Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 334† Stadtgottesacker 1604

Beschreibung

Grabmal für M. Michael Jering, „dessen Bildnüß nach Lebens-Grösse in Stein gehauen“,1) heute verloren. Schriftform und Art der Ausführung der Inschrift, ein Sterbevermerk mit biographischen Angaben und Initialen, nicht bekannt.

Nach Olearius.

  1. Anno 1604. den 29. Julii der Ehrwürdige Achtbare und Wohlgelahrte Herr Mag(ister) Michaël Jeringius Pfarrer zu St. Moritz, Senior Ministerii, seines Alters im 78. Jahr, nach dem er der Kirchen 40. der Schulen ins 15. Jahr treulich allhier gedienet, und in wahrer Anruffung dem Sohn GOttes seine Seele befohlen, H. E. G. R.a)

Kommentar

Michael Jering stammte aus dem Städtchen Schmölln im Altenburger Land (Thüringen), besuchte die berühmte Stadtschule in Zwickau und immatrikulierte sich in Wittenberg. An der Leucorea hörte er auch Vorlesungen Luthers.2) Nach Aufenthalten in Querfurt und Halle wurde er 1558 Rektor der Stadtschule in Joachimsthal (böhmisches Erzgebirge) und versah seit 1560 das gleiche Amt in Halle. Mehr als die Hälfte seines Lebens, nämlich 40 Jahre lang, soll er Pfarrer an der Moritzkirche und in den letzten Lebensjahren Senior der hallischen Geistlichkeit gewesen sein.3)

Über das Todesdatum des im 78. Lebensjahr Verstorbenen gibt es widersprüchliche Angaben.4) Am verläßlichsten erscheint die Datumsangabe seines Grabmals auf dem Stadtgottesacker, die zudem nur um einen Tag von der abweicht, die der Pfarrer Andreas Christoph Schubart – 1658 Amtsnachfolger Jerings – überliefert. Träfe das zu, kann Jering aber nicht, wie in der Grabinschrift steht, 40 Jahre der Moritzgemeinde vorgestanden haben. Der Einweihung des neuen Stadtgymnasiums im ehemaligen Barfüßerkloster am 17. August 1565 hat er noch als Rektor beigewohnt,5) bevor er das Pfarramt der Moritzkirche übernahm. Er ist also im 39. Jahr seines seelsorgerischen Wirkens gestorben. Die Angabe, Jering habe der Schulen ins 15. Jahr treulich allhier gedienet, kann sich nur auf die Gesamtdauer seines Schuldienstes beziehen.6) 1605 erhöhte Jerings Witwe Rebecca ein Stiftungskapital ihres verstorbenen Ehemanns auf 150 Gulden, deren Zinsen vertriebenen lutherischen Predigern zugute kommen sollten.7)

Textkritischer Apparat

  1. Schrägstriche bei Olearius wurden hier durch Kommata ersetzt.

Anmerkungen

  1. Olearius 1674, S. 149.
  2. So Schubart 1662, fol. F1v und Dreyhaupt 2, 1750, S. 644; nach Eckstein 1850, S. 4 aber Student und Magister in Leipzig.
  3. Schubart 1662, fol. F1v, F2r; Mittag 1, 1744, S. 17 f.; Dreyhaupt 2, 1750, S. 644. Siehe auch Nr. 335.
  4. Schubart 1662, fol. F2r und Eckstein 1850, S. 4: 30. Juli 1604; Olearius 1667, S. 83: 1608; Dreyhaupt 2, 1750, S. 644: 3. Juli 1607.
  5. Dreyhaupt 2, 1750, S. 193 f., 197. Vgl. auch Einleitung, S. XXV.
  6. Die unterschiedlichen Jahresangaben der Inschriften Nr. 334 und 335 sind sicherlich so zu verstehen, daß Jering 14 Jahre im Schuldienst abgeschlossen hatte und, im 15. Jahr stehend, ausgeschieden war.
  7. Wolf 1856, S. 54.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 3, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 149.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 334† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0033404.