Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 351 St. Nikolai 1617–1623

Beschreibung

Grabplatte für Joachim Stephani und seine Ehefrau Barbara Ribow (A). Kalkstein mit Metalleinlagen. Die hochrechteckige Platte, ursprünglich im nördlichen Seitenschiff gegenüber dem zweiten Pfeiler, steht heute an der Turmwand am westlichen Ende des nördlichen Seitenschiffs.1) Ausbrüche an der unteren Schmalseite und der rechten Langseite. In den Ecken runde Einlagen aus Bronze oder Messing ohne Gravuren. Dazwischen umlaufend Bänder mit der zwischen zwei Linien eingravierten Inschrift A. Im Innenfeld oben zwei ovale, unten zwei quadratische Metalleinlagen, ebenfalls ohne Gravuren. In der Plattenmitte eine Vertiefung, in die ursprünglich, wie vier Dübel zeigen, eine heute verlorene Metalltafel eingesetzt war. Oben im Innenfeld die eingehauene Nummerierung B.

Maße: H. 252 cm, Br. 180 cm. Bu. 4 cm (A).

Schriftart(en): Kapitalis.

Jürgen Herold [1/2]

  1. A

    MONVMENTVM SEPVLCHRALE D(OMI)N(I) : IOACHIMI / STEPHANI I(VRIS) V(TRIVSQVE) D(OCTORIS) CONSILIARII ILLVS(TRISSIMI) PRIN(CIPIS) POM(ERANORVM) ET PROFESSORIS VNIVERSITATIS GRYPHISWAL=/DENSIS POSITVM SIBI ET PIE DEFVNCTE CONIVGI / SVE CHARISSIMAE BARBARAE RIBOW ET SEX LIBERIS DEFVNCTIS RESVRRECTIONEM EXPECTAN/TIBVSa)

  2. B

    51

Übersetzung:

Grabmal des Herrn Joachim Stephani, Doktor beider Rechte, Rat des durchlauchtigsten Fürsten der Pommern und Professor der Greifswalder Universität, errichtet für sich und seine fromm verstorbene, teuerste Ehefrau Barbara Ribow und sechs verstorbene Kinder, welche die Auferstehung erwarten. (A)

Kommentar

Joachim Stephani (A) war ein bedeutender Jurist, auf den die Devise Cuius regio eius religio zurückgeht.2) Er wurde im Mai 1544 in Pyritz (Pyrzyce) als Sohn von Hippolytus Stephani und Agneta Burckard geboren. Nach dem Besuch der Stadtschule in Pyritz ging er als Zwölfjähriger auf das Stettiner Pädagogikum und studierte anschließend zuerst in Wittenberg, dann in Rostock, wo er 1571 den Magistergrad erwarb. 1572 wurde er zum außerordentlichen Professor für Philosophie und Mathematik an die Universität Greifswald berufen. Fünf Jahre später erlangte er dort eine ordentliche Professur für öffentliches Recht und wurde zum doctor iuris promoviert. Wenig später wurde er Direktor des Greifswalder Konsistoriums und Universitätssyndikus sowie Berater der pommerschen Herzöge. Mehrmals übte er das Amt des Universitätsrektors aus. 1577 vermählte er sich mit Barbara Ribow (* 1551), Tochter des Ratsherrn Lorenz Ribow und der Katharina Suming sowie Witwe von Michael Rose. Von den sieben Kindern aus dieser Ehe erreichte nur ein Sohn das Erwachsenenalter. Zum Gedenken an die verstorbenen Kinder errichteten die Eltern 1602 ein Epitaph, das 1650, als der Turm der Nikolaikirche auf das Kirchenschiff stürzte, beschädigt, 1659 repariert und mit einer neuen Inschrift versehen wurde (Kat.-Nr. 447). 1604 stiftete das Ehepaar ein Armenhaus, den sogenannten Stephani’schen Konvent, der im 19. Jahrhundert in die städtische Verwaltung überging. Die Grabplatte ließ Joachim Stephani nach dem Tod seiner Ehefrau Barbara Ribow († 31. März 1617) anfertigen. Er selbst starb am 14. Januar 1623.3) Später gelangte die Platte in den Besitz der Nikolaikirche (B).

Textkritischer Apparat

  1. EXPECTAN/TIBVS] Aus Platzgründen in zwei Zeilen und geringerer Buchstabenhöhe ausgeführt.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 1. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Nikolai, Nr. 161.
  2. Heckel, Staat, S. 228; vgl. auch Stintzing, Rechtswissenschaft 1, S. 729.
  3. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 445–447; Pyl, Genealogien 5, S. 360f. (Nr. 401); Lange, Vitae Pomeranorum, S. 273; Alvermann/Dahlenburg, Köpfe, S. 189.

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 447 (A).
  2. Magin, Leuchten, S. 84, Anm. 70 (A).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 351 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0035102.