Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 141 St. Lambertus, Sakristei 1623

Beschreibung

Predella des 1623 durch den Dechanten Wilhelm Bont gestifteten Altars der Schmerzhaften Muttergottes. Holz, farbig gefasst. Die Predella, die vermutlich seit etwa 1665, spätestens seit der erneuten Konsekration 1712 nicht mehr Bestandteil des Altares war, befindet sich heute in einem jüngeren Rahmen als Aufsatz auf einem Schrank in der Sakristei.1) Ihr zwischenzeitlicher Verbleib ist unbekannt. Sie ist unterteilt in ein breites mittleres und zwei schmalere Seitenfelder. Das mittlere Feld ist ausgefüllt mit der in Gold auf schwarzem Grund ausgeführten Stifterinschrift (A), im linken Feld ein Bildnis des hl. Wilhelm von Maleval, stehend in Dreiviertelfigur mit einem Buch in der Rechten und Stab in der Linken, bekleidet mit Harnisch und einer vorne offenen, ärmellosen Kutte. Von einem Arm zum anderen verläuft über die Brust eine Kette; auf dem Kopf trägt er einen Helm mit Hahnenkopf. Neben dem Helm ist links und rechts die Namensbeischrift (B) aufgemalt. Im rechten Feld das Brustbild des Stifters in Priesterkleidung, in den gefalteten Händen einen Rosenkranz haltend. Von seinem Mund führt auf seiner rechten Seite ein Schriftband mit einer Anrufung, einem Zitat aus einem Marienhymnus (C), schräg nach oben in die linke obere Bildecke. Auch B und C sind in Gold auf schwarzem Grund ausgeführt.

Maße: H. 48 cm (mit Rahmen), 35 cm (Tafeln); B. 198 cm (mit Rahmen), 78 cm (mittlere Tafel), 26 cm (Seitentafeln); Bu. 2,3 cm (A), 1 cm (B), 0,6 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A–C).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Gerda Hellmer) [1/3]

  1. A

    AD HONOREM DEI OPT(IMI)a) MAX(IMI)a) SANCTISSIMAE ETb) / DEIPARAE DOLOROSAE PATRONAE SVAE / TER VENERANDAE WILHELMVS BONT / WEDAN(VS) S(ANCTAE)c) THEOL(OGIAE)c) DOCT(OR)c) PROTONOTARI(VS) / AP(OSTO)LIC(VS)d) MARIANAE HVIVS ECCL(ES)IAEe) DECAN(VS) / AC SER(ENISSI)M(I)f) PRINCIPIS WOLFGANGI WILHELMI / COMITIS PALAT(INI)c) RHENI BAVAR(IAE)c) IVL(IAE)c) CLIV(IAE)c) / AC MONT(IVM)c) DVCIS IN ECCLESIASTICIS / CONSILIARI(VS) PONI CVRAVIT A(NN)Og) MDCXXIII

  2. B

    SANCTVS // WILHELMVS

  3. C

    MONSTRA / TE ESSE / MATREMh)2)

Übersetzung:

Zu Ehren des besten, höchsten Gottes, der allerheiligsten und schmerzensreichen Gottesgebärerin, seiner dreifach verehrungswürdigen Schutzpatronin, hat Wilhelm Bont aus Wied, Doktor der heiligen Theologie, apostolischer Protonotar, Dechant dieser Marienkirche und des durchlauchtigsten Fürsten Wolfgang Wilhelm, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogs in Bayern, Jülich, Kleve und Berg, Rat in kirchlichen Angelegenheiten (diesen Altar) im Jahr 1623 setzen lassen. (A)

Erweise dich als Mutter. (C)

Versmaß: Trochäischer Hymnenvers (C).

Kommentar

Die sehr sorgfältig ausgeführte Kapitalis in A ist geprägt durch sehr ausgeprägte Linksschrägen- und Bogenverstärkungen; die Bogenverstärkungen besitzen zumeist eine gerade Innenkontur. Die Sporen der Bogenenden bei S und das obere Bogenende des C und des G sind mit ausgeprägten dreieckigen Sporen ausgeführt; die Balkenenden bei E, T, L und F sind keilförmig gestaltet. Die Spitzen dieser Balken- bzw. Bogenenden reichen zumeist bis zur Zeilenmitte. Die oberen und unteren Balkenenden des E berühren sich fast in der Mitte bzw. enden leicht versetzt nebeneinander, während der mittlere Balken ebenso wie der des F zu einem dreieckigen Sporn verkürzt ist. Die Schaftenden sind zumeist rechtwinklig an- oder aufgesetzt. Die Cauda des G setzt am unteren Bogenabschnitt an und ist als ein herabhängender Wimpel mit leicht nach rechts umgebogener unterer Spitze ausgeführt. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Wörter sind durchgängig erhöht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Inschrift überarbeitet wurde. Die Schrift in B und C besitzt nicht diesen repräsentativen Charakter. Verstärkungen einzelner Buchstabenteile und der Sporen sind deutlich weniger ausgeprägt ausgeführt worden. Das W ist in A und B verschränkt, allerdings in A nicht durchgängig. Als Kürzungszeichen wurden, soweit nicht anders angegeben, Quadrangel auf der Grundlinie verwendet.

