Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 175(†) Stadtgottesacker 1559

Beschreibung

Dreiteiliges Epitaph aus Sandstein für Peter Weißker, „dessen Bildnüß nach Lebensgrösse in Stein gehauen. Hiernechst, zu beyden Seiten, noch 2 Bilder zweyer alter Männer in Stein nach Lebens grösse gehauen.“1) Alle drei Reliefplatten nebeneinander in die Rückwand der Bogenkammer 16 eingelassen und von gleicher Gestaltung: flache Dreipaßnische mit ganzfigürlicher Darstellung eines Mannes, bekleidet mit einer Schaube. Die mittlere Platte aber deutlich größer; darauf ein alter bärtiger Mann, der in seiner Linken einen Hut hält. In den Bogenzwickeln verwitterte Wappenschilde; auf einem erhabene Initialen (C). Über den Reliefs drei Inschriftplatten eingelassen, in die linke und rechte Bibelzitate eingehauen (A, D). Auf der mittleren ein Sterbevermerk (B). Die beiden äußeren Epitaphien sehr stark verwittert; die Figuren im 19. Jh. (?) weitgehend abgearbeitet, um an ihrer Stelle die Namen der neuen Bogenbesitzer einzuhauen. Die linke Inschriftplatte partiell, die mittlere vollständig verwittert; beide aber in jüngster Zeit konserviert. Die rechte wegen ihres ungewöhnlich guten Erhaltungszustandes vermutlich zu einem unbekannten Zeitpunkt erneuert.

Ergänzungen nach Fotografie (A, C), MBH Ms 319, 2 (B) und Olearius (A, D).

Maße: H.: 171 cm (A), 183,5 cm (B), 173,5 cm (C) (Reliefplatten); B.: 115 cm (A), 131 cm (B), 113 cm (C) (Reliefplatten); H.: 31 cm (A), 34,5 cm (B), 28 cm (C); B.: 110 cm (A), 128 cm (B), 117 cm (C); Bu.: 3,5–3,8 cm (A), 3,8–4 cm (C) (Inschriftplatten).

Schriftart(en): Kapitalis.

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) (Reinhard Ulbrich) [1/3]

  1. A

    [- - -] [AVFFERSTEHV]NGa) · VND [ · ] DAS [· LEB/EN] [- - -]b) MICH · GLEVBET · DER · WIRD · LEBE[N] / OB [·] ER · G[LE]ICH [ · ] STVRBE [ · ] VND · WER · DA · LEBE[T] / V[N]Dc) [· GLE]VB[E]T · AN · MICH · DER · WIRT · NIM[ER] / MEHR · [STERBEN · IOH ·] AM · XI2) [ · ] 1[559 A. A. E.]

  2. B (†)

    ANNO 1559 DEN 2 TAG IVLId) IST DER / ERBAR VND NAMHAFTIGE ERe) PETER / WEISCKER IN GOTT ENTSCHLAFFEN

  3. C (†)

    P(ETER) W(EISCKER)

  4. D (†?)

    ALSOf) · HAT · GOT · DIE · WELT · GELIEBET · DAS · ER · / SEINEN · EINIGEN · SON · GAB · AVFFg) · DAS · ALLE · DIE · AN · / IN · GLEVBEN · NICHT · VERLOREN · WERDEN · / SONDERN · DAS · EWIGE · LEBEN · HABEN · IOH · 33) · [B. R. W.]

Wappen:
unkenntlichunkenntlich(A)
Weißker (?)4)unkenntlich5)(B/C)
unkenntlichunkenntlich(D)

Kommentar

Das M zeichnet sich durch schräge Schäfte und einen bis zur Grundlinie herabgezogenen Mittelteil aus. Das N ist stets spiegelverkehrt wiedergegeben. Die Positionierung und die Bedeutung der von Olearius überlieferten Initialen in A und D ist unklar.

Die figürlichen und die Inschriftplatten sind wahrscheinlich als ein Grabmalsensemble für mehrere Angehörige der Familie konzipiert. Die Bibelzitate verkünden, daß wegen der Sündenbefreiung durch den Opfertod Christi (D) den Gläubigen das Gericht erlassen (Jh 3,17–18) und die Auferstehung und das ewige Leben gewiß ist (A). Die Auswahl dieser Zitate folgt der lutherischen Soteriologie.6)

Peter Weißker wurde 1533 Ratsverwandter, 1534 Kirchvater von St. Ulrich und 1535 erstmals Ratsmeister. Von 1539 bis 1551 versah er noch fünfmal das höchste Ratsamt.7)

Textkritischer Apparat

  1. AVFFERSTEHVNG] Schreibung nach zeitgenössischen Vorbildern; vgl. Nr. 240A, 244C.
  2. [- - -] Zahlreiche Buchstabenfragmente.
  3. VND] Der zweite und dritte Buchstabe in Nexus litterarum.
  4. IVLI] Sic!
  5. Er] Sic! Üblicherweise für Herr.
  6. ALSO] Die Schäfte des ersten Buchstabens nach unten verlängert.
  7. AVFF] Die Balken des zweiten und dritten Buchstabens zusammengezogen.

Anmerkungen

  1. Olearius 1674, S. 17.
  2. Jh 11,25–26.
  3. Jh 3,16.
  4. Die rechte Seite des Wappenschilds beschädigt. Nach Fotografie LDA: ein Kreuz und ein Stab (?) schräg gekreuzt, im unteren Zwickel eine Blüte (?).
  5. Darauf einst Inschrift C.
  6. Vgl. Einleitung, S. XLI–XLIV.
  7. StAH H B 2, S. 68 f., 71, 73 f., 76 f.; Röber 1618a, S. 169; Olearius 1667, S. 68; Dreyhaupt 2, 1750, S. 343, Hünicken 15, 1939, S. 70. Zu P. Weißker s. auch Anhang 1, Nr. 16.

Nachweise

  1. Fotografie LDA, Format 6/9, Neg.-Nr. 17619.
  2. MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 16: A und D unvollständig, B, C).
  3. Olearius 1674, S. 17 f. (A und D unvollständig, B).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 175(†) (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0017505.