Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 270 Schwarzach (Gde. Rheinmünster), kath. Pfarrkirche St. Peter u. Paul (ehem. Abteikirche) 1549

Beschreibung

Grabplatte für den Priester Hieronymus Sparbrot. Ehemals an unbestimmter Stelle im Boden.1 Im Zuge der Restaurierungsmaßnahmen unter Josef Durm 1888–18972 gehoben und „beim Eingang in die Kirche rechts in einer Nische der Wand“3 neben der Grabplatte für Heinrich von Riegel4 aufgestellt. Dieser Standort vermutlich identisch mit dem gegenwärtigen innen an der Langhauswestwand südlich des Hauptportals. Sandstein. Am Rand zwischen zwei rahmenden Ritzlinien der umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk mit Bitte um Fürbitte. In der Mitte des Binnenfeldes eine hochformatige, leicht eingetiefte Nische unter einem Kielbogen. Darin ein reliefierter Wappenschild, überhöht von einem Meßkelch.

Maße: H. 187, B. 78, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. M · et · C · qvnqviesa) · i · / min(vs)b) · l · sociato · qvinto · Octobris · O(biit) Hieronim(vs)b) · Sparbro(t)c) / Sacerdos · Sacra / vtina(m) · deṿọṭẹ · Egressetd) · peccati · venia(m) · pie · ei(vs)e) · desideraref)

Übersetzung:

1000 und fünfmal 100 weniger 1 und 50 zusammengezählt, da starb am fünften Oktober der Priester Hieronymus Sparbrot. Wenn du doch, nachdem du gottesfürchtig den Gottesdienst verlassen hast, fromm die Vergebung seiner Schuld begehrtest.5

Versmaß: Vier intendierte Hexameter.6

Wappen:
Sparbrot.7

Kommentar

Innerhalb der Gemeinen ist der obere a-Bogen stark ausgerundet. Das obere Schaftende des b und die unteren Schaftenden von p und q sind gespalten. Der obere Schaftabschnitt des d ist in devote gekrümmt. Der obere Abschnitt des oberen g-Bogens ist als linksschräg gestellter Deckbalken gestaltet, der den Schaft durchschneidet und nach rechts überragt. Der letzte Abschnitt seines unteren Bogens mündet in eine gewölbte, langgezogene Spitze. Den Balken des t teilt der Schaft in zwei gleich lange Hälften. Das unziale M ist symmetrisch und offen, der Bogen des unzialen H endet unterhalb der Grundlinie. Die freien Bogenenden beider Buchstaben sind hakenförmig umgebogen. In Sacerdos und Sacra ist der obere Bogen des S gebrochen. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe, die jedoch häufig kaum mehr wahrnehmbar sind. Einige der Schriftbesonderheiten lassen sich ebenso auf der Grabplatte für Hans von Eyb (gest. 1540) beobachten.8 Dazu zählen insbesondere die gespaltenen Oberlängen, die Formen der Buchstaben a, d, g, t und H. Vermutlich entstanden beide Grabmäler in derselben Steinmetzwerkstatt.

Die Familie Sparbrot, deren Angehörige sich unter anderem im Kloster Lichtenthal nachweisen lassen, stammte aus Niederschopfheim (Gde. Hohberg, Ortenaukreis).9 Der Priester Hieronymus Sparbrot ist jedoch anderweitig nicht bezeugt.

Textkritischer Apparat

  1. So statt qvinqvies.
  2. Kürzung durch einen großen, unter der Grundlinie beginnenden us-Haken.
  3. Kürzung durch einen waagerechten Strich über dem o.
  4. So statt Egressus.
  5. Als Kürzungszeichen ein us-Haken nur noch unsicher erkennbar.
  6. So statt desiderares.

Anmerkungen

  1. Erschlossen aus Sernatinger (wie unten): „Der Grabstein [Heinrichs von Riegel] wurde wie alle (…) erhoben.“
  2. Vgl. dazu allg. Rüsch, Restaurierungen 25–39; Rüsch, Barockumbau 413–419; Marzolff, Baugeschichte 31f.; Göricke, Restaurierungsarbeiten 72, 75; Josef Durm, Die Abteikirche in Schwarzach, in: Deutsche Bauzeitung 33 (1899) nr. 72, 449–455, nr. 74, 461f.
  3. Vgl. Sernatinger (wie unten) 20.
  4. Vgl. nr. 12.
  5. Übersetzung nach den vorgeschlagenen Emendationen in Anm. d und f.
  6. Die Prosodie ist teilweise nicht korrekt; der Versrhythmus orientiert sich aber eindeutig am Hexameter. Vermutlich wurde außerdem ein zweisilbiger Endreim angestrebt (Verse 1 u. 2).
  7. Ein oben gegabelter und unten in einem dreieckigen Klotz endender Stab und ein Rohrkolben nebeneinander. Das auf dem Land ehemals weit verbreitete Werkzeug diente als Halterung beim Zuschnitt von Ästen und gegebenenfalls auch von Schilf. Für diese Information danke ich Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur.
  8. Vgl. nr. 249; s. a. Einl. Kap. 5.2, LXXXI.
  9. Vgl. nr. 287; Bartelt, Heimatkunde 115f. (1470 Hans Sparbrot, Vogt von Niederschopfheim), 249; Schindele, Abtei Lichtenthal (1984) 151 (1498 Hans Sparbrot Schaffner des Klosters Lichtenthal); s. a. Andermann, Urkunden 25 nr. 30 (1489 Hans Sparbrot als Keller, Knecht und Vertreter der Erben Bernhards von Bach).

Nachweise

  1. Sernatinger, Ehemalige Benediktinerabtei 21.
  2. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 135.
  3. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 2.
  4. Marzolff, Baugeschichte 34 Anm. 12 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 270 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0027004.