Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 396 Gernsbach, ev. Friedhof 1594

Beschreibung

Grabmal für den Bürgermeister Johann Weiler. Nördlich des Haupteingangs an der Innenseite des östlichen Abschnitts der Friedhofsmauer. Rötlicher Sandstein. Hochrechteckige Platte, deren obere Ecken schräg geschnitten sind und die durch Profilleisten in zwei Zonen unterschiedlicher Größe gegliedert ist. Oben das größere Schriftfeld, das seitlich von Perlstäben begrenzt wird und unten zwischen zwei Kugeln keilförmig abschließt. Darin der zeilenweise eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte (A). Im unteren, querrechteckigen Bereich der Platte, der heute teilweise unter Bodenniveau liegt, zwei reliefierte Wappenschilde nebeneinander. Über den Wappenbildern jeweils die erhaben ausgehauenen Namensinitialen, heraldisch rechts (B), links (C).

Maße: H. (sichtbar) 150, B. 80, Bu. 4,5–7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    ANNO · DOM(INI)a) · 1594 / DEN · 20 · OCTOBER / STARB · DER · ERNHAFTb) / VND: FIERNEM · IOHAN / WIELERc) · DER · ZEIT / BVRGMAISTER · ZV / GERNSPACH · DESE / SEL · GOTT · WELE · / GENEDIG · VND · BARM/HERZIGd) · SEIN · VND / · VNS · ALLEN · / · AMEN ·

  2. B

    Ḥ(ANS)e) W(IELER)

  3. C

    H(ANS) W(IELER)

Wappen:
Hans Weiler1, Hans Weiler2.

Kommentar

Die Buchstaben sind relativ breit proportioniert, ihre Kerben gleichbleibend schmal geschlagen. Der obere Bogenabschnitt des G verläuft nahezu waagerecht und ist etwas nach rechts verlängert. Der Balken des H hat eine Ausbuchtung nach unten, das I stets einen Punkt. Der Mittelteil des konischen M endet in der oberen Zeilenhälfte. Das O ist spitzoval und der obere Balken des Z nach unten durchgebogen. Als Worttrenner dienen Dreiecke auf halber Zeilenhöhe. Der Schriftbefund deutet darauf hin, daß das Grabmal aus derselben Steinmetzwerkstatt stammt wie das für Christoph Kast d. Ä.; eine etwas fernere Verwandtschaft besteht zur Grabschrift des jüngeren Christoph Kast.3

Johann Weiler entstammte einer führenden Schifferfamilie, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts aus Obertsrot nach Gernsbach übersiedelte.4 Er war ein Sohn Anstet Weilers, der für das Jahr 1569 als Geschworener bezeugt ist, und hatte fünf Brüder, die ebenfalls als Schiffer Holzhandel trieben.5 Der größte Umsatz blieb indessen stets Johann vorbehalten. Seit 1576 war er Mitglied im Gernsbacher Gericht, als Bürgermeister ist er für die Jahre 1583, 1584 und 1593 bezeugt.6

Aus den identischen Namensinitialen (B) und (C) geht hervor, daß es sich bei den Schilden hier nicht um Ahnen- oder Eheallianzwappen handeln kann, sondern daß offensichtlich beide auf den Verstorbenen verweisen.7 Vermutlich geben sie das Haupt- und das Schwartenzeichen des Schiffers wieder.8

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch waagerechten Strich über allen drei Buchstaben.
  2. Das T aus Platzmangel etwas kleiner ausgeführt, so daß der linke Balkenabschnitt zwischen die beiden Balken des F ragt.
  3. Über dem L ein offenbar irrtümlich gesetzter Punkt.
  4. Das M anscheinend aus einem N verbessert.
  5. Der Wappenschild am oberen Rand beschädigt; die Initiale deshalb nicht mehr vollständig.

Anmerkungen

  1. Über dem Schifferzeichen nr. 19 (schwebende Schräglinksleiste, rechts begleitet von zwei pfahlweise angeordneten Längsschindeln, links von einer Längsschindel) die Buchstaben H und W nebeneinander.
  2. Über dem Schifferzeichen nr. 20 (drei schwebende Schräglinksleisten pfahlweise übereinander, oben und unten begleitet von je einer Längsschindel) die Buchstaben H und W nebeneinander.
  3. Vgl. nrr. 399, 433; s. a. Einl. Kap. 5.4, LXXXVIII.
  4. Vgl. Hennl, Gernsbach 222.
  5. Vgl. wie auch zur folgenden Angabe Renner, Murgflößerei 103f.
  6. Vgl. Hennl, Gernsbach 199 Anm. 113, 284f. Zu den Aufgaben der Gernsbacher Bürgermeister vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 100f.
  7. Vgl. denselben Befund in nrr. 399, 432.
  8. Vgl. Scheifele, Murgschifferschaft 133f.; Jägerschmid, Murgthal 170f.

Nachweise

  1. Kdm. Rastatt 149.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 396 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0039602.