Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 483† Stadtgottesacker 1640

Beschreibung

Grabmal für Dr. Andreas Merck, einst in der Bogenkammer 65, heute verloren. Die Schriftform und die Art der Ausführung von Weiheformel, Sterbevermerk, Grabbezeugung (A), Totenlob und Autorenvermerk (B) nicht bekannt.

Nach Olearius 1667.

  1. A

    D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRUM) / ANDREAS MERCKIUS, / (Sanctissimae)a) Theol(ogiae) D(octor) Archi=Episcop(atus) Magdeb(urgensis) Superinten=/dens Generalis, Pastor ad B(eatam) Virg(inem) (et)b) Scholarcha Natus est / Qverfurti 30. Novemb(ris) 1595. Denatus Hallaec) 7. Januar(ii) 1640. / cujus ossa hic beatam expectant resurrectionem, Grata vero / posteritati memoria manet in benedictione.

  2. B

    Merckius Eusebiesd) specular, Probitatis agalma, /Exemplar Sophiese), Euepiesq(ve)f) jubar. /qvod testatur / Gueinzius.

Übersetzung:

A Gott, dem Besten und Höchsten, geweiht. Andreas Merck, der heiligsten Theologie Doktor (und) Generalsuperintendent des Erzbistums Magdeburg, Pfarrer (der Kirche) zur seligen Jungfrau und Schulinspektor, wurde in Querfurt am 30. (Tag des) November 1595 geboren und starb in Halle am 7. Januar 1640. Seine Gebeine erwarten hier die selige Auferstehung. In der Lobpreisung bleibt der Nachkommenschaft eine liebwerte Erinnerung.

B Merck war ein Spiegel der Gottesfurcht, ein Schmuckstück der Rechtschaffenheit, ein Ebenbild der Weisheit und ein Licht der Wohlredenheit, was Gueintzius bezeugt.

Versmaß: Elegisches Distichon (B).

Kommentar

Der Prosateil der Inschrift ist bei Gottfried Olearius zentriert und ab der zweiten Zeile mit stetig verkleinertem Schriftgrad wiedergegeben. Darin spiegelt sich möglicherweise die Textgestaltung des verlorenen Originals.

Andreas Merck studierte in Helmstedt, Wittenberg und Jena. 1617 erhielt er einen Ruf als Archidiakon an die Marktkirche in Halle und folgte 1623 dem verstorbenen Oberpfarrer und Superintendenten Johannes Olearius (s. Nr. 421) im Amt nach. Da der Rat der Stadt Wert darauf legte, daß dieses Amt von einem promovierten Theologen wahrgenommen wurde, sandte man Merck nach Jena, wo er im Dezember 1624 den Doktortitel erwarb. 1632 wurde er Vorsitzender des Kirchenkonsistoriums, das während der schwedischen Herrschaft für das Erzstift Magdeburg gebildet worden war. 1634 berief man ihn zum Generalsuperintendenten des Erzstifts. Johann Christoph von Dreyhaupt schreibt, Merck soll „ein eyfriger und darbey eigensinniger Mann“ gewesen sein, „daher er viel Verdruß auch mit den damahls zu Halle sich einschleichenden Schwärmereyen des Weigelii und Ezechiel Meths“ gehabt haben soll.1)

Der sächsische Pfarrer Valentin Weigel (1533–1588) geriet erst nach seinem Tod in Verdacht, Irrlehren verbreitet zu haben. Seine Schriften erlangten im 17. Jh. eine größere Verbreitung und Wirkung.2) Der aus dem thüringischen (Bad) Langensalza stammende Ezechiel Meth muß schon zu Lebzeiten eine geistliche Wirkung entfaltet haben, da ihn Kurfürst Johann Georg I. 1614 vor dem kursächsischen Oberkonsistorium in Dresden verhören und anschließend arretieren ließ. Meth mußte mehrfach zum Widerruf seiner Lehren bewegt werden und soll schließlich doch in der Gemeinschaft der lutherischen Kirche 1640 gestorben sein.3)

Christian Gueintzius, ein vielseitig gelehrter Mann, war seit 1627 Rektor des hallischen Stadtgymnasiums (s. Nr. 523). Er umkleidete sein Totenlob (B) mit philologischer Gelehrtheit, indem er aus je vier griechischen (eusebia, agalma, sophia, euepia) und lateinischen Worten (specular, probitas, exemplar und iubar) – den Sprachen der antik-klassischen Dichtung – und dem Namen des Bewidmeten ein elegisches Distichon schuf.

Textkritischer Apparat

  1. Sanctissimae] Olearius 1667: SS.
  2. et] Olearius 1667: et-Ligatur.
  3. Hallae] Dreyhaupt: Halae.
  4. Eusebies] Genitiv des griechischen Wortes Eusebia.
  5. Sophies] Genitiv des griechischen Wortes Sophia.
  6. Euepiesqve] Genitiv des griechischen Wortes Euepia mit der lateinischen Nachsilbe -que. Eusebiesqve Olearius 1674, Dreyhaupt.

Anmerkungen

  1. Dreyhaupt 2, 1750, S. 669 und Beylage B, S. 94 („Geschlechts-Register derer Mercke“); Hertzberg 2, 1891, S. 349, 435; Jacobs 1897, S. 205–207, 290–292 (Nr. 20). Zur schwedischen Herrschaft im Erzstift s. Einleitung, S. XIX; zu A. Merck s. auch Nr. 510.
  2. ADB 41, 1896, S. 472–476 (Georg Müller).
  3. Zedler 20, 1739, Sp. 1288–1291; ADB 21, 1885, S. 510 f. (P. Tschackert).

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 65).
  2. Olearius 1667, S. 411.
  3. Olearius 1674, S. 73 f.
  4. Dreyhaupt 2, 1750, S. 669.
  5. Dähne 1830, S. 106 (A unvollständig).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 483† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0048302.