Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 423 Ottersweier, Wallfahrtskirche Maria Linden vor 1604, 1604

Beschreibung

Epitaph für Anton Kremer. Außen am Chorscheitel in das Mauerwerk eingelassen. Sandstein. Hochrechteckige, von einem Stabprofil gerahmte Platte. Im Binnenfeld ein vorgeblendeter Rundbogen. In den Zwickeln zwei plastisch ausgearbeitete Engelsköpfe. Bogen und Pilaster sind nach innen mehrfach abgetreppt und mit einem Perlstab verziert. Auf dem Bogen das eingemeißelte Bibelzitat (A), das sich im Feld zeilenweise und in geringerer Buchstabengröße der Bogenführung entlang fortsetzt. Darunter zwischen den beschlagwerkverzierten Pilastern zwei große, im Nexus wiedergegebene Namensinitialen (B), die Bestandteil der Marke nr. 55 sind. Den unteren Abschluß bildet eine von Rollwerk, Blattvoluten und Masken umgebene Tafel, in die offenbar erst nachträglich der zeilenweise angeordnete Sterbevermerk mit Fürbitte (C) eingemeißelt wurde.

Maße: H. 170, B. 85, Bu. 2–5 (A), 19 (B), 3–4 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    ICH WEISa) DAS MEIN ERLÖSERb) · LEBTc) ER WIRTd) MICHe) //f) AM IVNGSTENg) DAGh) AFWECKEN / VON DER ERDEN1)

  2. B

    A(NTHONI) K(REMER)i)

  3. C

    ⟨DEN ·k) II · IVNI ·k) AN(N)Ol) 1604 / STARB · HERR ANTHONI / GREMER GEWESENER IN/HABER DES HVB · BADTS2) / DEM GOTT GNEDIG ·m) / SEIN WELE AMEN ·⟩

Kommentar

Die Abstände zwischen den Buchstaben sind in beiden Inschriften (A) und (C) starken Schwankungen unterworfen. Überwiegend wurde auf Spatien zwischen den Wörtern verzichtet. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe. Bestimmte Schriftbesonderheiten deuten darauf hin, daß der Sterbevermerk (C) erst nachträglich ausgeführt bzw. das Grabmal bereits vor dem Tod des Verstorbenen angefertigt wurde. So ist das G nur in (A) stets retrograd wiedergegeben. Sein Bogen endet hier genau über der Cauda, in (C) hingegen erst rechts davon. Der Balken des H hat in ICH eine Ausbuchtung nach unten, die in (B) nirgends erscheint. Im Sterbevermerk verzichtete der Steinmetz überdies auf jegliche Enklaven oder die Hochstellung von Buchstaben. Über den I fehlen hier die Punkte; diese wurden statt dessen zur Kennzeichnung der Ziffer I verwendet. Ferner sind die T-Schäfte nur in (B) rechtsschräg gestellt. Allerdings ist in beiden Inschriften der obere Balken am E etwas länger als der untere. So mag es durchaus sein, daß der Nachtrag von demselben Steinmetz oder zumindest von einem Mitarbeiter derselben Steinmetzhütte stammt.

Das Epitaph ist das älteste Zeugnis des ehemaligen Friedhofes um die Maria-Linden-Wallfahrtskirche.3 Zum Verstorbenen stellt die Inschrift die einzige bekannte Informationsquelle dar.4

Textkritischer Apparat

  1. Das I um ein Drittel kleiner ausgeführt.
  2. Das Ö kleiner ausgeführt und über den Balken des L gestellt.
  3. Das E kleiner ausgeführt und über den Balken des L gestellt.
  4. Das I und der Schaft des R verschmelzen mit dem rechten Schrägschaft des W. Das I ist nur durch den i-Punkt gekennzeichnet.
  5. Das H kleiner ausgeführt und in die Mitte der Zeile gesetzt.
  6. Ab hier Fortsetzung der Inschrift unterhalb des Bogens.
  7. Die ersten drei Buchstaben sind monogrammatisch in N zusammengezogen, so daß das I mit dem linken Schaft und das V mit dem Schrägschaft und dem rechten Schaft verschmilzt. Das G ist retrograd wiedergegeben, die Endung EN kleiner ausgeführt und in die obere Hälfte der Zeile gesetzt.
  8. Das A ist kleiner ausgeführt und in den Bogen des D eingestellt. Das G ist retrograd wiedergegeben.
  9. A(NTHONI) K(REMER)] Die Buchstaben sind im Nexus litterarum verbunden. Das gemeinsame Buchstabenelement verschmilzt mit dem unteren Schaftabschnitt der Marke.
  10. Der Worttrenner wurde kleiner ausgeführt und offenbar erst nach Fertigstellung der Inschrift eingefügt, da zwischen den Buchstaben bzw. Ziffern dafür nicht genügend Platz ist.
  11. Kürzungszeichen nicht erkennbar.
  12. Paragraphzeichenförmiges Quadrangel.

Anmerkungen

  1. Hi 19,25.
  2. Bad in Ottersweier-Hub. Zu dessen Geschichte vgl. Gerke (wie unten), in: 19 (1932) 33–114; 20 (1933) 67–150.
  3. Vgl. Reinfried, Maria-Lindenkirche 7.
  4. Vgl. Gerke (wie unten) 64.

Nachweise

  1. Beust, Ritter 19 (nur A, C).
  2. Karl Reinfried, Die Wallfahrtskirche Maria-Linden bei Ottersweier, in: Freiburger katholisches Kirchenblatt 16 (1872) 210–212, 219f., 226f., hier 219 (nur A, C).
  3. Reinfried, Maria-Lindenkirche 7 Anm. 2.
  4. Otto Gerke, Die Hub. Geschichte des alten Bades Hub, in: Die Ortenau 19 (1932) 33–114, hier 64 Anm. 4 (Abb.).
  5. P. Adalbert Ehrenfried, Maria Linden bei Ottersweier, in: Die Ortenau 51 (1971) 46–82, hier 66 (nur A, C).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 423 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0042305.