Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 530†? Baden-Baden, Gernsbacher Str. 76 1649–1660
Beschreibung
Doppelbecher. Ehemals in der Benediktinerabtei Schwarzach. Durch unbekannte Umstände in den Besitz von Frl. Schoen in Baden-Baden, Gernsbacher Str. 76, gelangt, wo ihn Wilhelm Smets um 1967 letztmalig gesehen hat.1 Gegenwärtiger Standort unbekannt. Silber, vergoldet. Nach Smets’ Beschreibung hat der Doppelbecher die Form eines Weinfäßchens. „In die Außenböden der beiden Becher sind sehr kunstvoll eingraviert Abtshut, Abtsstab und Stola, in den Boden des Deckelbechers noch das Wappen der Abtei Schwarzach und das Privatwappen des Abtes Placidus Rauber (…).“ Als Wappenbeischrift sind die Namensinitialen angegeben. „Der Deckel des Bodenbechers enthält dafür zweimal eine Gestalt, die ein Weinlägel emporhebt.“ Nach einem 1968 erstellten Gutachten von F. J. Himly, Strasbourg, gehörten die Becherhälften offenbar verschiedenen Jahrhunderten an.
Inschrift nach Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte.
P(lacidus) . A(bbas) . S(chwarzacensis)a) .
Abtei Schwarzach2, Rauber3. |
Textkritischer Apparat
- Auflösung nach Schreibung in nr. 483.
Anmerkungen
- Vgl. wie auch zu sämtlichen folgenden Angaben Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 221.
- Vgl. zum Wappen der Abtei Schwarzach Benediktinerklöster 587 (Schwert und Schlüssel schräggekreuzt).
- Vgl. ebd.: „(…) über Wolken eine Mondsichel mit drei Sternen und schließlich noch ein Raubvogel und die Buchstaben P. A. S. Der Raubvogel, der als solcher dadurch kenntlich ist, daß er in seinem Schnabel einen kleineren Vogel davonträgt, ist eine Anspielung auf den Namen Rauber (…).“
- Vgl. wie auch zu den folgenden Angaben Gartner, Kloster Schwarzach 326–328.
- Siehe hierzu auch Reinfried, Geschichte Schwarzach (1889) 211f.
- Vgl. Friedrich von Weech, Haushaltsordnung des Benedictinerklosters Schwarzach am Rhein von 1654, in: Anzeiger für die Kunde der deutschen Vorzeit 25 (1878) nr. 11 Sp. 355–360, nr. 12 Sp. 384–389.
- Zur Lage der Altäre vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata 839f., teilweise sinnentstellt wiedergegeben in Reinfried, Geschichte Schwarzach (1892) 56–59. Danach gab es in der Kirche mindestens drei Altäre, die der Jungfrau Maria geweiht waren.
Nachweise
- Mafalda Baur, Schwarzacher Kunstwerke im Kloster Lichtenthal, in: Die Ortenau 46 (1966) 188–195, hier 195 (erw.).
- Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 221.
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 530†? (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0053005.
Kommentar
Placidus Rauber hatte die Profeß in St. Blasien (Lkr. Waldshut) abgelegt, verbrachte später einige Zeit im Kloster Schuttern (Gde. Friesenheim, Ortenaukreis) und wurde 1624/25 in Salzburg Lehrer für Rhetorik.4 Bevor er am 17. August 1649 zum Abt des Klosters Schwarzach postuliert wurde, hatte er sechs Jahre lang der Straßburger Benediktinerkongregation als Visitator vorgestanden. In seiner neuen Funktion kümmerte er sich vor allem um die Belange der Frömmigkeit und Bildung. So gründete er eine Rosenkranzbruderschaft und richtete 1656 eine Schule für Schwarzacher Kinder sowie eine höhere Schule für Theologie ein.5 Hingegen vermochte er nicht, die wirtschaftliche Not und Verschuldung des Klosters zu überwinden. Vielmehr sah er sich sogar gezwungen, zur Bezahlung von Satisfaktionsgeldern einige Kelche, den Abtsstab und ein Brustkreuz zu verkaufen. Möglicherweise gehört der Doppelbecher ebenfalls zu den damals veräußerten Objekten. Im Jahre 1654 erließ der Konvent eine neue, umfangreiche Haushaltsordnung,6 wodurch sich der Abt zur Einhaltung äußerster Sparsamkeit verpflichtet sah. Er starb am 2. Juli 1660 nach längerer Krankheit und wurde vor dem Altar der Muttergottes bestattet.7