1559 und 1568; Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 88 („Geschlechts-Register derer von Ludwiger“): 1557 und 1566. Die Differenzen sind vermutlich dem Umstand geschuldet, daß die Autoren nicht zwischen den einzelnen Ämtern innerhalb des Gemeindevorstands unterscheiden. Doch müssen sich die für Wolfgang und Erasmus überlieferten Jahresangaben nicht widersprechen. Sie könnten die Wahl als Achtmann und – jeweils zwei Jahre später – als Kirchvater der Moritzgemeinde anzeigen; vgl. Einleitung, S. XVIII.
  11. Neuß 1935a, S. 11 f.; zu W. Holzwirth s. Nr. 196.

Zitierhinweis:
DI 85 Anhang 1, Stadtgottesacker, A1, Nr. 25 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004a1002502.