Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 378† Ulrichskirche 1613

Beschreibung

Epitaph für Jakob Michael Mühlbeck „unten nach der Cantzel“, das zu einem unbekannten Zeitpunkt verlorenging. „Daran der Streit und Sieg Michaels wiedern Drachen: item Jacobs Kampf mit dem Sohn Gottes mit der Beyschrift oder Sprüchen“, nämlich Bibelzitaten (A, B). „Auch etliche Tugendbilder zu sehen, ingleichen 6. Manns- und 9. Weibspersonen kniend.“1) Zuletzt eine Weiheformel, ein Sterbevermerk mit knappen biographischen Angaben und ein Stiftervermerk (C). Die figürlichen Darstellungen und vermutlich auch die Inschriften gemalt.

Nach Olearius 1674.

  1. A

    Nunc facta est salus (et)c.a)2)

  2. B

    non dimittam te (et)c.a)3)

  3. C

    DEO TRINUNI SACRUM. / JACOB MICHAEL MULBECK, Reip(ublicae) patriae per XIX. annos Consul, publice (et)b) privatim bene meritus, aerumnosam vitae hujus fragilitatem considerans, spe secuturae aeternae beatitudinis, qvam Christus JESUS Judex justissimus in magno illo manifestationis justorum die, omnibus gloriosum ipsius adventum expectantibus, est daturus, Monumentum hoc sibi suisq(ve) poni curavit pie defunctus, Anno Christi M DC.XIII. d(ie) 15. m(ense) Junii, ae(tatis) suae 54.

Übersetzung:

A Nun ist das Heil gemacht (...).

B Ich werde dich nicht loslassen (...).

C Dem dreieinigen Gott geweiht. Jakob Michael Mühlbeck, der Gemeinde der Vaterstadt über 19 Jahre Ratsmeister, öffentlich und privat wohlverdient, hat, die kummervolle Brüchigkeit seines Lebens bedenkend, in der Hoffnung auf die folgende ewige Seligkeit, die Jesus Christus, der gerechteste Richter, an jenem großen Tag (seiner) Erscheinung vor den Gerechten, die alle seinen ruhmreichen Einzug erwarten, geben wird, dieses Denkmal sich und den Seinen errichten lassen. Er starb fromm im Jahr Christi 1613, am 15. Tag des Monats Juni, seines Alters 54 (Jahre).

Kommentar

Auffällig an dieser Grabinschrift sind die mit der Inschrift des Epitaphs von Balthasar Brunner übereinstimmenden Phrasen (vgl. Nr. 362). Der Junktur auf dem Mühlbeck-Epitaph aerumnosam vitae hujus fragilitatem considerans entspricht die auf dem Brunner-Epitaph: instabilitatem hujus aerumnosae vitae qvotidie considerando. Heißt es hier: Christus JESUS Judex justissimus, steht dort: a JESU Christo justo (...) judice. Auch der Stiftungsvermerk ist so ähnlich, daß man vermuten darf, daß die Grabinschriften für Michael Mühlbeck und Brunner denselben Verfasser oder eine ähnliche Vorlage hatten. Die Bildthemen des Epitaphs sind offensichtlich nach dem Namen des Verstorbenen ausgewählt, eine Gepflogenheit, die sich anderswo häufig, in Halle eher selten findet (s. Nr. 431, 517). Jakob Michael Mühlbeck war dreimal verheiratet; die Namen seiner zahlreichen Kinder sind nicht alle überliefert.4)

Der angesehene Jakob Michael Mühlbeck (1559–1613) wurde 1589 zum Achtmann und 1592 zum Kirchvater der Ulrichskirche gewählt. In demselben Jahr erhielt er auch das Burggrafenamt übertragen, das er bis 1599 ausübte.5) Seit 1587 dem Rat angehörend, wurde er 1592 zum Worthalter und 1594 zum ersten Mal zum Ratsmeister gewählt. Er bekleidete dieses Amt in turnusmäßigem Wechsel bis 1613, als er in seiner achten Amtszeit starb.6) Sein Vater war der Ratsverwandte Jakob Michael (Mühlbeck), der 1566 den 50. Bogen des Stadtgottesackers errichten ließ (Anhang 1, Nr. 50).

In den gedruckten Listen der Ratsmeister wird der Verstorbene als Jakob Michael geführt,7) in allen übrigen gedruckten Amtslisten als Jakob Michael Mühlbeck.8) Ein „Senatus Hallensis“ benanntes ungedrucktes Verzeichnis der von 1405 bis 1655 amtierenden Ratsmitglieder führt die Angehörigen der Familie sowohl unter dem Namen „Michael“ als auch „Mühlbeck“.9) Das Totenregister der Marktkirche führt alle Familienangehörigen – darunter aber keine aus der Linie mit dem Leitnamen Jakob – nur unter dem Familiennamen „Mülbeck“.10) Nach Johann Christoph von Dreyhaupt trug schon Clemens Michael (gestorben vor 1528), der Stammvater der beiden hallischen Hauptlinien der Familie und Urgroßvater des Verstorbenen, den Zusatznamen „Mühlbeck“.11) Der Nachname „Michael“ erscheint in Dreyhaupts Stemma hingegen nur zweimal. Offensichtlich wurde der Familienname nicht konsequent in ein und derselben Form gebraucht, wie die Überlieferung zu Jakob Michael zeigt.

Textkritischer Apparat

  1. etc.] Olearius 1674: et-Ligatur und c.
  2. et] Olearius 1674: et-Ligatur.

Anmerkungen

  1. Alle Zitate nach Olearius 1674, S. 172.
  2. Apc 12,10.
  3. Gn 32,26.
  4. Vgl. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 96 („Geschlechts-Register derer Mühlbecke“).
  5. Röber 1618a, S. 171, 173; Olearius 1667, S. 61; zum Burggrafenamt s. Einleitung, S. XIII.
  6. StAH H B 2, S. 95, 97–102, 104 f., 107 f.
  7. Olearius 1667, S. 59 f.; Dreyhaupt 2, 1750, S. 344. In einer kopial überlieferten Glockeninschrift von 1600 ebenfalls nur „Jakob Michael“; vgl. Nr. 313.
  8. Vgl. Anm. 5.
  9. So wird z. B. Sebastian Michael Mühlbeck 1556 und 1559 „Bastian Michael“, 1562 und 1565 aber „Bastian Mülbeck“ bzw. „Molbeck“ genannt; StAH H B 2, S. 80 f., 83 f.
  10. Vgl. Hünicken 14, 1938, S. 293.
  11. Dreyhaupt 2, 1750 (wie Anm. 4). Vielleicht erhielt Clemens Michael den Namenszusatz nach seinem Herkunftsort Mühlbeck bei Bitterfeld (nordöstlich von Halle), ähnlich der Familie von Wiehe aus Wiehe in Thüringen; siehe Anhang 1, Nr. 44.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S. (C).
  2. Olearius 1667, S. 357 f. (C unvollständig).
  3. Olearius 1674, S. 172.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 378† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0037806.