Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 358† Moritzkirche 1609, 1610

Beschreibung

Epitaph für Sebastian und Anna Dreisse sowie Peter und Barbara Eisenberg, „fein geschnitzt und gemahlt“, „zur rechten Seiten des Altars“, heute verloren. „Darinn die Verklährung Christi und Eliae Himmelfahrt nebst andern Zierrath, Tugendbildern, auch einem Crucifix; darunter 2. Mann- und 2. Weibspersonen zu sehen“1) und eine Inschrift mit Stiftervermerk, Widmung und Glaubensbekenntnis, Sterbevermerken und Segenswunsch zu lesen. Die Schriftform nicht bekannt, das Epitaph heute verloren.

Nach Olearius.

  1. Anno 1609. den Montag vor Michaelis, hatt die Tugendsame Frau Barbara Eisenbergerin, zum Zeugnuß der fröl(ichen) Auferstehung, zum Zier der Christlichen Kirchen, und zum Gedächtnuß hierunter geschriebner Personen, das schöne Epitaphium beyna) Altar setzen lassen.b) Als da im Gott den HErrn sel(iglich) entschlaffen A(nno) 1574. den 29. Mart(ii) der Erbare und wohlgeachte Sebastian Dreissec) Seines Alters im 63. Jahr, A(nno) 1604. die Tugendsame Fr(au) Anna Dreissin,d) ihres Alters im 64. Jahr. A(nno) 1593. d(er) Ehrenveste und wohlweise Herr Peter Eisenberg, Worthalter, Seines Alters im 43. Jahr. A(nno) 1610. Die Tugendsame Fr(au) Barbara Eisenbergin, ihres Alters im 60. Jahr. Gott verleihe ihnen allen eine fröl(iche) Auferst(ehung) zum ewigen leben Amen.e)

Datum: 1609 September 25.

Kommentar

Die Kürzungen wurden in moderner Schreibweise aufgelöst.

Sebastian Dreisse, vermutlich der Vater Barbara Eisenbergs, soll als Worthalter einer der sechs Innungsoder der acht Gemeinenvertreter gewesen sein, die im engeren Rat saßen.2) Seine Witwe Anna tat sich als Stifterin für die Moritzkirche hervor (s. Nr. 270, 331). Ihr aus der Inschrift zu erschließendes Geburtsjahr um 1540 läßt erkennen, daß sie nicht die Mutter der nur ein Jahrzehnt jüngeren Barbara gewesen sein kann. Für ihre Verwandtschaft mit Barbara spricht aber, daß sie allem Anschein nach auf dem Stadtgottesacker neben Barbara Eisenberg bestattet war (s. Nr. 326, 367).

Barbaras Gemahl, Peter Eisenberg, saß erstmals 1575 (?) und seit 1584 kontinuierlich im Rat und wurde 1590 zum Geheimen Herrn gewählt.3) Ein Jahr zuvor schon kürte man ihn zum Kirchenvorsteher der Moritzgemeinde.4) Seine Initialen sind möglicherweise mehrfach in der Moritzkirche zu finden (s. Nr. 256, 270).

Da das Epitaph laut Inschrift 1609 gestiftet worden war, muß der Sterbevermerk der Barbara Eisenberg nachgetragen worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. beyn] Sic!
  2. lassen.] Olearius: lassen /.
  3. Dreisse] Treisse Schubart.
  4. Dreissin] Treissin Schubart.
  5. Schrägstriche bei Olearius wurden hier durch Kommata ersetzt.

Anmerkungen

  1. Olearius 1674, S. 173. Der Standort war die Chornordseite; Olearius 1667, S. 353.
  2. So Kirchner 1761, Sp. 362, was sich archivalisch bislang aber nicht belegen ließ. Zu den Worthaltern s. Einleitung, S. XIV.
  3. StAH H B 2, S. 89, 94 f., 97. Vielleicht ist er auch mit dem gleichnamigen Talschöppen der Jahre 1575 und 1586 identisch; ebd., fol. 90r, 92v. Zum Geheimen Herrn s. Einleitung, S. XIV.
  4. Bindseil 1856, S. 15.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Schubart 1662, fol. E2v, E3r.
  3. Olearius 1674, S. 173.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 358† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0035804.