Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 508† Gernsbach, ev. Pfarrkirche (St. Jakob) 1628, 1635

Beschreibung

Grabplatte für den markgräflich badischen bzw. gräflich ebersteinischen Vogt Johann Fabritius und seine Ehefrau. Im Jahre 1936 im Langhaus etwa 3 m nördlich von der Grabplatte für eine unbekannte Frau und neben einem kleineren Kindergrabmal aufgefunden.1 Danach offenbar abgegangen.2 Am Rand das umlaufende Bibelzitat (A), im Binnenfeld der Sterbevermerk für den Ehemann (B). Darunter der vermutlich später nachgetragene und 1936 nicht mehr vollständig lesbare Sterbevermerk für die Ehefrau (C).

Inschrift nach Kdm.

Maße: H. 145, B. 80 cm.3

  1. A

    SELIG SEIND DIE TODTEN D(IE)a) IN D[EM]b) HERRN [ENTSCHLAFFE]Nb).4)

  2. B

    ANNO 1628 DEN 12 FEBR(UARII) / IST IN GOT ENTSCHLAFFEN EHRENVESTER GEACHTETERc) / FABRITIUS GREWLICH(ER) / VOGT UND RATH IN GERNSPACH / SEINS ALTERS IM 64. JAR.

  3. C

    ANNO 1635 DEN [– – –] / ST[– – –]d) / FRAWE [– – –]

Kommentar

Johann Fabritius wurde am 31. Mai 1597 von Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach als Vogt im baden-ebersteinischen Kondominat Gernsbach eingesetzt, nachdem sich Graf Philipp II. von Eberstein unter den neuen Verhältnissen der Oberbadischen Okkupation geweigert hatte, einen Gemeinvogt beider Seiten zu akzeptieren.5 Fortan vertrat der bisherige Gemeinvogt Johann Christoph Staud nur noch den Grafen von Eberstein, während Johann Fabritius das gleiche Amt für den Markgrafen von Baden(-Durlach) ausübte. In dieser Funktion ist er zwischen dem 27. Juni 1597 und dem 23. Februar 1611 bezeugt.6 Seinen Dienst versah er zu Beginn des 17. Jahrhunderts für kurze Zeit im Gernsbacher Rathaus, zuvor und ab 1607 wieder im markgräflich badischen Amtshaus.7 Am 2. März 1612 wurde er dann von beiden Condomini zum Gemeinvogt berufen.8 Diese Stellung behielt er bis zum 16. April 1621. In seiner letzten Amtszeit vom 8. November 1624 bis zum 17. Februar 1626 wurde er – vermutlich aus konfessionellen Gründen – nur noch von ebersteinischer Seite eingesetzt, weshalb in der Inschrift die Amtsbezeichnung GREWLICH(ER) VOGT überliefert ist. In den Jahren 1600 und 1609 hatte Johann Fabritius zusätzlich die Kirchenpflegschaft über beide Gernsbacher Hauptkirchen übernommen, in denen zu dieser Zeit ausschließlich evangelischer Gottesdienst zugelassen war.9 Aus dem ehemals neben der Grabplatte gelegenen Kindergrabmal geht hervor, daß er mindestens zwei Töchter hatte.10

Textkritischer Apparat

  1. Nach Offb 14,13 emendiert aus einem überlieferten S.
  2. Ergänzung nach Offb 14,13.
  3. EHRENVESTER GEACHTETER] Lies unter Berichtigung der nicht zeitgenössischen Epitheta-Endungen: [DER] EHRENVEST FIRGEACHT HER o. ä.
  4. Ergänze vermutlich zu ST[ARB – – –].

Anmerkungen

  1. Sämtliche Angaben nach Kdm. (wie unten). Zur Grabplatte für eine unbekannte Frau vgl. nr. 162, zum Kindergrabmal nr. 509.
  2. Im Kdm. (wie unten) bereits als verloren bezeichnet.
  3. Maßangaben nach Kdm. (wie unten).
  4. Offb 14,13.
  5. Vgl. auch zu den folgenden Angaben Hennl, Gernsbach 110; zur Oberbadischen Okkupation vgl. Einl. Kap. 2, XVIIIf.
  6. Vgl. Hennl, Gernsbach 281.
  7. Vgl. ebd. 122.
  8. Vgl. auch zu den folgenden Zeitangaben ebd. 282.
  9. Vgl. ebd. 240 Anm. 73; zum Verbot der katholischen Messe in der Liebfrauenkirche (1598) vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 104.
  10. Vgl. nr. 509.

Nachweise

  1. Kdm. Rastatt 151 (hier unter Berufung auf Heinrich Langenbach, Fundbericht aus der evangelischen Kirche, in: Der Murgtäler. Gernsbacher Tageblatt (1936) [Jahrgang unzutreffend]).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 508† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0050803.