Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 461† Laurentiuskirchhof 1635 oder danach

Beschreibung

Grabstein für Ursula Krause und Jakob Weber und deren Kinder „aufn freyen Platze“, heute verloren. Sterbevermerke und Grabbezeugung, Stiftervermerk mit Widmung (A) und ein Glaubensbekenntnis (B), „so auf einem blechern Täflein gegend abendwerts zu lesen“.1) Die Schriftform der vermutlich aufgemalten Inschriften nicht überliefert.

Nach Olearius 1674.

  1. A

    Hic siti sacri cineres sunt (et)a) sita ossa JACOBI WEBERS civis in Novo foro senatorii Anno Christiano MDCXI. 20. Oct(obris) defuncti, (et)a) Conjugis ejus Ursulae Krausin, A(nno) C(hristi) 1620. 8. Apr(ilis) denatae, qvibus accubuab) qvinae prolis reliqvaria, Mariae I. Mariae II. Johannis, Jacobi, Godofredi, (et)a) filius Christianus Weber sacrarum Literarum D(octor) hujus Ecclesiae Pastor in traducis ac generis honorem fieri fecit.

  2. B

    Symb(olum) Nic(aenum) Et expectoc) resurrectionem mortuorum, (et)a) vitam venturi seculi.2)

Übersetzung:

A Hier liegen begraben die heiligen Aschen und die Gebeine Jakob Webers, des ratssässigen Bürgers auf dem Neumarkt, verschieden im Jahr der Christwerdung 1611, am 20. Oktober, und seiner Ehefrau Ursula Krause verstorben im Jahre Christi 1620, am 8. April. Bei ihnen liegen die Überreste von fünf Kindern, Maria I., Maria II., Johannes, Jakob und Gottfried. Und der Sohn Christian Weber, der Heiligen Schrift Doktor (und) Pfarrer dieser Kirche, ließ (dieses) zu Ehren des Sprosses und des Geschlechts fertigen.

B Das Nicaenische Bekenntnis: Und ich erwarte die Auferstehung der Toten und ein Leben im Zeitalter, das kommen wird.

Kommentar

Jakob Weber war Schneider und Ratsverwandter. Sein Sohn Christian (1600–1664), der Stifter des Grabmals, besuchte das Stadtgymnasium in Halle und konnte nach Erlangung eines Stipendiums des Administrators Christian Wilhelm seine Studien an den Universitäten Leipzig, Wittenberg und Jena über acht Jahre fortsetzen. 1627 sukzedierte er dem Andreas Lampius (s. Nr. 355) als Pfarrer von St. Laurentius und blieb in der Pfarrei bis zu seinem Lebensende. 1632 disputierte er unter dem berühmten Theologen Johann Gerhard in Jena und wurde 1635 promoviert. Seine Promotion gibt den terminus post quem für die Anfertigung des Grabmals. Weber ist auch als theologischer Autor hervorgetreten.3)

Inschrift B umfaßt die letzten beiden Sätze des Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum, das gemeinhin als Symbolum Nicaenum bezeichnet wird. Es gehörte außer dem Symbolum Apostolicum und dem Symbolum Athanasium zu den im Konkordienbuch zusammengefaßten lutherischen Lehrschriften. Die drei altkirchlichen Bekenntnisse galten als gültige Auslegung der Bibel und Grundlage des Augsburger Bekenntnisses von 1530. Dementsprechend wurde das Symbolum Nicaenum bis ins 18. Jh. hinein im lutherischen Gottesdienst vorgetragen.4)

Textkritischer Apparat

  1. et] Olearius: et-Ligatur.
  2. accubua] Sic! Wohl für accubita.
  3. expecto] Sic! Für exspecto.

Anmerkungen

  1. Alle Zitate nach Olearius 1674, S. 188.
  2. Vgl. Staats 1996, S. 21.
  3. Dreyhaupt 2, 1750, S. 746, 771.
  4. TRE 24, 1994, S. 454 f. (Wolf-Dieter Hauschild).

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 188.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 461† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0046106.