Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 532(†) Baden-Baden, Neues Schloß, Palas 1652?–1669

Beschreibung

Reliefbüsten der Markgrafen Wilhelm, Ferdinand Maximilian, Leopold Wilhelm und Hermann Wilhelm von Baden-Baden. Stuck. Auf der Ostseite des Erdgeschosses im dritten Raum nördlich des Treppenhauses. Die Decke ist kreuzgewölbt sowie nach Osten und Westen durch ein schmales Tonnengewölbe verlängert. Die rundbogigen Wandfelder sind bis auf die östliche Fensterseite in der Mitte mit hochovalen Nischen versehen, die von reliefierten Lorbeerkränzen umgeben sind. Darin jeweils eine Reliefbüste der genannten Markgrafen, die in schwarzem Harnisch und mit langer, gelockter Perücke wiedergegeben sind. Im Westen das Abbild Markgraf Wilhelms, um dessen Hals die Kollane des Ordens vom Goldenen Vlies hängt. Im Süden dessen ältester Sohn Ferdinand Maximilian, im Norden dessen nächstjüngerer Bruder Leopold Wilhelm. Auf den Konsolen sind die entsprechenden Namen und Titel in goldenen Buchstaben auf schwarzem Grund gemalt (I, II, III). Die Inschriften wurden allerdings zu unbestimmter Zeit nachgezogen und dabei weitgehend verfälscht. Klüber bezeugt 1810 außerdem das Brustbild Markgraf Hermann Wilhelms von Baden-Baden mit der zugehörigen Inschrift (IV).1 Dieses fiel wahrscheinlich der umfassenden Schloßrenovierung von 1843–47 zum Opfer.2 Eine weitere „Abbildung, welche vermuthlich einen vierten Sohn (…) darstellte“, war bereits damals „vertilgt“.1

Inschrift (II), (III) und (IV) nach Klüber.

Maße: H. 105, B. 90,3 Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.4

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. I

    WILHELM(VS)a) / D(EI) G(RATIA) M(ARCHIO) B(ADENSIS)

  2. II

    FERDINAND(VS)b) / W(ILHELMI) F(ILIVS) D(EI) G(RATIA) M(ARCHIO) B(ADENSIS)c)

  3. III

    LEOPOLD(VS)b) / M(ARCHIO) B(ADENSIS) W(ILHELMI) F(ILIVS)d)

  4. IV†

    HERMANN(VS)b) / M(ARCHIO) B(ADENSIS) W(ILHELMI) F(ILIVS)

Übersetzung:

Wilhelm von Gottes Gnaden Markgraf von Baden (I). – Ferdinand, Sohn Wilhelms, von Gottes Gnaden Markgraf von Baden (II). – Leopold Markgraf von Baden, Sohn Wilhelms (III). – Hermann Markgraf von Baden, Sohn Wilhelms (IV).

Kommentar

In Anbetracht der stark und teilweise falsch nachgezogenen Inschriften erübrigt sich eine Schriftanalyse. Die Abkürzungen sind durch Punkte auf der Grundlinie gekennzeichnet.

Unter Markgraf Wilhelm von Baden-Baden (gest. 1677) und seinem Sohn Ferdinand Maximilian (gest. 1669) wurden die Erdgeschoßräume im nördlichen Palasflügel neu ausgestaltet.5 Im Zuge dieser Baumaßnahmen entstand auch ein reich stuckiertes Badezimmer, dessen Sockelmedaillons die verschlungenen Namensinitialen Markgraf Ferdinand Maximilians tragen.6 Ihm hatte sein Vater im Jahre 1652 die Regierungsgeschäfte übertragen, um selbst das Amt des kaiserlichen Kammerrichters in Speyer anzutreten.7 Demnach können das Prunkbad und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die sich nach Norden daran anschließenden Zimmer kaum früher entstanden sein.8 Die Stuckbüste Ferdinand Maximilians liefert nun durch die Formel DEI GRATIA in der Titulatur ein weiteres Argument für den vorgestellten Datierungsansatz. Da nämlich dieser Zusatz bei den jüngeren Markgrafen fehlt (III, IV), ist er bei ihrem ältesten Bruder offenbar als Zeichen seiner unmittelbaren Herrschaft zu verstehen, die er erst ab 1652 ausübte.9

Textkritischer Apparat

  1. Kürzungszeichen nicht erkennbar.
  2. Kürzungszeichen nicht überliefert.
  3. Inschrift (II) nach heutigem Befund: FERDIN. / M. B. H. S.
  4. Inschrift (III) nach heutigem Befund: LEOPOLD / M B. W M.

Anmerkungen

  1. Vgl. Klüber, Beschreibung, T. 1, 133.
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 248.
  3. Die Maßangaben beziehen sich auf die ovalen Nischen.
  4. Die Schriftart für die überlieferten Inschriften (II) bis (IV) aus Inschrift (I) erschlossen.
  5. Vgl. Kdm. Baden-Baden 246; s. a. nrr. 528, 531. Zu den Lebensdaten der Markgrafen vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 269.
  6. Vgl. Kdm. Baden-Baden 269, 272 (Abb. 208).
  7. Vgl. Schwarzmaier, Baden 228; Kdm. Baden-Baden 246; Weech, Geschichte 180; allg. zur Biographie Ferdinand Maximilians von Baden-Baden vgl. Stingl, Ferdinand Maximilian 10f.
  8. Vgl. zur Lokalisierung den Grundriß des Palaserdgeschosses in Kdm. Baden-Baden o. S. Faltbl. II (Abb. 174); s. a. nr. 531.
  9. Zur Formel „Dei Gratia“ allg. vgl. HRG, Bd. 1, Sp. 672f.

Nachweise

  1. Klüber, Beschreibung, T. 1, 133.
  2. Kohnle, Geschichte 127 (Abb.; nur I), 135 (Abb.; nur II).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 532(†) (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0053209.