Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 190 Kalkum, St. Lambertus, Kirchplatz 1644

Beschreibung

Grabplatte für das Kind Adolph Pfeilsticker. Ratinger Blaustein. Die Platte ist aufrecht stehend zur Hälfte der Plattentiefe in die Mauer zwischen Kirchplatz und Pfarrgarten zur Seite der Kirche hin rechts vom Tordurchgang zum Pfarrgarten eingemauert; ein kleiner Teil der unteren Hälfte ist in das Erdreich eingelassen.1) Bis auf einige geringfügige Beschädigungen und Verwitterungsspuren ist die Platte sehr gut erhalten. Am äußeren Rand zwei eingetiefte Linien, zwischen denen jedoch keine Umschrift ausgeführt wurde; die äußere der Linien in den Ecken nach außen hin zu halbrunden Ausbuchtungen geformt. In der oberen Hälfte des Binnenfeldes ein eingetieftes Oval; darin in Flachrelief ein Wappenschild mit Hausmarke. In der unteren Hälfte des Binnenfeldes ist der siebenzeilige Sterbevermerk eingehauen. Um das Oval und die Inschrift eine umrahmende Linie eingehauen, die um das Oval mit wenigen ausbuchtenden Verzierungen versehen ist. Unterhalb der Inschrift und zu einem kleinen Teil vom Erdreich verdeckt ein eingetieftes kleines Rundmedaillon mit einem Flachrelief eines Säuglingsgesichtes mit geschlossenen Augen und Engelsflügeln.

Maße: H. 165 cm 2) ; B. 89 cm; Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A(NN)Oa) 1644 · 13 · DECEM/BRISb) OBIJTc) ADOL/PHVSd) PFEILSTIC=/KER FILIVS CEL=/LARIJe) IN ANGER/MVNDTb) AETATIS / NOVEM MENSIVM

Übersetzung:

Im Jahr 1644 am 13. Dezember starb Adolph Pfeilsticker, Sohn des Kellners in Angermund, im Alter von neun Monaten.

Wappen:
Pfeilsticker3)

Kommentar

Die Worttrennung zwischen den Zahlen in der ersten Zeile erfolgt durch Quadrangel auf der Zeilenmitte. Die Schrift ist sorgfältig gehauen, die leichte Spaltung der Sporen sauber geformt. Die oberen Balkenenden von E und F sind linksschräg, das untere bei E rechtsschräg abgeschnitten. An den oberen Bogenenden von C und G sowie den Bogenenden von S findet sich jeweils ein großer Sporn. Bei K laufen die beiden Schrägschäfte in einem oberhalb der Schaftmitte ansetzenden, ausgeprägten waagerechten Mittelteil zusammen.

Die für ein Säuglingsgrab ungewöhnlich große Platte war vermutlich ursprünglich auch als Platte für die Eltern des verstorbenen Kindes angefertigt worden. Die umlaufende Rahmung mit zwei einfachen Linien, zwischen denen hinreichend Platz für eine Umschrift vorhanden ist, ist wohl bereits für die Anbringung der entsprechenden Sterbevermerke vorgesehen gewesen. Aus welchen Gründen sie nicht für weitere Familienmitglieder genutzt worden ist, ist unbekannt.

Der verstorbene Säugling war ein Sohn des Dietrich Christian Adolph Pfeilsticker und seiner Ehefrau Susanna Gerolt.4) Pfeilstickers Tätigkeit als pfalzneuburgischer Kellner im Amt Angermund kann für die Jahre 1643–1660 nachgewiesen werden.5) Sein Vorgänger als Angermunder Kellner war der in der Kreuzherrenkirche beigesetzte Bernhard Mattenclot (Nr. 189). Der Angermunder Kellner Dietrich Pfeilsticker ist nicht identisch mit dem gleichnamigen, wohl etwas älteren Düsseldorfer Bürgermeister von 1624/25 und 1633.6)

