Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 240 Laurentiuskirche 1585

Beschreibung

Grabstein aus Sandstein für Sabina Göbel, in der östlichen Außenwand der Kirche eingemauert. In die schmucklose, mit einem Segmentbogen abschließende Platte mehrere Inschriften übereinander eingehauen: Sterbevermerk und Segenswunsch (A), Bibelzitat (B), Spruchdichtung (C), Grabbezeugung als Chronostichon (D). Am unteren Ende der Platte eine kreisrunde Vertiefung, in die wohl ein aus anderem Material gefertigtes Medaillon eingelassen war. Beschädigungen, vor allem in der unteren Hälfte.

Ergänzung nach Olearius.

Maße: H.: ca. 161 cm; B.: 89,5 cm; Bu.: 3,5 cm (A, B, C), 3 cm (D), 4,5 cm (Versalien, D).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    A(N)NO CHRISTI 1585 SONNABENDS NAC[H] / MARIAE MAGDALENAE DEN · 24 · IVLII / FRVE ZWISCHEN 4 VND 5 VHR IST DIE / ERBARE VND THVGENTSAME FRAW / SABINA IOHANN GOBELS DES SCH[VL]/MEISTERS EHELICHE HAVSFRAW [IN]a) / WAREM GLAVBEN AN DEN HER[RN]b) / CHRISTVM SANFTE VND SELIGLI[CH] / ENTSCHLAFFEN GOT VERLEIHE I[HR] / EINE FROLICHE AVFFERSTEHVNG / ZVM EWIGEN LEBEN

  2. B

    PSALM · 73 / HERR WENN ICH NVR DICH HABE / SO FRAGE ICH NICHTS NACH HIMEL / VND ERDEN, WENN MIR GLEICH LEIB / VND SEEL VERSCHMACHT, SO BISTV / DOCH GOT ALLEZEIT MEINES / HERTZEN TROST, VND MEIN THEIL1)

  3. C

    DVRCH DEINE WVNDNc) HERR IESV CHRIST /BIN ICH GEHEILT, DAS IST GEWIS, /MIT DEINEM BLVT BIN ICH ERLOST /DAS IST MEIN RVHM VND HOCHSTER TROS[T]d)

  4. D

    ANNVS OBITVS /MVNERE QVI TE EST ATQVE TO[RO] / [GERL]ACHE SECVTVS /[GOB]ELII HOC T[EG]IT[VR COSTA] / [SABIN]A SOLO

Übersetzung:

D Das Jahr des Todes. Von diesem Boden wird Sabine bedeckt, die Rippe Göbels, der dir, Gerlach, im Amt und im Ehelager nachfolgte.

Versmaß: Vier Reimverse (C), ein elegisches Distichon (2. und 3. Zeile von D).

Kommentar

Die ziemlich regelmäßig ausgeführten Buchstaben weisen eine gleichbleibende Strichstärke bei Balken, Schäften und Bogenschwellungen auf. Die Buchstaben zeichnen mitunter kräftige, keilförmige Sporen aus. Das A ist manchmal nach rechts geneigt. Die Bögen des B sowie Bogen und Cauda des R berühren einander in der Schaftmitte nicht. Hervorhebenswert ist die Bildung des Q mit einer waagerechten Cauda, die ein rechtsschräger Ansatzstrich mit dem geschlossenen Bogen verbindet. Das Wort ANNO, der erste Buchstabe jeder Inschrift sowie alle als römische Zahlzeichen zu deutenden Buchstaben der Inschrift D, ein Chronostichon, sind überhöht. Letztere ergeben die Jahreszahl 1585.

Der erste Ehemann der Sabine Göbel, Nikolaus Gerlach, war Schulmeister auf dem Neumarkt und ist 1580 gestorben. Sein Grabstein ist ebenfalls erhalten (Nr. 219). Johann Göbel ist sein Nachfolger gewesen. Die Wendung GOBELII COSTA in Inschrift D ist eine Anspielung auf die Urmutter Eva, die Gott aus einer Rippe Adams schuf und diesem zur Gefährtin gab.

Textkritischer Apparat

  1. IN] Verlorener Text frei ergänzt.
  2. HERRN] In moderner Schreibweise ergänzt. Bei Olearius folgt die Initiale des Wortes J(esum), für das aber am Ende der Zeile zuwenig Platz ist.
  3. WVNDN] Sic! Kein Kürzungszeichen; danach kein Wortabstand.
  4. TROST] Ergänzung unsicher. Nach dem S kaum noch Raum für einen weiteren Buchstaben.

Anmerkungen

  1. Ps 73,25–26 nach Luther; vgl. Volz 1972, S. 1028.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 187.
  3. Wagner 1906, S. 45 (C).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 240 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0024007.