Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 404 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Kreuzgang 1597
Beschreibung
Grabplatte für die Äbtissin Barbara Veus. Ehemals im Boden des Kapitelsaales.1 Im Jahre 1928 gehoben und im östlichen Flügel des Kreuzganges nahe des Treppenaufganges aufrecht an die Wand gestellt.2 Sandstein. Am Plattenrand der umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk, der in der unteren linken Ecke beginnt und außen von einer Ritzline begleitet wird. Im eingetieften Binnenfeld ein senkrecht gestellter Äbtissinnenstab im Halbrelief, den zwei Wappenschilde in Höhe des Sudariums flankieren. In den Ecken und an den Innenkanten der Randleiste reliefierte Beschlagwerkverzierungen, in die rings um die Krümme Blattornamente, Voluten und ein Engelsköpfchen eingefügt sind. Auf einem in das Binnenfeld hineinragenden Vorsprung des unteren Rahmenabschnitts das Stz. nr. 50. An den Kanten leichte Beschädigungen, sonst gut erhalten.
Maße: H. 218,5, B. 93,5, Bu. 6 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
·a) ANNO · DOMENIb) · 1597 · DEN · 7 · DAG · AVGVSTI · IST · DIE · ERWIRDIG · VND · EDEL / · FRAW · BARBRA · VEISIN · VON · BAD/EN · APPTISIN · DISES · GOTES · HAVS · LIECHTENTAL · VERSCHIDEN · DEREN · SEL/EN · GOD · GNODc) · AMENN
Veus3, Meyer4. |
Textkritischer Apparat
- Blütenornament an einer Fadenranke.
- So statt DOMINI.
- Der rechte Bogen des O verschmilzt mit einem offenbar nachträglich eingemeißelten Schaft, der das O vermutlich zu einem einstöckigen a korrigieren sollte.
Anmerkungen
- Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr (wie unten); KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten). Zum Bestattungsort s. a. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 40 mit Anl. O; Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 224.
- Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten). Zur näheren Lokalisierung vgl. den Lageplan in Kdm. Baden-Baden 446 Faltbl. IV (Abb. 348).
- Ein aus einem Dreiberg hervorwachsender und von einem Pfeil durchbohrter Hirschrumpf.
- Geteilt.
- Vgl. nrr. 422, 427, 434, 435; s. a. nr. 417.
- Vgl. nrr. 390, 458.
- Vgl. Einl. Kap. 5.4, LXXXVIIf.
- Vgl. Herbert Immenköter, Hieronymus Vehus. Jurist und Humanist der Reformationszeit (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 42), Münster 1982, 17; Kattermann, Markgraf Philipp I. (Teildruck) 18. Zu Hieronymus Veus vgl. nr. 255 Anm. 9.
- Vgl. Immenköter (wie Anm. 8); Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 91.
- Vgl. zu ihrer Persönlichkeit und Biographie Maria Pia Schindele, Der heiligen Gertrud von Helfta „both der göttlichen myltigkeit“ in einer Lichtenthaler Handschrift von 1566, in: FDA 120 (2000) 53–107, hier 53f.; 750 Jahre Lichtenthal 307f. nr. 156; Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 91–110; Schindele, Abtei Lichtenthal (1978) 411 mit Anm. 37; Wolters, Lichtenthaler Abtissinnen 73; Maria Agnes Wolters, Barbara Veus, Abtissin zu Lichtenthal 1551–1597, in: Die Ortenau 41 (1961) 152–158; Kdm. Baden-Baden 418; Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 224f.; Gutgesell, Kloster Lichtenthal 91. Siehe zu ihr auch nrr. 374, 406, 471, 492 sowie zu ihren im Kloster bestatteten Verwandten nrr. 255, 375.
- Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 97–103.
- Vgl. 750 Jahre Lichtenthal 310 nr. 160 (zu einem von ihr eigenhändig geschriebenen Antiphonar; Lit.); Kdm. Baden-Baden 418; Schindele, Der heiligen Gertrud (wie Anm. 10).
- Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 110.
- Vgl. GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 15r, abgedr. in Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 110 Anm. 1077.
Nachweise
- GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 23r.
- Kdm. Baden-Baden 518 nr. 8.
- KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 4: Konventgebäude, Höfe, Abtei, fol. 41r (Abb.).
- KA Lichtenthal o. Sig., Krupp, Inventar, Bd.: Konventbau 1, Erdgeschoß, Gänge, o. S. (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 404 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0040400.
Kommentar
Die schmal proportionierten Buchstaben tragen unauffällige Sporen. Die teilweise nach innen eingebogenen Schrägschäfte des besonders schlanken, trapezförmigen A liegen oben sehr nah beieinander und werden durch einen kurzen, mitunter stärker nach links überstehenden Deckbalken verbunden. Die freien, weit nach links über den Schaft hinausreichenden und einwärts gekrümmten Bogenenden des D laufen spitz aus. Die Cauda des G ist eingestellt und oben rechtwinklig nach innen umgebrochen, die des R gewölbt. Der Balken des H und der Schrägschaft des N sind deutlich schmaler ausgeführt und mit einer Ausbuchtung nach unten versehen. Das I ist stets mit einem i-Punkt ausgestattet, der den Buchstaben innerhalb der Nexus litterarum markiert. Der Mittelteil des geraden oder schwach konischen M endet bereits im oberen Zeilendrittel. Das O ist spitzoval, das P zwischen dem oberen Bogenabschnitt und dem Schaftende offen. Besonders auffallend ist der stets rechtsschräg gestellte Schaft des T. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.
Dem unbekannten Steinmetzen lassen sich aufgrund seines Zeichens nr. 50 auch die Grabmäler für Georg Kentner (gest. 1602?), Johann Schlude (gest. 1606) und Friedrich Kraft von Dellmensingen (gest. 1606) sowie das Friedhofskreuz (1605) auf dem Stadtgottesacker zu Bühl zuweisen.5 Bezüglich der Buchstabenformen besteht jedoch eine noch stärkere Verwandtschaft zu den Grabplatten für Anna Alexandria von Fleckenstein (gest. 1610) und Bernhardt Hauser (gest. 1592).6 Vermutlich sind deren Inschriften derselben Hand zuzuordnen, während die übrigen wohl nur aus derselben Werkstatt stammen.7
Barbara Veus war die jüngste Tochter des badischen Kanzlers Hieronymus Veus und der Dorothea Meyer, einer Tochter des bischöflich straßburgischen Amtmannes Nikolaus Meyer zu Sasbach (Ortenaukreis).8 Sie trat früh in den Konvent des Klosters Lichtenthal ein und wurde 1551 zu dessen Äbtissin gewählt.9 In ihrer langen Amtsperiode bis zum Jahre 1597 erwies sie sich als politisch umsichtige, hochgebildete sowie kunstliebende Vorsteherin in politisch brisanten und konfessionell widersprüchlichen Zeiten.10 Unter ihr wurden auf eine Bitte Graf Heinrichs von Fürstenberg die Klöster Friedenweiler (Lkr. Breisgau-Hochschwarzwald) und Mariahof in Neudingen (Stadt Donaueschingen) mit Lichtenthaler Nonnen neu besiedelt.11 Sie selbst widmete sich mit hohem Engagement der Erstellung liturgischer u. a. Handschriften.12 Gegen Ende ihres Lebens litt sie zunehmend an Wassersucht, weshalb sie 1597 resignierte.13 Das inschriftlich überlieferte Todesdatum wird durch einen entsprechenden Eintrag im Nekrolog des Klosters bestätigt.14