Angermund gehörte zum Kirchspiel Kalkum.7) Da die Platte sich in einem guten Erhaltungszustand befindet, hat sie vielleicht ursprünglich in der Kalkumer Kirche gelegen oder gestanden. Clemen hat sie um 1894 aber bereits „vor der Kirche“ gesehen.8) In die Mauer eingesetzt wurde sie in den 1980er Jahren.9) Ob wie v. Trostorff angibt, tatsächlich Mitglieder der Familie Pfeilsticker in der Kalkumer Kirche in der Gruft der von Bodlenbrochs gen. Schirp vor dem Altar der hl. Anna beigesetzt worden sind,10) ist nicht zu belegen.11)

Textkritischer Apparat

  1. A korrigiert; Kürzung durch hochgestelltes o.
  2. Trennzeichen fehlt.
  3. Ursprünglich I und I-longa, die durch einen kleinen Schrägstrich im Bereich der unteren Schaftenenden verbunden wurden.
  4. Trennzeichen aus Platzgründen unter dem Balken des L.
  5. Ligatur in Form eines Y.

Anmerkungen

  1. Zu welchem Zeitpunkt die Grabplatte an ihrem heutigen Standort eingefügt wurde, lässt sich nicht eindeutig ermitteln. Bereits 1892 wurde von Seiten der Denkmalpflege die Initiative dazu ergriffen, die Platte, die zu diesem Zeitpunkt „im Steinplattenbelag“ vor dem Haupteingang der Kirche lag, an der Umfassungsmauer der Kirche, d. h. an der Mauer zwischen Kirchplatz und Pfarrgarten, aufzustellen und mit Hilfe von Eisenklammern zu befestigen (vgl. LAV NRW R, Reg. Düsseldorf, Nr. 30103, fol. 40r). Ob 1892 bereits exakt der heutige Standort vorgesehen war, ist unklar.
  2. Angabe für den heute sichtbaren Teil der Platte.
  3. Marke Nr. 27.
  4. Becker, Gräber, S. 85. Zu dieser ehelichen Verbindung vgl. auch Schleicher, Slg. v. d. Ketten, Bd. 2, S. 287; ders., Slg. Oidtman, Bd. 6, S. 394.
  5. Vgl. LAV NRW R, Jülich-Berg, Beamtenlisten Lau, Bd. 3, S. 693; Ferber, Verzeichniss, S. 164; Schmitz, Land, Bd. 1, S. 32. Zur Kellnerei in Angermund ebd., S. 31. Zum Amtssitz des Kellners auf der Burg s. Nr. 160.
  6. Zu diesem Dietrich Pfeilsticker vgl. Strahl, Trauregister, Bd. 5, S. 571 mit weiteren Angaben; Bloos, Bürgermeister, S. 24.
  7. Strahl, Trauregister, Bd. 1,1, S. V; Wisplinghoff, Mittelalter, S. 385.
  8. Clemen, KDM Düsseldorf, S. 146. Dazu auch Becker, Gräber, S. 86.
  9. Funken, Ars Publica, Bd. 3, S. 1304.
  10. V. Trostorff, Beiträge, Bd. 3, S. 44 u. Bd. 2, S. 79; dazu Becker, Gräber, S. 86.
  11. Die Angaben bei v. Trostorff, Beiträge, Bd. 2, S. 79, dass 1644 „der Geheimrat Adolphius Pfeilsticker“, der um 1600 Haus Schirp gepachtet haben soll, verstorben und in der Schirpengruft beigesetzt worden sein soll, sowie die Beschreibung der Hausmarke auf dem entsprechenden Grabstein lassen allerdings vermuten, dass er die Inschrift auf dem vorliegenden Stein falsch gelesen hat.

Nachweise

  1. Clemen, KDM Düsseldorf, S. 146.
  2. LAV NRW R, Nachlass Frechen, Inschriften H. 3, Bl. 108.
  3. Becker, Gräber, S. 85.

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 190 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0019002.