Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 428 Gernsbach, Turmgasse 3 (sog. Wolkensteinischer Keller) 1605

Beschreibung

Zwei Rundbogenportale. Große Kellereingänge (I, II) auf der Straßenseite des Wirtschaftsgebäudes, das wohl ursprünglich zum Wolkensteinischen Hof gehörte und nach dessen Zerstörung (1691) in das 1807 errichtete Forstamt „Kaltenbronn“ integriert wurde.1 Beide Gewände aus rötlichem Sandstein.

I. Südlicher Kellereingang. Auf der Stirnseite des Gewändes ein eingetiefter Streifen, der von mehreren Rhomben mit reliefierten Blüten unterbrochen wird. Auf dem nach oben ausgezogenen Scheitelstein ein senkrecht in zwei Felder geteiltes Täfelchen mit der erhaben ausgehauenen Jahreszahl (A). Auf dem vertikalen Mittelsteg des Rahmens das Stz. nr. 54. Beiderseits der Tafel je ein reliefierter Wappenschild.

Maße: H. 245, B. 245, Zi. 7 cm.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    1 · 6 // 0 · 5

Wappen:
unbekannt2, unbekannt3.

II. Nördlicher Kellereingang. Die Stirnseite des Gewändes ist mit flach reliefiertem Beschlagwerk verziert. Im etwas nach oben ausgezogenen Scheitel eine beschlagwerkgerahmte Tafel mit der erhaben ausgehauenen Jahreszahl (B). Die obere Rahmenleiste wird durch einen Ring mit einer vierblättrigen Blüte unterbrochen. Die untere bildet in der Mitte eine nach außen vorkragende Beschlagwerkverzierung aus, in die das Stz. nr. 54 eingemeißelt ist.

Maße: H. 235, B. 235, Zi. 8–9 cm.

  1. B

    1 · 6 0 · 5

Kommentar

Die Ziffern sind in beiden Tafeln auffallend breitstrichig und nahezu identisch ausgeführt. Der Schaft der 1 endet oben in einem kräftigen Quadrangel und ist unten gespalten. Dabei ist der linke Abschnitt stark nach oben umgebogen. Die 6 ist offen, Schaft und Balken der 5 sind schräggestellt. Als Zifferntrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Der sog. Wolkensteinische Hof wurde nach stilistischem Befund zu Beginn des 17. Jahrhunderts errichtet.4 Dabei orientierte sich die zeitliche Einordnung des Baugeschehens stets auch an den Jahreszahlen an den Gewänden der Kellerportale.5 Aufgrund des unbekannten Wappens ist jedoch davon auszugehen, daß Christoph Franz Freiherr von Wolkenstein-Trostburg, der im Jahre 1600 die Ehe mit Maria von Eberstein geschlossen hatte, nicht der ursprüngliche Besitzer des Gebäudes gewesen sein kann.6 Vielmehr ist anzunehmen, daß die Wolkensteiner den Hof erst erwarben, als sie nach Abschluß des Rufacher Vertrages von 1624 große Teile des ehemals ebersteinischen Umlandes für sich beanspruchen durften.7

Das Zeichen des mit der Ausführung der Portale beauftragten Steinmetzen findet sich nochmals an der markgräflich badischen Försterei in Sandweier.8

Anmerkungen

  1. Vgl. Hennl, Gernsbach 71, 190; Kdm. Rastatt 177–179.
  2. Wellenschrägbalken, der Figur nach begleitet von je einem Kleestengel, der obere gestürzt.
  3. Ein mit drei Ringen belegter Schrägbalken.
  4. Vgl. Kdm. Rastatt 177 (Datierung nach den Formen eines erhaltenen Seitenportals).
  5. Vgl. ebd.; Hennl, Gernsbach 190.
  6. Vgl. die gegenteilige Annahme in Kdm. Rastatt 177; Hennl, Gernsbach 190. Zur Eheschließung vgl. Europ. Stammtafeln NF, Bd. 12, Taf. 29.
  7. Zum Rufacher Vertrag vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 1, 92; Hennl, Gernsbach 111f.
  8. Vgl. nr. 421.

Nachweise

  1. StdtA Gernsbach o. Sig., Langenbach, Stadtchronik Gernsbach, Bd. 2, fol. 136r.
  2. Kdm. Rastatt 179.
  3. Kunitzki, Gernsbach 83 (A; Abb.).
  4. Kieser u. a., Kunst- u. Kulturdenkmale RA/BAD 212 (erw.).
  5. Hennl, Gernsbach 190 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 428 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0042800.