Das Zitat in C ist entsprechend dem Wortlaut des Marienhymnus „Ave, maris stella“ nicht von oben nach unten,3) sondern ausgehend vom Munde Bonts zu lesen.

Über das Aussehen des 1623 gestifteten Altares ist nichts bekannt. Ob auch er bei der Explosion des Pulverturmes im Jahr 1634 beschädigt worden ist,4) kann nicht mehr sicher geklärt werden. Im Testament des Wilhelm Bont vom 11. Oktober 1636, in dem er festlegt, unter dem von ihm gestifteten Altar beigesetzt zu werden, werden allerdings keine Schäden erwähnt.5) Dennoch scheint es um die Mitte des 17. Jahrhunderts bereits Veränderungen gegeben zu haben. Eine Beschreibung der Altäre vom Ende des 17. Jahrhunderts berichtet, dass von einem einst dem hl. Severus geweihten Altar der obere Teil zum Pfarraltar transferiert wurde und „quod dolorosae Virginis fuit e regione Sacristiae huc translatum est“. Im Anschluss an diese Nachricht wird über das von Bont testamentarisch gestiftete Benefizium berichtet und schließlich das Aussehen des veränderten Altars beschrieben, der am 19. Juni 1665 zu Ehren der Schmerzhaften Muttergottes, der hll. Sebastian und Laurentius sowie weiterer Heiliger geweiht worden ist.6) Eine weitere Veränderung hat dann zu Beginn des 18. Jahrhunderts stattgefunden; der Altar in seiner heutigen Gestalt wurde am 8. September 1712 konsekriert.7) Mit der Weihe von insgesamt sieben Altären im September 1712 fand die Instandsetzung der Kirche sowie ihre barocke Neuausstattung ihren Abschluss. Die Predella mit der Stifterinschrift und eine Stiftung aus dem Jahr 1623 werden in diesen Zusammenhängen nicht erwähnt. Es bleibt unbekannt, wann und wie sie in die Sakristei gelangt ist. Der von Bont gestiftete Altar und mithin auch sein Grab haben demnach wohl an der Südseite der Kirche in der Nähe der Sakristei gelegen und sind wohl vor 1665 etwas nach Osten verlegt worden. Damit stimmen sowohl die Angaben von Peters zur Lage der Altäre8) als auch die Angaben über den Begräbnisplatz überein.9) Heute befindet sich der Altar der Schmerzhaften Muttergottes zur Linken des Epitaphs für Herzog Wilhelm V.

Wilhelm Bont,10) der aus Wied11) (entweder aus dem heutigen Teil der Verbandsgemeinde Hachenburg, Westerwaldkreis, oder Altwied, Stadt Neuwied) stammte, war Doktor der Theologie und von 1611 bis zu seiner Resignation im Dezember 1637 Dechant des Marienstiftes; er verstarb noch im Dezember 1637.12) 1590–1595 im päpstlichen Seminar in Fulda nachgewiesen, immatrikulierte er sich 1595 in Köln.13) Er ist mehrfach als pfalz-neuburgischer, geistlicher Rat sowie als apostolischer Protonotar belegt14) und errichtete am Düsseldorfer Jesuitengymnasium eine Studienstiftung.15) Ausdruck seiner Marienfrömmigkeit, die sich in der Errichtung des Altares sowie seiner Zugehörigkeit zur Marienbruderschaft16) manifestiert, sind auch das ihm in den Mund gelegte Zitat aus einem Marienhymnus sowie der Rosenkranz in seinen Händen. Die linke Tafel zeigt in typischer Darstellung seinen Namenspatron, den hl. Wilhelm von Maleval.17)

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch Punkt auf der Grundlinie.
  2. ET] vermutlich aus Platzmangel am Zeilenende kleiner ausgeführtes E mit einem nach links gezogenen kleinen Bogen am oberen Schaftende. Vielleicht auch als q(V)E zu lesen?
  3. Kürzung durch Quadrangel auf der Grundlinie.
  4. Kürzung durch waagerechten Strich mit Ausbuchtung nach oben über dem Wort und Kürzung durch us-Haken am Wortende. A(m) PLIC(us) Peters, Kampmann.
  5. Kürzung durch waagerechten Strich mit Ausbuchtung nach oben über dem Wort.
  6. Kürzung durch hochgestelltes, kleiner ausgeführtes M und Punkt auf der Grundlinie.
  7. Kürzung durch hochgestellten, kleiner ausgeführten Endbuchstaben und Quadrangel auf der Grundlinie.
  8. MATREM TE ESSE MONSTRA Peters.

