Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 419 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Klosterhof 1602

Beschreibung

Klosterbrunnen. An zentraler Stelle des Hofes auf einem Sandsteinsockel, der 1730 bei der Geländeaufschüttung für das neu zu errichtende Abteigebäude vollständig unter Bodenniveau geriet und erst 1939 wieder freigeschachtet wurde.1 Rötlicher Sandstein. Die Brüstungsplatten des achteckigen Beckens sind außen mit reliefiertem Beschlagwerk verziert, die Eckpfosten als Akanthusvoluten ausgeführt. In der Mitte der die Beckenhöhe nur geringfügig überragende Brunnenstock auf quadratischem Grundriß; an dessen Nordwestseite oben die eingemeißelte Maß- und Jahresangabe (B). Darunter das Stz. nr. 53. Die aufsitzende Säule ist ebenfalls mit Beschlagwerk und vegetabilen Ornamenten verziert sowie im unteren Bereich mit vier Masken versehen. Das aus den Mündern fließende Wasser wird durch lange, gegossene Metallröhren in das Becken geleitet. Knapp unter dem Kompositkapitell die eingemeißelte Jahreszahl (A). Auf der Abdeckplatte steht die bekrönte Figur der Muttergottes. Ihre Rechte ruht auf einem aufrecht stehenden Wappenschild, der im Zuge einer 1712 vorgenommenen Erneuerung offenbar heraldisch ergänzt wurde.2 Damals hat man außerdem die Stützspiralen der Brunnenrohre ersetzt.3 Weitere Restaurierungen erfolgten 1791, 1939, 1994/95 (Firma Dursy) und 1998 (Restaurator Hochstrate).4

Maße: H. ca. 420, B./T. 51,5 Bu. 5,5, Zi. 5–9 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/2]

  1. A

    [1]//6//0//2a)

  2. B

    17 f(u)d(er) · 1 ½b) oh(m)6) / 1 · 6 · 0 2

Wappen:
Äbtissin Euphrosyna Lorenz.7

Kommentar

Der obere Bogenabschnitt des f wurde nach rechts verlängert und der untere des h im Unterlängenbereich weit nach links geführt. Das untere Schaftende der 1 ist innerhalb der Jahreszahl in (B) unten gespalten und beiderseits nach oben umgebogen. Im Unterschied zu (A) und der Maßangabe ist die 2 hier rund gestaltet und der Bogen der spitzovalen 6 nicht ganz geschlossen. Der Schrägschaft der 7 ist unten ebenfalls nach rechts umgebogen. Als Wort- bzw. Zifferntrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Da sich die Ziffern der beiden Jahreszahlen deutlich unterscheiden, ist nicht auszuschließen, daß im Zuge der Erneuerungsarbeiten von 17122 auch die gesamte Säule ersetzt worden ist. Im Gegensatz zum Brunnenbecken, das aus rötlichem Stein gefertigt ist, besteht diese aus hellem Sandstein.

Textkritischer Apparat

  1. Die 1 stark beschädigt. In die Spatien zwischen den Ziffern ragen die Ausläufer der reliefierten Beschlagwerkverzierungen.
  2. Die 1 über dem Bruchstrich ragt weit in den Oberlängenbereich und ist durch Verwitterung und Neuverputz stark beschädigt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Stober, Baugeschichte 98 mit Anm. 30; KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten), fol. 12r–13r. Zum Zustand um 1828 vgl. J. Veltens Lithographie in 750 Jahre Lichtenthal 209 nr. 33 (Abb. 33).
  2. Vgl. Wolters, Marienbrunnen (wie unten) 40; Stober, Baugeschichte 98; KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten), fol. 13r.
  3. Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten), fol. 13r; in Kdm. (wie unten) lediglich in das 18. Jh. datiert.
  4. Vgl. Kdm. (wie unten); KA Lichtenthal o. Sig., Krupp (wie unten). Von der Restaurierung 1994 zeugt ein Aufmaß des Brunnens in StdtA Baden-Baden o. Sig., Dokumentation Kleindenkmale (wie unten).
  5. Die Maßangaben beziehen sich auf den Brunnenstock mitsamt der aufsitzenden Säule.
  6. Das Fuder als Maßeinheit für Volumina umfaßte in der Regel sechs Ohm bzw. – je nach Region und Zeit – zwischen 824 und 1840 Liter, vgl. Kahnt/Knorr, Alte Maße 96.
  7. Geviert und in der Mitte mit einem Hufeisen (Wappenfigur der Äbtissin Euphrosyna Lorenz) belegt: 1. Zisterzienserorden (geschachter Schrägbalken), 2. Kloster Lichtenthal (Doppelhaken), 3. Stülzer (zwei Hämmer über einem Zwillingssparren), 4. Zisterzienserorden (geschachter Schrägbalken). Zum Wappen vgl. Wolters (wie unten) 39f.; zum Wappen der Äbtissin Margareta Stülzer vgl. nr. 485.

Nachweise

  1. 750 Jahre Lichtenthal 209f. nr. 33 (Abb. 33; Lithographie von 1828 nach Zeichnung von C. Kuntz).
  2. Kdm. Baden-Baden 447, 451 (Abb. 352).
  3. Agnes Wolters, Der Lichtentaler Marienbrunnen, in: Die Ortenau 35 (1955) 37–42, hier 41 (nur A).
  4. Agnes Maria Wolters, Der Lichtenthaler Klosterhof, in: Der Merkur. Heimatkalender für die Kreise Bühl und Rastatt und die Kurstadt Baden-Baden 2 (1964) 59–62, hier 59 (nur A), 60 (Abb.).
  5. W. Braun, Der Marienbrunnen in Lichtenthal, in: Baden-Badener Tribüne 4 (1966) H. 24, 8f. (Abb.).
  6. Rolf Gustav Haebler, Heimatliches Kulturgut, in: Der Merkur. Heimatkalender für die Kreise Bühl und Rastatt und die Kurstadt Baden-Baden 4 (1966) 87–89, hier 88 (nur A).
  7. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 6: Klosterhof, Schulhof, Äußerer Garten, Umgebung, fol. 12r–19r (Abb.).
  8. Abtei Lichtenthal, Baden-Baden. Kloster der Cistercienserinnen, gegr. 1245, hg. v. d. Abtei Lichtenthal, Baden-Baden 1976, 58 (Abb.).
  9. Robert Erhard, Kunstvolle Viehtränke. Marienbrunnen im Kloster Lichtental entstand um 1600, in: Badisches Tageblatt, Ausg. v. 22.08.1980 (Abb.).
  10. StdtA Baden-Baden o. Sig., Dokumentation Kleindenkmale, Flurstück nr. 62, OZ 11 (Abb.).
  11. Stober, Baugeschichte 98 (nur A).
  12. KA Lichtenthal o. Sig., Krupp, Inventar, Bd.: Äußerer Bereich II, o. S. (Abb.).
  13. Abtei Lichtenthal 24 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 419 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0041908.