Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 357(†) Stadtgottesacker (1609)

Beschreibung

Fragment eines Grabmals für Judith Leuder in Form einer schmalen Platte aus Sandstein, ursprünglich auf dem freien Gelände liegend, heute in Bogen 30 aufbewahrt. Zeitgleich eingehauene Vertikal- (A) und Horizontalbeschriftung mit Sterbevermerk, Segenswunsch und Bibelzitat (B); die beiden verwitterten Schriftfelder durch eine parallel zu A verlaufende Nut getrennt. Die Position eines weiteren Bibelzitats (C) nicht überliefert.

C und Ergänzungen in B teilweise nach Olearius.

Maße: H.: 61 cm; B.: 29 cm; T.: 10,5 cm; Bu.: 3 cm (A), 2,8 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    [- - -] MEIN · VERGES[SEN]1) [- - -] / [- - -] DICH · GEZICH[- - -]

  2. B

    [ANNO 1609. 12. IVNII VMB] · 4· VH/[R NACH MITTAGE IST DIE ERBARE VND EHRENTVGE]NTSA=/[ME FRAV IVDITH LEVDERS] [- - -]Na) · OB=/[GEDACHTES ANDREAS] HVIVFS · / [DES ELTERN BORNSCHREIBERS EHELICHE] · HAVS/[FRAV IHRES ALTERS 72. IAHR G]O/[TTSELIG ENTSCHLAFFEN] [- - -]=b) / [- - -]ERNN / [- - -] [DER ALLM]ECH=/[TIGE GOTT WOLLE IHR AM IVNGSTEN T]AGE · / [- - -] [AVFFERSTE]HVNG / [- - -] [VER]LEIHE/[- - -]E[- - -] / [- - -]

  3. C †

    HIOB. 19. ICH WEIS DAS MEIN ERLOSER [- - -]c)2)

Kommentar

Die Buchstaben sind breit proportioniert und mit z. T. auffällig kräftigen, keilförmig verbreiterten Schaft-, Bogen- und Balkenenden verziert. Das M hat Schrägschäfte und einen kurzen Mittelteil; die Bögen von C, D und G sind halbkreisförmig. Der untere Balken des Z ist geschwungen.

Das Todesdatum der Verstorbenen (B) markiert die Position des Fragments innerhalb des verlorenen Grabmals. Das vorliegende Stück umfaßt vermutlich etwas weniger als das rechte obere Achtel oder gar Zehntel einer hochrechteckigen Platte, die umlaufend zweizeilig und in dem durch eine Nut abgesetzten Binnenfeld blockweise beschriftet war. Obwohl einzelne Abschnitte von Original und Überlieferung nicht in Übereinstimmung zu bringen sind, weil die Zeilen nach dem am Original ablesbaren Zeilenumbruch sehr unterschiedliche Längen aufgewiesen haben müßten, handelt es sich zweifellos um ein Fragment der bei Johann Gottfried Olearius kopial überlieferten Grabinschrift. Der Abgleich von Original und Parallelüberlieferung erweist, daß die von Olearius veröffentlichte Grabinschrift im Anschluß an den Sterbevermerk nicht wortgenau und vollständig wiedergegeben sein kann.

Judith war die Ehefrau des Andreas Hujuff d. Ä. (1530–1607), der neben ihr beigesetzt war (s. Nr. 348).

Textkritischer Apparat

  1. [- - -]N] Der gut lesbare Buchstabe ist nicht mit der kopialen Überlieferung in Übereinstimmung zu bringen.
  2. [- - -]=] Das gut lesbare Trennungszeichen kann im kopial überlieferten Textzusammenhang nicht plaziert werden.
  3. Nach dem letzten Wort schließt Olearius mit etc. Schreibung nach zeitgenössischer Gepflogenheit.

Anmerkungen

  1. Nach Hi 19,14?
  2. Hi 19,25.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 3, o. S. (B und C unvollständig).
  2. Olearius 1674, S. 151 (B und C unvollständig).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 357(†) (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0035707.