Anmerkungen

  1. Bei Krahe/Theissen, St. Lambertus, S. 84, u. Clemen, KDM Düsseldorf, S. 45, nicht als Predella erkannt, sondern schon ursprünglich als Sakristeischrankaufsatz angegeben.
  2. Anfang der vierten Strophe des Marienhymnus „Ave, maris stella“, vgl. Analecta Hymnica 51, S. 140, Nr. 123.
  3. So Peters, Ausstattung, S. 103 mit der Übersetzung „auf die Mutter gilt es hinzuweisen“.
  4. Vgl. dazu Brzosa, Geschichte, S. 95–97 mit sehr ausführlichen Anmerkungen; vgl. auch Müller, Herrschaft, S. 15.
  5. Höroldt, Inventar St. Lambertus, Nr. 124.
  6. LAV NRW R, Hss. N I 6 Nr. V 1a, fol. 5r–v, das Zitat fol. 5r. Auf dem Altar befand sich eine Statue der schmerzhaften Muttergottes, die sehr gut gearbeitet und mit einer Perlenkrone geschmückt gewesen sei; ferner werden – wohl – Darstellungen der sieben Schmerzen Mariens und darüber der Himmelfahrt Mariens sowie des Gekreuzigten mit zwei Statuen der Gottesmutter und des hl. Johannes erwähnt.
  7. Höroldt, Inventar St. Lambertus, Nr. 286a. Zum heutigen Aussehen vgl. die Beschreibung bei Peters, Ausstattung, S. 97 u. 103 mit S. 99 Abb. 58; Richartz, Basilika, S. 20.
  8. Vgl. dazu die Planskizze in Peters, Ausstattung, S. 91 Abb. 54 unter 5, N, N1, g.
  9. Vgl. Bayerle, Kirchen, S. 55 Anm.; Dattenfeld, St. Lambertuspfarre, S. 29; Schumacher, Topographie, S. 87; s. auch unten Nr. 167.
  10. Sofern keine weiteren Nachweise angeführt werden, stammen die folgenden Angaben zu Bont aus freundlichen Mitteilungen von Herrn Uwe Boelken, Stadtarchiv Leichlingen, dem ein sehr herzlicher Dank gilt.
  11. So z. B. Aders, Geschichte, S. 38; Füchtner/Preuss, Inventar, S. 628 (Register); vgl. auch Orbis Latinus, Bd. 3, S. 664. Irritierend wirkt allerdings eine Passage in seinem Testament, in dem er eine Schenkung an den Kaplan bzw. Pastor zu Langerwehe, Kreis Düren, macht, die für ein Anniversar für ihn und seine Vorfahren bestimmt war. Dazu PfA St. Lambertus Düsseldorf-Altstadt, U 124 mit dem vollständigen Wortlaut, das Regest bei Höroldt, Inventar St. Lambertus, Nr. 124.
  12. Vgl. auch die Liste der Dechanten in LAV NRW R, Hss. N I 6 Nr. V 1b, fol. 3v; LAV NRW R, Stift Düsseldorf, Rep. u. Hss. 2, Titelblatt r; Aders, Geschichte, S. 38.
  13. Matrikel Köln 4, Nr. 714,87.
  14. Neben den Angaben in Inschrift A hier und unter Nr. 167 z. B. auch PfA St. Lambertus Düsseldorf-Altstadt, U 124 öfter; Höroldt, Inventar St. Lambertus, Nrn. 120 u. 125; Erdmann, Hofrat, S. 10.
  15. Höroldt, Inventar St. Lambertus, Nrn. 124f.
  16. Ebd., Nr. 124; zu den Düsseldorfer Marienbruderschaften Brzosa, Geschichte, S. 397–412.
  17. Lieselotte Schütz/Karl Georg Kaster, Art. Wilhelm (Guilielmus) von Maleval (der Große), in: LCI 8, Sp. 607–612.

Nachweise

  1. Peters, Ausstattung, S. 97 u. 103 (A u. C).
  2. Kampmann, Kunstdenkmälerverzeichnis St. Lambertus, S. 37 (A).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 141 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0014107.