Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 399 Gernsbach, ev. Friedhof 1595

Beschreibung

Grabmal für den Vogtamtsverweser Christoph Kast d. A. Im nordwestlichen Bereich des Friedhofes innerhalb der Familiengrabstätte Kast. Rötlicher Sandstein. Hochrechteckige, aufrecht stehende Platte. Die oberen vier Fünftel füllt das von einer Ritzlinie umrissene und sich unten zwischen zwei Dreiblattornamenten keilförmig verjüngende Schriftfeld. Darin der zeilenweise eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte (A). Im unteren Plattenabschnitt ein querrechteckiges eingetieftes Feld mit zwei reliefierten Wappenschilden nebeneinander. Über den Wappenbildern jeweils die erhaben ausgehauenen Namensinitialen (C, D). Auf der waagerechten Rahmenleiste zwischen Text (A) und den Schilden die eingemeißelte Amtsbezeugung (B), die sich zeilenweise zu beiden Seiten des Wappenfeldes fortsetzt. Die Inschriften sind stellenweise stark verwittert. Die rechte obere Ecke fehlt. Ein größeres Stück der rechten unteren Rahmenleiste ist ausgebrochen und neu angesetzt.

Maße: H. 139, B. 80, Bu. 5,5 (A), 4 (B), 6 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    ANNO DOM(INI)a) · 1595 / DENb) · 13 · MAIVS · STARB / DER · ERNHAFTc) · VNDb) / FIRNIEM:d) CHRISTOF / KAST · DER · ALT · DEM / GOTT GENEDIGb) · SEỴ̈Ẹe) / ·f) VND ·f) VNS ·f) / : ALLEN : / · AMEN ·

  2. B

    DAMALEN · V(OGT)g) AMPTSVERWESER · / VND ·h) //i) DES · / GERIHSk) //i) VOR(MVND)l)

  3. C

    C(HRISTOF) K(AST)

  4. D

    C(HRISTOF) K(AST)

Wappen:
Christoph Kast d. A.1, Christoph Kast d. A.2.

Kommentar

Die formale Gestaltung der Platte, aber auch die Buchstabenformen deuten darauf hin, daß dieses Grabmal aus derselben Steinmetzwerkstatt stammt wie jenes für Johann Weiler.3 Hier wie dort endet der obere, nahezu geradlinige Abschnitt des G-Bogens rechts oberhalb der Cauda, hat der Balken des H eine Ausbuchtung nach unten, besitzt das I einen Punkt, bleibt der Mittelteil des konischen M auf die obere Zeilenhälfte beschränkt und ist das O spitzoval. Der obere Schrägbalken des K ist nach unten durchgebogen, während der untere geradlinig verläuft. Die Cauda des R ist geschwungen. Als Worttrenner dienen bis auf wenige Ausnahmen kleine Dreiecke auf halber Zeilenhöhe. Eine entferntere Schriftverwandtschaft liegt überdies zum Grabmal des jüngeren Christoph Kast vor.4

Wessen Sohn der Verstorbene war, ist bisher nicht ermittelt.5 Ebenso ungewiß ist, ob der jüngere, im Jahre 1606 verstorbene Christoph Kast ihn zum Vater hatte.6 Christoph Kast d. A. konnte sich bereits 1543 von der Leibeigenschaft loskaufen.7 Im Jahre 1569 stand er an der Spitze der Gernsbacher Schiffergesellschaft.8 Die inschriftlich überlieferten Ämter bezeugen, daß er nicht nur das Vertrauen der Herrschaft, die in Gernsbach seit 1505 in einem badisch-ebersteinischen Kondominat bestand, sondern auch das der Gemeinde genoß.9 Am 15. April 1577 wurde er erstmals zum Vogtamtsverweser bestellt.10 Seit 1564 war er Ratsmitglied, und seit 1574 zählte er zum achtköpfigen Schöffengericht, dem er laut Inschrift auch zeitweilig als Vormund vorstand.11

Die beiden Wappenschilde mit den gleichen Namensinitialen stellen offenbar das Haupt- und das Schwartenzeichen des Schiffers dar.12

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch einen waagerechten Strich mit Ausbuchtung nach unten über OM.
  2. Das N retrograd.
  3. Das N retrograd. Das T etwas kleiner ausgeführt; der linke Balkenabschnitt ragt zwischen die beiden Balken des F.
  4. Das N retrograd. Der Punkt über dem E-Schaft vielleicht auch irrtümlich gesetzt; vgl. dasselbe Wort in nr. 396.
  5. Befund unsicher, da die Balken des E in der Mitte zusätzlich von einem langen Schaft durchschnitten werden, dessen Enden außerhalb der Zeile nach links umgebogen sind. Das obere Ende des rechten Y-Schrägschaftes berührt den Schaft des E. Auch die Lesung SEŸNt wäre möglich, wenn man die Verbindung zwischen Y und dem Schaft des E als Nexus von Y und retrogradem N interpretiert.
  6. Worttrenner in Form eines linksschräg gestellten S, dessen Mittelteil von einem rechtsschrägen Balken durchschnitten wird.
  7. Kürzung durch Doppelpunkt.
  8. Der Worttrenner bereits im eingetieften Wappenfeld.
  9. Unterbrechung durch das untere, querrechteckige Wappenfeld.
  10. So für GERICHTS. Das S geringfügig kleiner ausgeführt und bereits innerhalb des Wappenfeldes an die obere Zeilenlinie gerückt.
  11. Kürzung durch einen kurzen linksschrägen Doppelstrich. Ergänzung nach überlieferter Amtsbezeichnung, vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 101.

Anmerkungen

  1. Über dem Schifferzeichen nr. 21 (Längsschindel, beseitet von je zwei kurzen, pfahlweise gestellten, schwebenden Leisten) die Buchstaben C und K nebeneinander.
  2. Über dem Schifferzeichen nr. 22 (eine schwebende Schrägleiste, unten der Figur nach begleitet von zwei schräg verstutzten Schrägschindeln, oben der Figur nach begleitet von einer kürzeren schwebenden Leiste) die Buchstaben C und K nebeneinander.
  3. Vgl. nr. 396; s. a. Einl. Kap. 5.4, LXXXVIII.
  4. Vgl. nr. 433; s. a. Einl. Kap. 5.4, LXXXVIII.
  5. Vgl. die spärlichen biographischen Angaben in Hoffmann, Frühe Kast 171 nr. 5; Renner, Murgflößerei 105, 118; Weber, Murgschiffer 123. Zur Schifferfamilie Kast allg. vgl. Hennl, Gernsbach 222f.
  6. Vgl. nr. 433; Hoffmann, Frühe Kast 171 nr. 5, 173 nr. 19.
  7. Vgl. Weber, Murgschiffer 123.
  8. Vgl. Kdm. Rastatt 124.
  9. Zu den Herrschaftsverhältnissen in der Stadt Gernsbach vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 96–98.
  10. Vgl. Hennl, Gernsbach 223 Anm. 40.
  11. Vgl. ebd. 199 Anm. 107, 223. Zur Funktion der beiden Vormünder des Gernsbacher Gerichts vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 101.
  12. Vgl. zu den Schifferzeichen allg. Scheifele, Murgschifferschaft 133f.; Jägerschmid, Murgthal 170f. Die doppelte Wappenführung ist auch in nrr. 396 und 432 nachweisbar.

Nachweise

  1. Weber, Murgschiffer 118 Anm. 7 (erw.), 123.
  2. Kdm. Rastatt 150 (Abb. 86).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 399 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0039908.